Wotan Wilke Möhring über den Ex-Aktivisten Falke und die Quote für mehr Vielfalt

Wotan Wilke Möhring als Thorsten Falke
Wotan Wilke Möhring als Thorsten Falke | Bild: NDR / O-Young Kwon

Die Figur Thorsten Falke

Die alten Codes beherrscht Thorsten Falke noch immer. Damals war er selbst mittendrin im linken Milieu, in den Kämpfen um das richtige Leben und gegen den bürgerlichen Feind. Wenn er Informationen braucht, weiß er, wen er ansprechen muss. Seine alten Freunde wissen aber auch, dass Thorsten Falke zwar nun den Staat vertritt, aber im Herzen auf der richtigen Seite ist. Zum Beispiel bei Polizeigewalt. Da versteht er keinen Spaß. Wie also mit dem Kollegen sprechen, dessen Frau nach einem – linken? – Brandanschlag im Sterben liegt, dem aber selbst der Schlagstock locker sitzt, wenn es um Festnahmen geht? Thorsten Falke versucht es sachlich – und wird als Kollegenschwein beschimpft.

Ein wenig linkisch gerät ihm auch das Kompliment an die Kollegin Julia Grosz. Nach einem irritierenden Besuch beim LKA-Beamten Keiler inklusive furchtbarem Kaffee scherzt Thorsten Falke, Keiler habe ja auch noch nie eine so tolle Frau zum Brunch gehabt. Eine Annäherung. Vielleicht weiß Falke selbst nicht genau, wie nah er Julia Grosz sein will. Aber die hat den Kopf sowieso gerade zum Bersten voll mit romantischen Erinnerungen an ihre alte Liebe Ela. Eines kann man Thorsten Falke jedenfalls nicht vorwerfen: allzu gutes Timing.

Wotan Wilke Möhring über den Ex-Aktivisten Falke und die Quote für mehr Vielfalt

Kommissar Thorsten Falke deckt seine Partnerin Julia Grosz, die auf eigene Faust in der linksautonomen Szene in Hamburg ermittelt. Warum riskiert er für sie seine Karriere?

Weil Not am Mann ist und weil sie ein Team sind. Eine alte Freundin von Julia Grosz ist verschwunden, die Kommissare vermuten ein Gewaltverbrechen. Es gibt dieses Abkommen im Seerecht: Wenn einer in schweren Sturm gerät, egal wer, egal warum, dann ist der andere zur Rettung verpflichtet. Genauso fühlen sich die Kommissare verpflichtet zu helfen. Falke verschafft Grosz also ein Alibi, damit sie ins Umfeld der Roten Flora eintauchen kann, wo sie ihre Freundin vermutet. Sie macht das im Alleingang, ohne Auftrag. Falke deckt diese Aktion und arbeitet ihr über die offiziellen Kanäle zu. Grosz würde das Gleiche für ihn tun. Und er findet gut, dass seine Partnerin so ungewöhnlich emotional reagiert. Hier verlässt sie einmal den Dienstweg, getrieben von Verzweiflung, um Dinge zu tun, die sie einfach tun muss. Ob ihr Verhalten legitim ist? Es bewegt sich im unteren Grenzbereich. Aber in der Hoffnung, dass bei dem Einsatz niemand zu Schaden kommt, steht Falke hinter ihr.

„Schattenleben“ erzählt also einen Fall für Julia Grosz?

Grosz steht in diesem Fall deutlich im Fokus. Falke ermittelt parallel dazu im eigentlichen Fall, wer hinter einer Serie von Brandanschlägen auf Autos Hamburger Polizisten steckt. Der Staatschutz vermutet die Täter in der linksextremen Szene. Denn die hat in der Polizei ihr oberstes Feindbild. Falke findet allerdings nach und nach heraus, dass die betroffenen Kollegen vorher durch gewalttätige Übergriffe auffällig geworden waren. Es gab dazu vereinzelte interne Untersuchungen, die aber allesamt fallengelassen wurden. Am Ende führen die beiden Handlungsstränge zu einer gemeinsamen Auflösung zusammen.

Wegen seiner internen Ermittlungen wird Falke von einem Polizisten als „Kollegenschwein“ beschimpft. Wie reagiert er darauf?

Bedingungsloser Korpsgeist ist von Falke nicht zu erwarten. Auch im Kreis der Kollegen gilt es für ihn, Straftaten zu verfolgen und das geltende Recht durchzusetzen. Bis zu einem gewissen Grad kann er aber die Notsituation des erwähnten Polizisten verstehen, der auf der Beerdigung seiner Frau die Nerven verliert. Deswegen geht er auf diesen Vorwurf nicht ein.

Falke hat Kontakte ins linke Milieu. Fühlt er sich der Szene politisch nahe?

Für das Arbeiterkind Falke ist soziale Gerechtigkeit ein wichtiges politisches Thema, das in der Regel links verortet ist. Für ihn als Bundespolizisten spielt das LinksRechts-Schema aber keine Rolle. Im Einsatz geht es um die Ermittlung von Straftaten, ganz gleich, ob sie von linken Aktivisten, Polizisten oder sonst wem begangen werden. Er weiß, es gibt auf jeder Seite Mistkerle. Da Falke in früheren Zeiten selbst in der linken Szene aktiv war, kennen ihn viele noch. Für sie ist er zwar ein Bulle, aber ausnahmsweise ein guter und keiner, der auf dem rechten Auge blind ist. Deswegen ist man auch bereit, ihm Informationen zu geben und ihn nicht sofort vom Platz zu scheuchen.

Junge Autorin und Regisseurin, junge Producerin und Kamerafrau – ist „Schattenleben“ ein Frauenfilm?

Das glaube ich schon. Im Zentrum des Films steht eine Frauenbeziehung, die in einem queeren, radikalfeministischen Hausprojekt spielt. Deshalb finde ich es absolut passend, auch hinter der Kamera ein starkes weibliches Team aufzustellen. Ich habe eng mit der Regisseurin Mia Spengler zusammengearbeitet, um die hoch emotionale Geschichte in die realistische Ermittlungsarbeit einzubetten.

Wie stehen Sie zum Inclusion Rider?

Wenn jemand etwas gut kann, dann sind seine Hautfarbe, sein Geschlecht oder seine sexuelle Ausrichtung völlig egal. Aber mangelnde Chancengerechtigkeit ist im Filmgeschäft durchaus ein Thema. Deshalb freue ich mich, dass wir mit dem NDR und der Wüste Medien GmbH in Sachen Diversität eine Art Vorreiter sind. Auch wenn ich dafür keinen neuen Begriff wie Inclusion Rider bräuchte, der für mich nach einem Fahrzeug für kleine Kinder klingt. Eine Quote einzuführen, halte ich generell für ein gutes Instrument, um Veränderungen anzustoßen, verknüpft mit der Hoffnung, dass man sie eines Tages nicht mehr braucht.

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