Mo., 19.11.12 | 04:50 Uhr
Das Erste
Weltspiegel
Zur ARD-Themenwoche „Leben mit dem Tod":
New York: Der Tod ist ihr Geschäft - Frau Amen, die Bestatterin in Pumps
Name ist Programm: Doris Amen aus New York ist Bestatterin. Ein Mädchen für alles, das auch schwere körperliche Arbeit gern allein erledigt. Und: Doris ist auch schon mal mit lilafarbenen Fingernägeln und losem Mundwerk unter-wegs, beiläufiges Beispiel: "Um acht heute abend hole ich eine Leiche ab. Die Frau ist schon heute vormittag verstorben, aber bei dem Verkehr - ich bin doch nicht verrückt." Das mag man als pietätlos empfinden, Doris hingegen sieht ihre Rolle ganz sachlich: Sie macht nur einen Job, der Tod ist ihr Geschäft. Und dieses Geschäft geht gut. Erstens wird in Big Apple viel gestorben und zweitens vertrauen ihr die Angehörigen bei der Organisation der letzten Reise ihrer Liebsten. - Im Rahmen der ARD-Themenwoche „Leben mit dem Tod" widmet sich auch der Weltspiegel einem Thema, das jeden betrifft und trotzdem oft tabubehaftet ist: Sterben und Tod. Sprachlosigkeit im Angesicht von Tod und Trauer zu überwinden und dem Verdrängen entgegenzuwirken, darum geht es in der Themenwoche. Und wenn Doris Amen eines nicht ist bei der Ausübung ihres Berufes, dann ist es: sprachlos zu sein.
Autorin: Anja Bröker, ARD-Studio New York
Mali: Bärte, Scharia, Kalaschnikows - Die Arroganz der Islamisten: Die Angst vor einem zweiten Somalia, einem zweiten Afghanistan geht um: Nach einem Militärputsch im März haben Islamisten praktisch den gesamten Norden Malis unter ihre Kontrolle gebracht und dort das islamische Recht der Scharia ausgerufen. Nachbarländer und auch westliche Staaten befürchten, dass Nord-Mali zu einem Rückzugsgebiet für islamistische Terroristen werden
könnte. Unser Korrespondent und sein malischer Kameramann waren in Süd- und Nord-Mali, wo ihnen vor allen Dingen eines aufgefallen ist: Wie selbstdarstellerisch und mit welcher Arroganz die von Al Kaida unterstützten neuen, starken Männer ihre Macht demonstrieren. - Nachdem vor wenigen Tagen die Westafrikanische Staatengemeinschaft ECOWAS beschlossen hat, eine 3.300 Mann starke Eingreiftruppe in das Krisenland zu entsenden, treffen sich nun am kommenden Montag in Brüssel auch der EU-Außenminister- und Verteidigungsministerrat, um über ein Engagement in Mali zu beraten. An einen militärischen Kampfeinsatz ist dabei aber wohl noch nicht gedacht, eher an den Einsatz von 100 bis 150 Militärausbildern, die die Spezialkräfte der malischen Armee trainieren und ihr eine funktionierende Kommandostruktur verschaffen sollen. Vermutlich wird es sich bei den Ausbildern vornehmlich um Franzosen handeln, aber auch ein deutsches Kontingent ist gegenwärtig nicht ausgeschlossen.
Autor: Peter Schreiber, ARD-Studio Nairobi
Argentinien: Wirtschaft bizarr - Negativ-Beispiel für Griechenland: Lange galt Argentinien als Paradebeispiel für ein ökonomisches Comeback nach Staatsbankrott. Und damit als mögliche Blaupause für Griechenland. Gut zehn Jahre ist dieser Bankrott nun her, aber nach Jahren des Booms ist die Stimmung jetzt wieder auf dem Nullpunkt, es droht die nächste große Rezession. Und schon regiert wieder 'Wirtschaft bizarr`: Da sieht sich der deutsche Autobauer BMW auf einmal Reis und Leder aus Argentinien ausführen, Porsche exportiert und verkauft Wein, der Grund: protektionistische Vorschriften der argentinischen Regierung, nach denen der Import von Waren durch Exporte in gleicher Höhe ausgeglichen werden muss. Mit solchen Beschränkungen und Devisenkontrollen will man die Handelsbilanz aufhübschen. Und das ist nur ein dreister Trick der Regierung von Präsidentin Cristina Kirchner, um an den Daten zu Inflation - die bei weit über 20 Prozent liegen soll - und Wirtschaftswachstum zu drehen. Die Befürchtung der internationalen Gemeinschaft: Argentinien könnte bald wieder ein Fall für den IWF werden. Denn der hat bereits die ersten Abmahnungen verschickt. Die Wirtschaft verliert an Wettbewerbsfähigkeit, Kosten und Steuern steigen, Arbeitsplätze verschwinden. Und so gingen vor wenigen Tagen die Menschen landesweit auf die Straße, viele aus dem Mittelstand. Sie demonstrierten nicht nur gegen die galoppierende Inflation, sondern auch gegen Korruption und steigende Kriminalität. Alles in allem: Kein gutes Beispiel für Griechenland.
Autor: Michael Stocks, ARD-Studio Rio de Janeiro
Südafrika: Leider Weltspitze - Die dicken Leiber von Soweto: Die Südafrikaner stehen auf dem Treppchen, aber von Ruhm keine Spur - im Gegenteil: Die Menschen am Kap haben es in ihrer Gesamtheit in die Weltspitze der fettleibigsten Menschen auf dem Globus geschafft - und schicken sich dabei an, sogar noch die führenden US-Amerikaner zu überholen. Die Ursachen: Ein
bisschen Wohlstand - mehr Auto, weniger Bewegung -, aber nicht genug, um Joggen zum Lifestyle zu erklären und etwas für die Gesundheit zu tun. Stattdessen lieber Fast Food, noch ein Schlag Maisbrei extra oder etwas Fettgebackenes vom Straßenrand. Fazit: Die Südafrikaner werden immer fetter, und sie tun sich schwer damit! Wegen der relativ schlechten Breitenmedizin schlagen die Folgekrankheiten mit voller Kraft zu: Diabetes, Herz-Kreislauf- und Gelenkerkrankungen. Da hilft es auch wenig, dass im Township von Soweto gerade der erste ?Virgin Active Club` aufgemacht hat, denn wer kann sich eine Mitgliedschaft da schon leisten? Erste Hilfe: Öffentliche Fitnessgeräte im Freien.
Autor: Ulli Neuhoff, ARD-Studio Johannesburg
Japan: Den Opfern ein Gesicht - Die Phantombildzeichner des Tsunamis: Jahrelang hat Inspektor Shuichi Abe Verbrecher auf Papier gebannt. Jetzt arbeitet der Phantombildzeichner für die Autopsie-Einheit der Polizei In Sendai. Anderthalb Jahre nach dem Erdbeben und dem schrecklichen Tsunami gelten in Japan noch immer hunderte Menschen als vermisst: Sie sind verschluckt vom Meer, begraben unter Trümmern und Geröll. Aber: Vor den Küsten Nordjapans wird noch immer aktiv nach den Toten des Tsunamis gesucht. Und: Etwa alle zwei Wochen wird noch ein Leichnam entdeckt. Meistens in den Schleppnetzen der Fischer, von denen einige extra für die Leichensuche abgestellt sind. Auch Taucher sind im Einsatz. Oft aber sind die Toten kaum mehr zu identifizieren. Shuichi Abe portraitiert diese vielen unbekannten Opfer - mit sprichwörtlicher japanischer Akribie, aber auch dank langjähriger Erfahrung, eine detektivische Meisterleistung. Abe gibt den Toten ihr Gesicht und häufig auch den Namen zurück. Dank des Inspektors und seiner Kollegen haben so dutzende Angehörige ihre lang vermissten Familienmitglieder wiederfinden können. Von 200 allein in der Präfektur Miyagi zunächst nicht identifizierten Toten konnten 80 zugeordnet und den Angehörigen zurückgegeben werden. Ein schöner, wenn auch kleiner Trost, inmitten einer noch immer als gewaltig empfundenen Katastrophe.
Autor: Philipp Abresch, ARD-Studio Tokio
Kommentare