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Die Rohingya – ein Volk ohne Rechte

Die Rohingya - ein Volk ohne Rechte | Bild: NDR

Im Lager Darpaing im Westen von Myanmar und in benachbarten Camps leben 100.000 Flüchtlinge des muslimischen Rohingya-Volkes. Bei blutigen Zusammenstößen mit buddhistischen Einwohnern der Region waren ihre Häuser in Flammen aufgegangen. Das Lager liegt bei einem traditionell muslimischen Dorf. In der Dorfschule treffen wir die 14-jährige Khin Khin.

Staatenlos in Myanmar

Khin Khin
Khin Khin gehört zu den Rohingya und muss in einem Lager leben. | Bild: Robert Hetkemper

Rund eine Million Rohingya leben im Arakan, einem Teilstaat von Myanmar. Für die Regierung gelten sie als fremde Volksgruppe, in Myanmar sind sie staatenlos. Vor drei Jahren, sagt Khin Khin, wurde unser Haus angezündet. Wie hat sie das erlebt? Sie mag nicht davon reden. Jetzt kann ich nicht zurück, sagt sie scheu, ich habe Angst.

Das Lager wurde von internationalen Hilfsorganisationen aufgebaut. Das Zuhause von Khin Khin ist jetzt eine Hütte aus Bambus, Blättern und Blechdach. So leben alle hier. Ihre Lebensmittel bekommen sie vom World Food Programm der Vereinten Nationen: Reis und Bohnen. Sie dürfen das weiträumig von Polizei abgesperrte Lagergebiet nicht verlassen. Sie warten – Tag für Tag.

Khin Khins Vater, Zanai  Abaden, ist Mechaniker. Er hatte eine eigene Werkstatt in der Provinzhauptstadt Sittwe. "Es waren die Buddhisten", sagt er, "die uns überfallen und unsere Häuser angezündet haben. Hier gibt es keine Arbeit für mich. Aber ich darf nicht raus. Und wenn ich in die Stadt käme, würde man mich dort umbringen."

Buddhistische Mönche schüren die Angst

Sittwe hat 200.000 Einwohner. Dessen buddhistische Einwohner bilden selbst eine der vielen lange unterdrückten Minderheiten im Vielvölkerstaat Myanmar. Und sie fürchten, vom rasch wachsenden muslimischen Rohingya-Volk verdrängt zu werden. Pagoden und Klöster prägen das Stadtbild. Nicht alle, aber viele buddhistische Mönche schüren die Angst ihrer Gläubigen. Nandaw Bartha gehört dazu. "Die Muslime haben die Unruhen angezettelt", sagt er. "Sie haben Buddhisten umgebracht, auch einen Mönch. Dann haben sie Häuser in Sittwe angezündet."

Und dies ist sein Geschichtsbild: "Der Islam", sagt er, "kam mit Gewalt nach Asien. Das war 1.000 Jahre buddhistisch. Die Muslime haben in Indonesien einst eine Million Menschen umgebracht, um das Land islamisch zu machen. Die Muslime, wollen jetzt auch unser Land übernehmen."

Zwei Wahrheiten

Kinder im Lager
Muslimische und buddhistische Kinder wachsen getrennt auf. | Bild: Robert Hetkemper

Ebenfalls nicht weit von Sittwe ist ein weiteres Lager: Hier leben die von den Unruhen vertriebenen buddhistischen Einwohner des Arakan. Ihre Häuser hat die Regierung für sie gebaut. Sie dürfen das Lager verlassen, es gibt keine Kontrollen. Hier hören wir diese Version vom Gewaltausbruch in Sittwe vor drei Jahren. Ko Than Myint sagt: "Die Muslime haben uns angegriffen." "Die waren in der Überzahl", sagt seine Frau. "Die wollten uns umbringen." Auch im Buddhisten-Lager gibt es eine Schule.  Muslimische und buddhistische Kinder wachsen jetzt getrennt auf. Mit zwei einander entgegengesetzten Wahrheiten.

Zurück im Lagergebiet der Rohingya: Aung San Suu Ky ist im Ausland kritisiert worden, weil sie sich nicht für die verfolgten Muslime eingesetzt hat. Aber selbst einer ihrer Anführer nimmt sie in Schutz. Kyaw Hla Aung war lange hoher Justizbeamter im Staatsdienst: "1990 war ich als Kandidat fürs Parlament zugelassen", sagt er. "Heute darf ich nicht einmal wählen." Aung San Suu Kys Partei hat keinen einzigen Muslim als Kandidaten aufgestellt. Er hat Verständnis dafür. Es wäre gefährlich für sie, sagt er. Die Mönche würden sie als Muslimfreundin angreifen. Und die Menschen hier sind keine Freunde der Rohingya. "Sie muss vorsichtig taktieren. Ich verstehe das."

"Bengali" – Einwanderer aus Bangladesh

Rohingya auf einer Rikscha
Die Rohingya dürfen das Lagergebiet nicht verlassen. | Bild: Robert Hetkemper

Die Rohingyas haben kein Wahlrecht in Myanmar. Die Regierung akzeptiert selbst ihren Volksnamen nicht. Sie nennt sie "Bengali" – illegale Einwanderer aus Bangladesh. "Ich kann einfach nichts tun", sagt Khin Khins Vater. Sie will studieren, Ärztin werden. Aber das geht nicht, die Universität ist draußen. Dort darf sie nicht hin.

Wer für die blutigen Zusammenstöße in Myanmar letztlich verantwortlich ist, ist kaum zu klären. Aber die Kinder jedenfalls sind Opfer in diesem Konflikt –  mit der Gefahr, radikalisiert zu werden.

Autor: Robert Hetkämper

Stand: 10.07.2019 01:16 Uhr

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