Gespräch mit Franziska Weisz

Kommissarin Julia Grosz (Franziska Weisz) ist auf alles gefasst.
Kommissarin Julia Grosz ist auf alles gefasst. | Bild: NDR / Marion von der Mehden

Bildet Julia Grosz mit Falke zum ersten Mal ein richtiges Team?

Die beiden bewegen sich von Anfang auf Augenhöhe. Im ersten Fall feuert sie einen Schuss ab, der ihn rettet. Im zweiten Fall boxt er sie aus einer lebensbedrohlichen Situation heraus. Auch diesmal gibt es wieder Actionszenen, die ihr helfen, ihr Trauma zu bewältigen, und die das gegenseitige Vertrauen stärken. Ich mag, wie Grosz unvermittelt in seiner Wohnung auftaucht und kurz seinen Sohn Torben kennenlernt. Als Falke ihr daraufhin das Du anbietet, lehnt sie ab.

Warum?

Natürlich ging mir das zu schnell! Als Julia und auch als Franziska.

Kam es in diesem Fall darauf an, beim Spielen möglichst wenig durchblicken zu lassen, was Sie von den Rechtspopulisten halten?

Ich habe eine politische Meinung, mit der ich normalerweise nicht hinter dem Busch halte. Hier aber musste ich mir in einigen Szenen auf die Lippen beißen. Als ich das Drehbuch gelesen hatte, war meine erste Reaktion: Ich will im Film etwas gegen die Rechtspopulistin Nina Schramm sagen. Also sagte ich zu unserem Regisseur: Bitte, lieber Niki Stein, lass mich meine Position dagegensetzen! Er antwortete, du hast zwar Politik studiert, aber in diesem Moment spielst du eine Polizistin, sei professionell als Polizistin, bleibe bei deiner Figur! Er hatte natürlich völlig recht.

Im Gegensatz zu Ihnen darf Wotan Wilke Möhring im Film reihenweise Sprüche gegen die Rechtspopulisten heraushauen.

Ich finde es toll, dass die beiden Kommissare so unter- schiedliche Charaktere sind. Die analytische Grosz verkneift sich einen Kommentar, der emotionale Falke protestiert heftig und zieht Vergleiche zu Eva Braun und Joseph Goebbels, die natürlich hinken. Der Zuschauer kann sich aussuchen, welchen Weg er für den besseren hält. Sicherlich würde Grosz der Schramm gern die Meinung sagen, aber nicht auf Falkes laute Art. Aus Grosz Perspektive ist es nur konsequent, zu schweigen und sich nicht auf das Spiel der Rechtspopulisten einzulassen. Schramm versucht die Kommissare bei ihrer Unzufriedenheit zu packen, etwa über die vielen Überstunden, um sie auf ihre Seite zu ziehen. In diese Falle darf man nicht gehen. Es ist ja leicht, darauf hinzuweisen, was alles schlecht läuft. Aber wie alle Rechtspopulisten hat auch die Chefin der "Neuen Patrioten" kein Konzept, wie die Probleme zu lösen sind.

In einer Szene regen sie sich mächtig über einen Rechts­ staat auf, der "nicht mehr bereit ist, Recht und Gesetz durchzusetzen". Waren Sie in diesem Moment wirklich auf 180?

Schön, wenn es so rüberkommt. Es ist ein grundlegendes Thema, das mich nicht nur in meiner Rolle beschäftigt. In London zum Beispiel, der bestüberwachten Stadt Europas, kann ein behördenbekannter Islamist einen Anschlag verüben, der kurz zuvor in der BBC-Dokumentation "Die Dschihadisten von nebenan" aufgetreten ist. Die Polizei hatte ihn schon lange im Visier, durfte aber nicht einschreiten, weil sie dafür keine rechtliche Handhabe hatte. Die Polizisten machen sich täglich die Hände schmutzig und sind am Ende doch die Bösen, die mal auf dem linken, mal auf dem rechten Auge blind sind. Politik und Justiz ziehen sich währenddessen zurück und überlassen den Verbrechern das Feld. Grosz fühlt sich im Stich gelassen. Sie ist sehr wütend, als es im Film aus ihr herausplatzt: "Deshalb verachten uns die Kriminellen, weil wir es uns gefallen lassen. Das finde ich zum Kotzen."

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