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Geschichte im Ersten: Die Romika-Story

Faktencheck: zwei Romika-Familien treffen sich. - Vorn: Carl Liedermann (r) mit Björn Lemm
Faktencheck: zwei Romika-Familien treffen sich. - Vorn: Carl Liedermann mit Björn Lemm | Bild: WDR/Lichtblick Film / Joel Stängle

Ob Segelschuhe, Gummistiefel oder Pantoffel– seit 100 Jahren stehen diese Schuhe für eine Erfolgsgeschichte: Romika, der Name hat bis heute eine große Strahlkraft. Doch es gibt ein dunkles Kapitel, das lange verschwiegen wurde. Denn Romika steht auch beispielhaft für die Ausplünderung zahlloser jüdischer Unternehmen während der Nazi-Herrschaft.

Hinter dem großen Namen steckt die dramatische Geschichte des rheinischen Schuhpioniers Hans Rollmann. Mit zahlreichen Patenten gelang ihm in den 1920er Jahren der große Erfolg auf dem deutschen Schuhmarkt. Selbst nach der großen Wirtschaftskrise 1929/30 arbeiteten in den Fabriken in Köln und Trier noch mehr als tausend Menschen.

1936 Übernahme durch neuen Geschäftsführer

Doch nach der Machtergreifung wurde Rollmanns jüdischer Glaube zur Bedrohung für ihn und sein Unternehmen. Rohstoff-Boykott und Exportverbote trieben Romika in den Ruin. Rollmann hatte keine Chance. 1936 übernahm dann ein neuer Geschäftsführer das lukrative Unternehmen: Hellmuth Lemm profitierte dabei von Großaufträgen der Wehrmacht. Und mit Hilfe ukrainischer Zwangsarbeiterinnen konnten die Lohnkosten gedrückt werden.

Die Rollmanns waren eine angesehene Industriellenfamilie in Köln.
Die Rollmanns waren eine angesehene Industriellenfamilie in Köln. | Bild: WDR / Privatbesitz Carl Liedermann

Hans Rollmann dagegen rettete sich nach Brüssel. Doch als die Wehrmacht dann im Zweiten Weltkrieg auch in Belgien einfiel, flüchtete die Familie nach Calais. Von dort ging es nicht weiter, kein Schiff nahm sie auf. Hans Rollmann und seine Frau Marie sahen keinen Ausweg mehr und nahmen sich das Leben. Ihrer Schwiegertochter gelang mit ihrer zweijährigen Tochter die Flucht über Lissabon nach Amerika.

Verleugnung der Vergangenheit

Nach Kriegsende wollte man die Nazizeit möglichst schnell vergessen. Romika tragen: Wohlbehagen wurde zum Slogan gepflegter Häuslichkeit. Die zweite Generation der Lemms führte nun bei Romika die Geschäfte und zählte später zu den 400 reichsten deutschen Familien. 1986 wurde das 50-jährige Jubiläum groß gefeiert. Kein Wort allerdings von der eigentlichen Geschichte, die ja im Jahr 1921 begann. Heute gehört Romika zu Europas größtem Schuhkonzern Deichmann.

Björn Lemm stieg 1976 bei Romika ein und wurde Junior-Chef.
Björn Lemm stieg 1976 bei Romika ein und wurde Junior-Chef. | Bild: WDR/Lichtblick Film / Joel Stängle

Erst in den letzten Jahren kommt nach und nach die ganze Romika-Geschichte ans Licht. Es ist Hans Rollmanns Urenkel, der mehr wissen will über die Familien- und Firmengeschichte. Autorin Renate Werner hat die Initiative von Carl Liedermann aufgegriffen und ihn mehrmals auf seiner Spurensuche in Deutschland begleitet.

Für diesen Film hat sie ein Treffen mit dem ehemaligen Geschäftsführer Björn Lemm vorbereitet und dazu mit Zeitzeugen an den Originalschauplätzen gedreht. Entstanden ist ein einzigartiges Dokument der Geschichte eines großen deutschen Unternehmens.

Eine ganze Region lebte von der Romika-Produktionsstätte in Gusterath bei Trier.
Eine ganze Region lebte von der Romika-Produktionsstätte in Gusterath bei Trier. | Bild: WDR/Lichtblick Film / Joel Stängle

Ein Film von Renate Werner

Diese Sendung ist nach der Ausstrahlung ein Jahr lang in der ARD Mediathek verfügbar.

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Westdeutscher Rundfunk
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