Fragen an Regisseur Andreas Herzog
Was hat Sie daran gereizt, diesen „Tatort“ zu inszenieren?
Besonders interessant in dieser Geschichte ist die Auseinandersetzung mit der Frage, ob es möglich ist, sein Leben mit dem eines anderen zu tauschen. Wie schaffe ich es, die Identität eines Menschen anzunehmen, der alles hat, wovon ich selbst immer nur träumen konnte? Gehen wir für einen Moment davon aus, das wäre möglich und das soziale Umfeld dieser nun „ausgetauschten“ Person merkt nichts von der Täuschung. Wenn vielleicht auch nur für einen kurzen Zeitraum… Wird mich dann die Liebe, die mir dann zuteilwird, glücklich machen? Und welchen Preis muss ich dafür bezahlen, welche Opfer bringen, für eine Illusion, die mit Sicherheit schon bald wieder von der grausamen Realität zerstört wird? Der Titel eines Buches von Richard David Precht lautet: ,Wer bin ich – und wenn ja, wie viele?´. Aus dem Kontext gerissen klingt das erst mal unsinnig oder dadaistisch, wer diesen ‚Tatort‘ gesehen hat, wird verstehen, wie es gemeint ist.
Dieser „Tatort“ entwickelt sich auf Handlungsebene zu einem wahren Psychothriller – was war Ihnen auf Ebene der Inszenierung hierbei besonders wichtig?
Ich habe bei der Inszenierung versucht, die Wahrnehmung von Zuschauerinnen und Zuschauern und den Charakteren zu synchronisieren, um beide Ebenen zu verschmelzen und sie parallel in die Irre zu führen. Damit aber die überraschenden Wendungen in der Geschichte trotzdem glaubhaft sind, muss die von der Antagonistin erschaffene Illusion immer wieder kleine, wohldosierte Fehler haben. Die anderen Figuren spüren zwar zunehmend, dass irgendetwas nicht stimmt, aber niemand kann genau den Finger darauflegen. Kristin Suckow hat das unglaublich nuanciert gespielt. Sie zieht uns langsam, aber sicher hinein in die Untiefen der gequälten Seele ihrer Figur und nicht nur, aber hauptsächlich deshalb, gelingt der schleichende Übergang vom Krimi in einen Psychothriller.
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