Florence Kasumba im Gespräch

Florence Kasumba ist Anaïs Schmitz.
Florence Kasumba ist Anaïs Schmitz. | Bild: NDR / Manju Sawhney

Florence Kasumba ist Anaïs Schmitz

Es ist eine hoch angespannte Situation, aber Anaïs Schmitz behält die Nerven. Den Geiselnehmer im Visier, versucht sie ihm zuzureden, während er das Messer an Charlotte Lindholms Hals hält. Wie lange wird er ruhig bleiben? Anaïs Schmitz entschließt sich zum Schuss.

Was für sie ein notwendiger Teil ihrer Arbeit ist, zieht nervtötende Bürokratie nach sich. Dienstwaffe abgeben, Gespräche mit der internen Ermittlung. Dabei ist sie sich mit Charlotte Lindholm einig: Hier muss ermittelt werden. Der Soldat war nicht einfach nur wahnsinnig.

Aber der Fall wird für sie zu einer ungewohnten Belastung. Ist Wahnsinn etwa ansteckend? Auf einmal hört auch sie Stimmen. Ist sie traumatisiert? Hat sie Schuldgefühle? Ihre Härte und Kaltschnäuzigkeit helfen hier nicht weiter. Sorgfältige Polizeiarbeit aber schon, denn die beiden Ermittlerinnen stellen fest, dass zwischen Rüstungsinteressen und neurologischer Forschung ungewöhnlich viele Menschen sich im wahrsten Sinne des Wortes über die Angelegenheit den Kopf zerbrechen.

Florence Kasumba im Gespräch

»Mich hat in erster Linie interessiert, wie es mit Charlotte und Anaïs weiter geht.«

'Krieg im Kopf' variiert verschiedene Aspekte des Themas, wie menschliches Verhalten und menschliche Emotionen durch neue Technologien vor allem in der Hirnforschung ausgelesen und manipuliert werden. Hat die Realität inzwischen unsere Fantasie überholt?

Ich gehe davon aus, dass die heutige Technologie in allen Bereichen fortgeschrittener ist, als ich es mir vorstellen kann. Deswegen erstaunen mich die Ereignisse in 'Krieg im Kopf' nicht. Ich bin eher der Meinung, dass die Realität uns den Stoff für unsere Stories gibt und nicht nur die Fantasie.

Was hat Sie an dem Drehbuch besonders gepackt?

Mich hat in erster Linie interessiert, wie es mit Charlotte und Anaïs weiter geht, wo doch Charlotte am Ende des ersten Falls zurück nach Hannover geht. Schon zu Beginn des Films scheint die Situation fast aussichtslos. Wer ist dieser Mann, der ins Präsidium stürmt, wirres Zeug spricht und das Leben der neuen Kollegin bedroht? Das fand ich spannend, und so möchte ich Krimi sehen.

Anaïs Schmitz wird selbst Opfer einer Technologie, die es ermöglicht, Stimmen in den Kopf von Menschen zu projizieren, ohne dass Außenstehende diese Stimmen hören. War es für Sie eine besondere Herausforderung, dieses 'Unsichtbare' zu spielen?

Das 'Unsichtbare' zu spielen ist für mich Schauspiel- Routine. Ich habe eine gute Vorstellungskraft. Der Rest ergibt sich aus Übung, Lebenserfahrung, einer sehr guten Szenen-Beschreibung des Autors Christian Jeltsch und der genauen Regieanweisung des Regisseurs Jobst Oetzmann. Bei den Dreharbeiten haben wir in Proben an den jeweiligen Drehorten festgelegt, an welchen Stellen ich die Attacken bekomme. Ich bin zum Beispiel in einer Szene durch das Haus des Opfers gelaufen und mein Regisseur hat an bestimmten Stellen geklatscht, was für mich das Kommando für 'Jetzt krümmst Du Dich vor Schmerz' oder 'Jetzt hörst Du die Stimmen' war. Besonders das Kommando: 'Jetzt brichst Du zusammen' war am Ende der Szene sehr leicht umsetzbar.

Wie fühlt man sich, wenn man das spielt? Werden einem die Gefahren solcher Experimente dann unmittelbar vor Augen geführt?

Solche Szenen sind körperlich anstrengend, weil wir sie sehr oft drehen. Man benötigt mehrere Einstellungen, was bedeutet, dass man sehr konzentriert sein muss und Ausdauer benötigt. Experimente dieser Art sind riskant. Das ist bekannt.

Anaïs Schmitz gerät in diesen Horrortrip, weil sie ihrer Kollegin Charlotte Lindholm gleich am Anfang des Tatorts durch einen finalen Rettungsschuss das Leben rettet. Wie verändert sich dadurch das Verhältnis zu Lindholm?

Dieser Schuss, der Charlotte Lindholm rettet, hätte auch daneben gehen können. Das ist Anaïs bewusst, und es belastet sie sehr. Sie kann Charlottes Dank, ihr Mitgefühl und ihr vorsichtiges Herantasten nicht annehmen. Anäis versucht stark zu sein, was ihr leider nicht gelingt. Zum Glück gibt es eine Ablenkung: die Aufklärung des Falls.

Beide geben erstmals ihre Schwächen zu, ermitteln dann aber teilweise wieder im Alleingang. Kann das gutgehen?

Es geht nicht gut, denn wegen der fehlenden Zusammenarbeit bremsen sich die Kommissarinnen gegenseitig aus. Dadurch kommen sie mit ihren Ermittlungen nur mäßig voran.

In der Disco scheint sich Anaïs Schmitz ihre Angst und Beklommenheit regelrecht aus dem Körper tanzen zu wollen. Ist das ihre Art, mit Problemen fertig zu werden?

Anaïs liebt Musik und Tanz. Wenn der Beat stimmt, kann sie alles herauslassen. Egal ob Freude, Frust, Angst oder Wut. Musik bringt sie immer wieder auf den richtigen Weg. Das weiß auch ihr Mann, der ihr den nötigen Raum gibt. Wenn Anaïs erst mal Tanzen geht, ist es wie eine Therapie.

Sie selbst kommen vom Tanz und praktizieren Kampfkunst. Wie wichtig ist das für ihre Rolle als Kommissarin, und kommt der Körpereinsatz im 'Tatort' nicht ein bisschen zu kurz?

Meine Fähigkeiten helfen mir beim Spiel. Wenn im Drehbuch steht, dass Anaïs im Club ausgelassen tanzt, weiß ich, dass der Drehtag entspannt wird, weil ich etwas tue, was mir Spaß macht und was ich intensiv gelernt habe. Hin und wieder drehen wir Action-Szenen. Dann gilt, dass man eine gute Technik und Kondition haben muss, um die Szene mehrmals zu drehen und um Verletzungen vorzubeugen. Das Drehen der Szenen, in der Anaïs in 'Krieg im Kopf' die Stimmen in den Kopf projiziert bekommt, waren für mich körperlich und mental genug Action.

Zwischen Anaïs’ Mann Nick und Charlotte scheint es eine starke Anziehungskraft zu geben. Merkt Anaïs das nicht oder übersieht sie die Anzeichen bewusst?

Nick ist Anaïs Liebe/Partner/Kollege, nicht ihr Besitz. Es ist ihr bewusst, welche Wirkung er auf andere hat. Das ist schön, denn so hat es vor Jahren zwischen den beiden gefunkt. Charlotte ist eine sehr attraktive Kollegin, und es wundert Anaïs nicht, dass es da eine gewisse Anziehung gibt zwischen Charlotte und Nick.

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