Drehbuchautor Stefan Dähnert im Gespräch

Stefan Tries trifft Lena Odenthal wieder, mit der er vor vielen Jahren zusammenarbeitete.
Stefan Tries trifft Lena Odenthal wieder, fast 30 Jahre zuvor stand er ihr bei, als sie in Zarten einen Mordfall aufzuklären hatte. | Bild: SWR / Benoît Linder

Stefan Dähnert im Gespräch

»Besonders sorfältig und besonders kühn.«

"Tatort: Die Pfalz von oben" greift zurück auf Ihren Tatort "Tod im Häcksler". War es die Figurenkonstellation, die Sie an der Idee des Sequels besonders interessiert hat, oder wollten Sie sich noch einmal, womöglich anders als beim ersten Mal, mit der Pfalz auseinandersetzen?

Nein, es war denitiv der Ansatz zu sehen, wo Lena Odenthal 28 Jahre später steht, wie sie sich entwickelt hat, wie sie an ermittlerischem und persönlichem Profil gewonnen hat und was der Preis dafür war.

Hat sich Ihr Begriff von Heimat seit damals verändert und ist das in den Film eingeflossen?

Der Begriff "Heimat" ist in diesen 28 Jahren deutlich belasteter geworden, nicht aber das individuelle Verhältnis der Bewohner zu ihrer unmittelbaren Umgebung. Ich denke, das ist unverändert positiv geblieben. Auch das fiktive Dorf "Zarten" hat durchaus zur Gegenwart aufgeschlossen. Und zeigt in "Die Pfalz von oben" genau die Ambivalenz zwischen Lokalpatriotismus und Griff nach der Heimat als rechtsfreier Raum.

Die Figuren haben ein großes Stück Lebenszeit zurückgelegt in den 28 Jahren. Bei Lena wissen wir einiges davon, bei der Entwicklung von Stefan Tries, dem heutigen Provinzfürsten, waren Sie viel freier. Was war Ihnen für diese Figur wichtig?

Tries ist in einem Alter, in dem man sich unwillkürlich fragt, wo man möglicherweise falsch abgebogen ist, welche Chancen man verpasst, welchen Verführungen man erlegen ist. Diese Figur zeigt deutlich, was aus Hassliebe zur Heimat werden kann. Welche Deformationen und Minderwertigkeitskomplexe sich einstellen, wenn man sich nicht bewusst fürs Hierbleiben entschieden hat.

Und wie sehen Sie die Entwicklung der Figur "Lena Odenthal"? Zwischen dem "Tod im Häcksler" und dem neuen "Tatort" haben Sie noch den "Tatort: Roomservice" geschrieben. Hat sie sich so weiterentwickelt, wie Sie das erwartet hätten?

Auf der einen Seite scheint Lena Odenthal immer gleich zu sein, "dient" dem Format, als erzählerische Stimme für eher gesellschaftlich relevanten Themen. Auf der anderen Seite schafft es Ulrike Folkerts durch harte Arbeit an ihrer Rolle, mich immer wieder zu überraschen. Das sind die kleinen Ausschläge, die gute alte Empörung, die manchmal abgelöscht erscheint, dann aber wieder im Vergleich zu Lisa Bitters "Johanna Stern" voll ausgespielt wird. Die Lebendigkeit der Figur ist vielen großartigen Kollegen im Buch und in der Regie zu verdanken, aber vor allem dem Kontinuum in der Redaktion.

Beim "Tatort: Tod im Häcksler" hat die Prämisse des "Tatorts", in einer identifzierbaren Region angesiedelt zu sein, sozusagen zurückgeschlagen, weil die Westpfälzer auch die überhöhte Darstellung auf sich bezogen haben. Hat sich die Rezeption von Fiktionalem seit damals grundsätzlich geändert? Gibt es diese Aufregung über Filme noch oder sind alle entspannter, womöglich gleichgültiger geworden?

Die Aufregung ist da. Gerade weil der Tatort mittlerweile eines der letzten "Lagerfeuer" des Fernsehens ist, steht das, was verhandelt wird unter besonderer Beobachtung. Das fordert uns "Macher" dazu auf, besonders sorgfältig und gleichzeitig besonders kühn für das Format zu arbeiten. Dass mittlerweile fast jede Region ihren eigenen "Tatort" hat, kann man als Fortsetzung des Förderalismus aufs Fernsehen verstehen, aber auch als Chance, immer spezieller zu werden und damit allgemeingültiger.

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