So., 14.04.13 | 19:20 Uhr
Das Erste
Emirate: Roboter - die neuen Jockeys bei Kamelrennen
Es ist das größte Ereignis des Jahres.
Kamelrennen
Mit voller Kraft voraus.
Willkommen in der Wüste.
Abu Dhabi.
Vereinigte Arabische Emirate.
Alljährlich im Frühjahr gibt’s das große Kamelrennen-Festival.
Die Kamelpfleger sind billige Arbeitskräfte aus Pakistan oder Bangladesch.
Die Kamelbesitzer sind die reichen Einheimischen, die erst kurz vor dem Start erscheinen.
Kamelrennen ist Ehrensache. Die Herscherfamilien ganz unter sich.
Je kleiner übrigens die Zahl auf dem Nummernschild, desto wichtiger der Wagenbesitzer.
„Es ist für die Menschen hier in der Wüste das wichtigste Ereignis“,
sagt Scheich AlNayhan Mitglied der Herrscherfamilie. „Sehr traditionell.“
Die arabischen, einhöckrigen Kamele, die bei uns Dromedar genannt werden.
Sie werden von Anfang an gezüchtet und trainiert für die Rennen.
Kamele können bis zu 50 Jahre alt werden.
Kamele waren hier immer wichtig, manchmal sogar wichtiger als Menschenleben.
Jahrzehntelang hatten die Scheichs armen Familien aus Nachbarländern Kinder abgekauft und sie in den Emiraten als Jockeys – wie Sklaven - benutzt.
Viele Kinder verletzten sich dabei schwer.
Einige starben.
„Wir hatten früher einige Probleme mit Menschenrechtlern“ mein
Kamelbesitzer Masoud, „aber heutzutage ist alles sicher und gut.“
Kleine Roboter werden nun auf den Kamelen festgeschnallt.
Innen von einem Akkuschrauber angetrieben und mit einer Peitsche ausgestattet, die die Scheichs per Fernsteuerung bedienen können.
Diese Maschinen haben pro Stück einen Wert von 15.000 Euro.
240 Rennen in 8 Tagen.
Die Kamele bis zu 70km/h schnell. Nur die Jungtiere zwischen 3 und 8 Jahren kommen für die Rennen in Frage.
Die teuersten Kamele kosten 10 Millionen Euro.
Nebenher, mit um den Kurs, fahren die ganze Zeit die Scheichs.
Auf der Zielgeraden rotieren die Peitschen. Ferngesteuert.
Bis zum Maximum getrieben, Schaum vorm Mund.
Wegen der Sommerhitze verläuft die Saison zwischen Oktober und April.
Alles angeblich keine Tierquälerei.
„Das ist unser Rennsport“,sagt Scheich Al Tayer, „das ist nichts anderes als Pferderennen in Europa.“
Um sicher zu gehen, dass jedes Kamel beim Festival nur einmal startet, wird es an einer Stelle rasiert.
Eine Woche dauert es, bis das nachwächst.
Und das ist der Preis.
Jeder Kamelbesitzer, der ein Rennen gewinnt, bekommt eins dieser Autos.
Getrennt nach Altersklassen und verschiedenen Zuchtrassen gehen die Kamele auf die Strecke.
Weil das alles so weit weg ist, gibt es kaum Zuschauer und nur diese eine Tribüne.
Bei 40 Grad Außentemperatur sitzen die Scheichs, die nicht mit herumfahren, im klimatisierten Teil.
Ihre Kamelbetreuer sitzen draußen.
Alle gemeinsam angewiesen auf die Fernsehbilder.
Im Kommentatorwagen sitzen 6 Reporter, die sich nach jedem Rennen abwechseln.
Während des Festivals läuft im Fernsehen der Emirate praktisch nichts anderes.
Kamelrennen. Der Nationalsport in den Emiraten.
„Kamelrennen ist unsere Leidenschaft“, sagt Scheich Al Owais, „andere Sportarten haben dagegen keine Chance.“
Nach dem Festival fahren die Einheimischen nach Hause in die Stadt.
Die ausländischen Arbeitskräfte räumen den Dreck weg.
Sie bleiben den Sommer über als Kamelpfleger mit den Tieren in der Wüste.
Autor: Marc Schlömer
Stand: 22.04.2014 13:48 Uhr
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