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Niederlande: Selbstportraits – die Helden des Alltags und ihre Herausforderungen

Niederlande: Selbstportraits – die Helden des Alltags und ihre Herausforderungen  | Bild: NDR

Sie sind Helden, die in den Zeiten von Corona vielfältige Herausforderungen meistern: Krankenschwestern, BusfahrerInnen, ÄrztInnen und VerkäuferInnen. Wie erleben sie ihren Alltag? In den Niederlanden haben sich Menschen mit ihren Handys selbst gedreht und erzählen von dem, was ihnen in diesen Wochen begegnet – schöne Erlebnisse und schlimme Erlebnisse! Ungefiltert, intensiv – diese sogenannten Frontberichte wurde vom niederländischen TV-Sender BNNVARA produziert.

Wenn einer nicht am Virus stirbt, dann stirbt er an Einsamkeit

"Wir gehen jetzt zu jemanden dem es schlechter geht. Eigentlich geht es ihm ziemlich schlecht. Er bekommt nun zusätzlich Medikamente verabreicht damit er weniger unruhig ist. Das Schlimme ist: Seine Frau hat zu große Angst, hierher zu kommen um sich zu verabschieden. Es tut weh, es macht wütend. Das löst  alle Gefühle aus, die man sich nur vorstellen kann. Wir wollen alles dafür tun, dass die Menschen wirklich eine würdige letzte Zeit haben", sagt Rob, Leiter eines Pflegeheims in Diemen bei Amsterdam. Kollegin Marian ergänzt: "Du kommst hierhin. Und dann kommst du eine Stunde später noch einmal – und dann ist wieder jemand gestorben. Und der nächste ist auch schon so weit, dass er wahrscheinlich ebenfalls auch sterben wird.
"Aber wir erleben auch schöne Momente. Einer davon ist das Video-Telefonieren mit der Familie. Das machen sie mit Facetime", erzählt Rob in seinem Video. Er ist . "Weißt du, manchmal denke ich: Wenn einer nicht am Virus stirbt, dann stirbt er an Einsamkeit. Das trifft mich noch mehr", ergänzt er.

Postbotin stellt mehr Trauerbriefe zu

"Auch wir merken, dass wirklich viel mehr los ist. Und was wir auch sehen, ist, dass Leute Geschenke mit der Post verschicken. Weil sie jetzt natürlich nicht mehr zu Besuch kommen dürfen. Dann wird das Geschenk eben mit der Post verschickt", erzählt Adrienne Huizer, Briefträgerin in Doetinchem. "Was wir auch mehr sehen, unter all der Post, sind diese Briefe. Das sind natürlich keine Briefe, die dich besonders fröhlich machen. Das sind Trauer-Briefe. Drei in der Woche, das ist schon sehr viel, das ist echt richtig viel normalerweise, aber jetzt drei an einem Tag, das – ja, das ist wirklich sehr viel.

Putzfrau auf einer Corona-Station

Ausschnitt aus einem Handyvideo auf einem Handydisplay: Eine Frau unterhält sich mit einem Mann.
Aniek ist Pflegerin in einem Wohn- und Pflegeheim in Beekbergen. | Bild: NDR

"Normalerweise bin ich im täglichen Leben Lehramtsstudentin. Also, ich muss schon sagen, dies ist ein ganz schön heftiger Nebenjob", sagt Manon, Putzfrau auf einer Intensiv/Corona-Station in Nieuwegein bei Utrecht in die Kamera. Soweit ich dafür bereit sein kann, denke ich, dass ich bereit bin für einen neuen Arbeitstag. Einige Zimmer sind jetzt leer, aber es dauert nicht länger als ein paar Stunden, dann sind sie wieder voll. Ich war in einem Zimmer putzen, und dann war da eine der Pflegerinnen der Intensivstation, die führte ein Video-Telefonat mit der Frau eines Mannes, der dort im künstlichen Koma liegt. Und irgendwann hielt die Frau so eine richtige Motivationsrede: 'Komm, Liebling, du schaffst es. Wir besiegen das, natürlich machen wir uns Sorgen hier, aber wir schlagen uns da durch!' Das war so herzzerreißend, das zu hören."

"Mir kamen die Tränen wegen der Maßnahmen"

Als der niederländische Premier Mark Rutte verkündet, dass Besuche in Pflegeheimen weiter verboten bleiben, ist es für Aniek, Pflegerin in einem Wohn- und Pflegeheim in Beekbergen, ein einschneidendes Erlebnis: "Nach der Pressekonferenz merkte ich, dass mir die Tränen kamen, wegen der einschneidenden Maßnahmen", erinnert sie sich. "Wenn ich dann an die Menschen denke, die hier 24 Stunden täglich sieben Tage die Woche sind, und ich gehe hier nach acht Stunden nach Hause. Und mir ist sehr klar, dass unsere Bewohner das nicht können, und das wir wirklich viel von ihnen verlangen. Und dass ich es wirklich toll finde, dass sie das aushalten. Unser Pflege-Fachmann Olaf testet neben den Bewohnern auch Mitarbeiter auf das Coronavirus. So haben wir heute in einer Art Waschstraße 50 Mitarbeiter getestet. Die Mitarbeiter blieben einfach im Auto, und Olaf testete mit seinen Kollegen einen nach dem andern auf das Virus. Ja, wir machen das Beste draus, und ich denke, das tun sehr viele Menschen in diesem Moment. Hoffentlich, hoffentlich wird es bald besser."

Autor: Michael Grytz, ARD-Studio Brüssel

Stand: 03.05.2020 20:43 Uhr

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