So., 17.03.13 | 19:20 Uhr
Das Erste
Laos: Heuschrecken gegen den Hunger
UN und EU setzen auf Insektenzucht
Mit Bambusstange und Plastiktüte macht sich Billy auf die Jagd.
Sein Vater Goi ist eigentlich Reisbauer. Doch 2 bis dreimal die Woche werden die beiden zu Insektenjägern!
Nach links und Rechts schwingen. Wie tanzen sei das, erzählt uns Goi.
Die aufgeschreckten Hüpfer haben kaum eine Chance. Schon nach wenigen Minuten füllt sich die Tüte.
Goi Khaovong, Reisbauer:
Seine Beute kann sich blicken lassen! Grashüpfer, Grillen und Heuschrecken. Frischer geht’s nicht! Die Laoten haben eine eher unverkrampfte Beziehung zu Krabbeltieren.
Fast jeder hat schon mal Insekten verspeist.
Käfer, Grillen, Ameisen oder Mehlwürmer - nichts ungewöhnliches auf einem Wochenmarkt in Laos.
Frau Chansamai sorgt für den Nachschub. Sie ist einer der ersten Insektenzüchterinnen in Laos.
Zwischen Eierkartons haben sich die Grillen eingenistet.
Chansamai sorgt für Wasser und Hühnerfutter. Und sie wartet auf den richtigen Moment. Denn nach ein paar Wochen fangen die Grillen an zu singen. ... Fünf Tage später kann sie ernten.
Chansamai Norlintha, Insektenzüchterin:
Millionen Grillen tummeln sich in den Betonbecken. Ein geschlossener Kreislauf - vom Schlüpfen bis hin zur Ernte.
Eine Massentierhaltung - ganz ohne Skandal. Und ein Beitrag zum Klimaschutz. Scheiden die Grillen doch deutlich weniger schädliches Methan aus als Rind oder Schwein.
Ihre kleine Insektenfarm hat sich rumgesprochen ....
Das Kilo frischer Grillen gibt es für 50.000 Kip - weniger als 5 Euro.
Von dem Gewinn kann Chansamei ganz gut leben. Sie verdient deutlich mehr als früher, als sie noch in einer Textilfabrik gearbeitet hat.
Chansamai Norlintha, Insektenzüchterin:
“Das mach ich für mich und meine Kinder. Mein Mann arbeitet auf einer Baustelle im Ausland. Ich verdiene mir hier Geld dazu, um die Kinder auf die Schule zu schicken.”
Laos gehört mit seinen rund 6 Millionen Einwohnern zu den ärmsten Ländern der Welt.
Die Hälfte der Laoten lebt von weniger als einem Euro pro Tag. Reis, Obst und Gemüse anbauen - das bedeutet in Laos noch immer Knochenarbeit. Und oft fehlt der Zugang zu sauberem Trinkwasser.
Gerade die Kleinsten leiden unter Eisen-, Salz- und Vitaminmangel. Fast die Hälfte aller Kinder und 5 Jahren ist chronisch unterernährt.
Insekten essen - für viele ist das kein exotisches Vergnügen, sondern eine Notwendigkeit.
Zu Besuch bei Familie Samounhy. Drei bis vier Mal die Woche gibt es Grillen zum Mittag. Schwein oder Huhn leisten sie sich nur bei ganz besonderen Anlässen.
Nali Samounhy, Mutter:
Dazu gibt es Klebereis, Zitronenblätter, und ein wenig Chili. Ein Essen, das preiswert ist und eine gesunde Alternative. Die Grillen sind reich an ungesättigten Fettsäuren, Ballaststoffen und Vitaminen.
Auch wenn’s eklig aussieht - hiermit kann man Hunger bekämpfen! Im Forschungslabor der National-Universität arbeiten sie an dieser Vision. Hier wird getestet, wie sich am Insekten sich am besten halten und vermehren lassen.
Die Studenten: 30 laotische Hausfrauen.
Auf dem Lehrplan heute: Kreatives kochen mit Krabbeltieren.
Die Insektenforscherin Dr. Yupa hat ein paar neue Rezepte mitgebracht. Kritische Blicke. Nach Kochbuch haben die meisten von ihnen noch nie Essen zubereitet.
Das erste Rezept: Chilipaste - mit kleingehackten Grillen. Das hier vor allem Frauen die Schulbank drücken - kein Zufall.
Yupa Hanboonsong, Entomologin, Khon Kaen University Thailand:
Auch sie ist seit kurzem eine stolze Insektenfarmerin. Eines Tages sogar ein eigenes Restaurant aufmachen - mit Mitte 60 - das ist Traum von Frau Thongdee.
Thongdee Outhachak, Insektenfarmerin:
Die Möglichkeiten sind vielfältig - Rezepte ganz ohne Fleisch und ein Genuss mit gutem Gewissen. Die Chilipaste - nicht nur schön scharf - sondern auch noch CO2-neutral!!!
Dr. Yupa Hanboonsong, Entomologin, Khon Kaen University Thailand:
Am Abend treffen wir noch einmal Reisbauer Goi und seinen Sohn Billy. Für Feinschmecker empfiehlt er eine Nachtsafari. Nur dann lassen sich die ganz dicken Grashüpfer fangen. Zuhause muss er nur noch die Flügel ausreissen. Ab in die Pfanne - und fertig ist sein Leib- und Magengericht.
Autor: Norbert Lübbers
ARD Studio Singapur
Stand: 22.04.2014 13:54 Uhr
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