Mo., 07.05.12 | 05:00 Uhr
Das Erste
Weltspiegel
Frankreich: Die Angst der Reichen vor Hollande:
Autorin: Ellis Froeder / ARD Paris
Bei einem informellen Mittagessen im feinen Pariser Poloclub diskutiert die wirtschaftliche Elite des Landes die Zukunftsperspektiven unter einem möglichen Präsidenten Francois Hollande. Bei manchen Wirtschaftsführern geht die Panik um. Denn neben der Streichung von Subventionen für die Großkonzerne will der Sozialist Hollande auch den Spitzensteuersatz auf sagenhafte 75 Prozent erhöhen. Ein Mitglied des Poloclubs will erfahren haben, dass im Fall eines Wahlsieges des Sozialisten mindestens 2000 Unternehmer das Land verlassen würden. Unruhe auch bei den Besitzern großer Vermögen. Wie kann man das schöne Geld vor dem Zugriff des Staates in Sicherheit bringen? Nervosität herrscht auch an der Börse und bei den exklusiven Immobilienmaklern. Aber es gibt auch beschwichtigende Stimmen unter den Wirtschaftsführern des Landes, für die Hollande kein linkes Schreckgespenst ist und die den aussichtsreichen Präsidentschaftskandidaten auf der Schwelle zum Élyséepalast bereits jetzt umwerben.
Griechenland: Nicht wirklich eine Wahl: Autor: Bernd Niebrügge / ARD Athen
Die Griechen haben am Sonntag wirklich keine leichte Wahl. Sollen sie eine der beiden großen etablierten Parteien wählen, die das Land seit Jahrzehnten unter sich aufgeteilt und an den Abgrund geführt haben? Allzu bekannte Köpfe, die sich im Wahlkampf nicht mal auf die Straße trauen, aus Angst vor der Wut der eigenen Bürger. Die aber Stabilität, Fortführung der Reformen und Zusammenarbeit mit der EU versprechen. Oder doch eine der vielen neuen Protestparteien, die aber zur Zersplitterung der Parteienlandschaft und damit zu noch größerer Instabilität und Unsicherheit im Land beitragen könnten? Viele Griechen haben das Vertrauen in die Politik komplett verloren. Aber immer mehr verwandeln die Verzweiflung über ihr Land und ihre Lage in die Erkenntnis, selbst etwas tun zu müssen: Kreativität
statt Lethargie. Der "Weltspiegel" hat zwei sehr unterschiedliche Künstler begleitet, die auf ihre Weise versuchen in der Krise zu helfen.
Spanien: Ein Dorf trotzt der Krise: Autor: Stefan Schaaf / ARD Madrid
Spanien entwickelt sich immer mehr zu einem Sorgenkind der europäischen Wirtschafts- und Schuldenkrise. Aber irgendwo in Andalusien gibt es ein Dorf, das der Krise mit ungewöhnlichen Methoden trotzt. Unter Führung des kommunistischen Bürgermeisters besetzen Tagelöhner Ländereien von Großgrundbesitzern, denen sie vorwerfen, für die Aussaat hohe EU-Subventionen zu kassieren, sich dann aber um die Ernte nicht mehr zu kümmern. Die Ländereien eines Aristokraten wurden solange besetzt, bis die Regierung Andalusiens diesen enteignete und das Land der Gemeinde übergab. Seither bearbeiten die Einwohner von Marinelda die Äcker in einer Kooperative. Es gibt einen Einheitslohn, die Überschüsse kommen dem Gemeinwohl zugute. Etwa einem Bauprogramm: 3000 Häuser wurden von den Bewohnern selbst gebaut, Baumaterialien stellt die Gemeinde zur Verfügung, die Bewohner zahlen 70 Jahre lang nur 15 Euro Miete pro Monat. Es gibt weder faule Kredite noch horrende Hypotheken. Eine rote Utopie mitten in der schweren Wirtschaftskrise.
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