Harald Krassnitzer spielt Karl Brandl

Jonas Kerschbaumer (Gabriel Raab, li.) hält Karl Brandl (Harald Krassnitzer) zurück.
Jonas Kerschbaumer hält Karl Brandl zurück. | Bild: ARD Degeto / Hans Joachim Pfeiffer

Herr Krassnitzer, Sie spielen in „Mein ist die Rache“ eine vielschichtige Rolle, den Ortsvorsteher und Vater der ermordeten Schülerin, eigentlich ein kluger und besonnener Mann. Warum fallen die Hetzreden gegen den vermeintlichen Mörder bei ihm trotzdem auf fruchtbaren Boden?

Ich glaube, das hat in erster Linie mit seiner persönlichen Betroffenheit zu tun, seiner Verletzung, mit Bitterkeit, Trauer und der Unfähigkeit, mit so einem Ereignis umzugehen, dass das eigene Kind ermordet wird. Das scheint offensichtlich eine unserer größten Achillesfersen zu sein, dass wir nicht immer in der Lage sind, vernunftbegabt Lösungen zu finden. Und dann schnell dazu neigen, das Naheliegendste zu tun, den Schwächsten in der Gemeinschaft zu verurteilen und zu sagen „der isses“. Diese Schuldzuweisung, den Sündenbock zu finden, der für alles verantwortlich ist, ist einer der ältesten Reflexe, die wir haben, und der funktioniert natürlich heute noch und auch in einem so kleinen Dorf in Südtirol. Da kannst du auch Ortsvorsteher sein, das kann immer auf fruchtbaren Boden fallen. Und ich glaube auch, dass das Ressentiment immer größer ist als das Abwägen von einem rationalen Gefüge. Ob er das wirklich durchschaut? Er wehrt es ein-, zweimal ab oder lindert die Stimmung, aber da ist dann schon eine Dynamik drin, die sich nicht mehr zurückrudern lässt.

Wie kann man sich denn am besten gegen solche Hetze wehren? Gibt es überhaupt effektive Mittel gegen diese verheerenden Mechanismen?

Ja, ich denke schon, dass es viele Möglichkeiten gibt. Wir sehen ja gerade aktuell, wie hunderttausende Menschen auf die Straße gehen und für den klaren Wertekodex, der unsere Demokratie stützt, demonstrieren. Auf der anderen Seite ist es fast noch wesentlicher, dass diese Definition von Demokratie auch Resonanz findet in der Art und Weise, wie man Politik macht. Die Glaubwürdigkeit und das, was man quasi verspricht, muss auch immer wieder eingelöst werden. Demokratie soll auf keinen Fall bevormundend sein, sondern sie muss etwas sein, was wir gemeinsam erleben. Dann ist das die beste Antwort gegen all das, was Hetze ausmacht.

Können Sie Karl Brandls Handlungen nachvollziehen?

Ja, natürlich kann ich ihn verstehen. Weil seine Reaktionen menschlich sind, sie haben mit Trauer und Wut zu tun. Und weil sie auch mit einem sehr engen Wertekostüm zu tun haben, das in sich Widersprüche trägt. Er erhebt den Anspruch, in einem sehr konservativen Verständnis von Ordnung, Recht, von Sauberkeit und Treue zu leben, aber darunter gären noch andere Faktoren. Das sehen wir ja im Verhör, was da noch alles zum Vorschein kommt und zeigt, dass er durchaus nicht nur der gestrenge, saubere Ortsvorsteher ist, sondern dass es da auch Schattenseiten gibt.

In unserer Geschichte gibt es eine kurze Sequenz, in der wir sehen, dass Karl Brandl sich bewusst ist, die Mitverantwortung dafür zu tagen, dass seine Tochter weggelaufen und da etwas in die Brüche gegangen ist. Wenn du das mit dir herumträgst, musst du lange daran arbeiten, um damit klarzukommen. Da hilft es auch nicht, einen anderen Schuldigen an den Pranger zu stellen. Da wird nichts gut, das ist ein unglaublicher Trugschluss. Denn die Trauer wird dadurch nicht verarbeitet.

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