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Türkei: Deutsch-türkische Freundschaft in Kars

Türkei: Deutsch-türkische Freundschaft in Kars | Bild: ARD Istanbul / Cemal Taşdan

Tief im Nordosten der Türkei. Die Region Kars liegt auf etwa 2000 Meter Höhe. Im Winter hat es am Tag durchschnittlich minus elf Grad. Vor die Tür geht kaum noch jemand. Selbst dem Fuchs macht das Wetter offenbar zu schaffen.

Im Dorf Karaca Ören lebt auf einem Bauernhof August Albuk, Urenkel einer Deutsch-Baltin, die 1878 mit 60 deutschen Familien aus der Region des heutigen Estlands in die Türkei kam. Deutsch-Balten waren eine deutschsprachige Minderheit, die sich Ende des 12. Jahrhunderts im Baltikum ansiedelte. Der russische Kaiser zwang Augusts Vorfahren in die Region Kars zu ziehen.

August gehört zu den letzten Nachfahren der sogenannten Deutsch-Balten im Nordosten der Türkei. Alle anderen sind gestorben oder im Laufe der Jahrzehnte nach Deutschland gezogen. Kein Wunder, denn in Kars zu leben, ist eine Herausforderung. August spricht Türkisch. Deutsch hat er nie richtig gelernt.

Der letzte Deutsch-Balte

August lebt mit seiner 18-jährigen Tochter Melissa auf dem Hof. Es ist das Kind aus erster Ehe mit einer Türkin. Die zweite Frau, auch eine Türkin, und die weiteren drei Kinder sind derzeit in Izmir am Mittelmeer, bei den Schwiegereltern. In seiner Kindheit, so der 52-Jährige, habe er in Karaca Ören noch ein richtiges deutsches und christliches Gemeindeleben erfahren, aber stets in guter Nachbarschaft mit muslimischen Türken.

August würde gerne nach Deutschland auswandern. Doch die deutsche Botschaft in Ankara wolle Dokumente, die seine Herkunft belegen. Diese habe er nicht.
Sowohl Schule und Kirche der deutschen Gemeinde waren einst in diesem zerfallenen Haus. Hier sei er als Kind gesessen und habe dem Pfarrer zugehört, erzählt August Albuk. Nun komme niemand mehr zum Beten und die Kinder des Dorfes gehen in eine größere, moderne Schule.

Derzeit hat der gelernte Schweißer keine Aufträge. Lichtblicke seien die freundlichen Nachbarn oder der im Winter völlig zugefrorene Cildir-See. Dieser ist berühmt für seine Eisfischer. Direkt neben dem See in einer kleinen Gaststube bereitet Turhan Kilic den Fisch zu. Es schmerze ihn, dass so viele Deutsch-Balten in den letzten Jahrzehnten die Region und auch die Türkei verlassen haben, erzählt der Wirt.
Bei diesen Worten wird es August ganz warm ums Herz, auch weil seine Verwandten in Deutschland ihm schon mal gesagt haben, dass die nach Deutschland ausgewanderten Türken dort so etwas nicht so oft hören. Und dennoch scheint die Zeit der deutsch-baltischen Kultur in der türkischen Region Kars keine große Zukunft mehr zu haben.

Autor: Oliver Mayer-Rüth, ARD Istanbul

Stand: 21.02.2021 18:17 Uhr

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