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Malaysia: Palmölbauern gegen die EU

Jede Frucht ist kostbar. Gestern waren die Erntehelfer da – jetzt sammelt Sadiman Hariri die heruntergefallenen Früchte auf – weil sie besonders reif sind, kann er für sie mehr Geld verlangen. Fünf Hektar Palmölplantage besitzt er – sie ist sein Stolz.: "Ich weiß, Europa denkt schlecht über das Palmöl – aber es gibt so viele gute Seiten, die bei Euch keiner kennt. Das Öl ist gesund, der Baum ist robust – und wir arbeiten hier viel umweltfreundlicher als viele denken."

Hier beim Kontrollgang zwischen den Palmen erreichte ihn die Nachricht, die in Europa kaum jemand mitbekam – ihn aber schockierte. Europa will Palmöl ab 2030 nicht mehr als Biokraftstoff importieren. Kaum eine Frucht wächst so schnell – und so findet Sadiman Hariri die EU-Entscheidung aberwitzig: Statt seinem Öl wird nun Soja oder Raps verlangt – dabei sei das doch für die Umwelt viel schlechter! "Klar kann man Soja anbauen. Aber da brauchst du für den selben Ernteertrag fünf Mal so viel Land – das würde bedeuten: Man muss irgendwo auf der Welt wieder Wald roden – und genau das will die EU doch nicht."

Im Dorf: Vorbereitung für eine Hochzeitsfeier. Drei Tage lang kommen alle hier zusammen– ein Ort, wie viele andere in Malaysia: Abhängig vom Palmöl. Der Vater des Bräutigams ist wie Sadiman Hariri Kleinbauer, andere transportieren Früchte, reparieren die Ernte-Maschinen. Palmöl ist hier überall: Das Fleisch brodelt mit Chili und Knoblauch – und Palmöl. Die Hähnchen-Marinade – aus Palmöl. Und auch der Kuchen, den Frau Hariri serviert – man ahnt es schon – ist mit Palmöl gebacken. "Wenn die EU unser Palmöl nicht mehr kauft, dann ist das schlecht für uns. Von den Schulgebühren unserer Kinder bis zu den täglichen Einkäufen – wir können all das nur bezahlen, weil wir das Palmöl haben", sagt Rukiah Hariri.

Es ist das Gold des ganzen Landes! Denn mit den Bäumen wuchs die Wirtschaft der letzten Jahre. In Kuala Lumpur: Treffen der Palmöl-Giganten. Die EU-Entscheidung ist hier Thema Nummer 1. Es habe einen Krieg gegeben – erzählen sie hier, einen Krieg der Öl-Lobbyisten, den man verloren habe. "Die Anti-Palm-Öl Lobby in Europa ist sehr sehr stark", sagt Datuk Kalyana Sundram, Malaysia Palm Oil Council. "In Malaysia produzieren wir längst nachhaltig. Aber das will kaum jemand hören. Jeder kann kommen und sich ein Bild davon machen. Wir sind transparent – und produzieren anders als andere Länder."

Ein Video, unterstützt von der Regierung – Ich liebe mein Palmöl, heisst es da! Im Zuge der Debatte in Europa ist das Palmöl zur patriotischen Frage geworden – Malaysia – ein Land im Kampf für sein Palmöl. Mehr als die Hälfte wird von großen Unternehmen produziert. Seit Jahren gelten Vorschriften: Mindestlohn, Arbeitsschutz, Umweltstandards. Von der EU seit langem anerkannt!

Ein Blick in die Mühle. Minütlich werden Früchte angeliefert. Hier wird klar: Es geht um industrielle Ausmaße! Malaysia ist nach Indonesien der weltweit größte Palmöl-Produzent. Der Kern wird vom Fruchtfleisch gelöst und dann ausgepresst – letzte Kontrolle – dann geht das Öl zur Raffinerie, wird zum Lebensmittel oder Treibstoff. Am Rande Kuala Lumpurs. Lim Teck Wyn kann es kaum ertragen: Wo jetzt neue Häuser gebaut werden, war bis vor wenigen Jahren noch Urwald! Ein einzigartiges Ökosystem. So radikal er und seine Organisation für Malaysias Regenwälder kämpfen – die Haltung der EU findet er bedenklich. "Das Palmöl ist nun mal leider ein Bestandteil des Lebens hier. Ich finde deshalb, die EU könnte mehr für den Regenwald erreichen, wenn sie Gruppen wie uns unterstützt", sagt Lim Teck Wyn, Umweltschutzorganisation Rescu. "Statt sich zurückzuziehen, könnte die EU gemeinsam mit Malaysia nach Lösungen suchen."

50 Prozent Malaysias sollen Regenwald bleiben – so hat es die Regierung versprochen. Lim Teck Wyn fordert mehr Schutzgebiete. Sein Verdacht: es wird doch mehr gerodet als bekannt ist: "Wenn die EU Treibstoff aus Palmöl ablehnt, dann tut uns das weh. Aber es wird nichts daran ändern, dass Regenwald abgeholzt wird. Denn es gibt andere, viel größere Absatzmärkte: China und Indien – und kümmern sich weniger um die Umweltfrage."

Zurück zu Sadiman Hariri, dem Kleinbauern. Er macht seinen eigenen Kompost – früher nahm er stattdessen künstlichen Dünger, doch er ist der erste im Dorf, der sich offiziell verpflichtet hat, nachhaltiger zu produzieren.: "Wir haben große Probleme mit Mäusen, sie schädigen unsere Bäume. Aber ich benutze zur Bekämpfung keine Chemie mehr. Ich überlasse das den Schlangen – das ist viel besser als Gift."

Ein Umdenken, das fordert Malaysia von seinen 500.000 Kleinbauern. Auch Sadiman Hariris Freunde werden sich verpflichten müssen, wenigstens einen Mindeststandard an Umweltschutz einzuhalten – für jeden einzelnen Hektar Land. Das gehört zur neuen Kampagne der Regierung. Es ist ihr verzweifelter Versuch, die EU doch noch zu überzeugen.

Eine Reportage von Angelika Henkel, ARD Singapur

Stand: 30.08.2019 14:03 Uhr

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