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Kongo: Boxen gegen das Grauen

Kongo: Boxen gegen das Grauen | Bild: WDR

Wenn Kibomango trainiert, vergisst er alles: Die Waffen, das Töten. Kibomango war mal Kindersoldat. Bis ihn ein Bombensplitter im Gesicht erwischte. Danach taugte er nicht mehr als Kämpfer. Und die Milizen ließen ihn gehen.

Shafagh Laghai beim Dreh
Shafagh Laghai beim Dreh

Jetzt ist er kongolesischer Box-Meister. Zumindest nennt er sich selber so. Aber vor allem hat er einen eigenen Boxclub. Für Mädchen, die stark sein wollen. Und für Jungs, die mit 10 schon töten mussten. Kibomango will nicht, dass sie es wieder tun.

Kobomango, kongolesischer Box-Meister
Kobomango, kongolesischer Box-Meister

Kibomango:

»Ich weiß wie sich das anfühlt. Ich habe mich wie der Teufel gefühlt. Wir haben die Farmen der Leute geplündert, ihnen all ihr Essen genommen. Wir wurden gezwungen zu töten. Und andere schreckliche Dinge zu tun, die kein Mensch tun sollte, auch kein Soldat.«

Sharline weiß, welche schreckliche Dinge. Nirgendwo sonst auf der Welt wird so systematisch vergewaltigt wie im Kongo. Sich die Frau eines anderen Mannes zu nehmen – das ist hier eine Waffe im Krieg.

Deshalb sollen in Kibomangos Boxclub Frauen lernen, sich zu wehren. Seit zwei Monaten kommt die 18-jährige jetzt zum Training. Es tut ihr gut, sagt sie. Sie kann wieder lachen und ihre ganze Wut rauszulassen.

Auch Frauen lernen im Boxclub, sich zu wehren
Auch Frauen lernen im Boxclub, sich zu wehren

Sharline Kabuo:

»Das Boxen hilft mir, zu vergessen. In unserem Dorf gab es Kämpfe und wir mussten fliehen. Unterwegs haben Rebellen uns angehalten und uns Mädchen in den Wald geschleppt. Es waren sechs Männer. Sie haben mich alle vergewaltigt. Bis ich das Bewusstsein verloren habe. Jetzt habe ich ein Kind.«

Es ist oft die Armut, die die Jungs zu Rebellen macht. Die Milizen versprechen den Kindern Geld und genug zu essen. Stattdessen machen sie ihnen das Leben zur Hölle. So erzählt es Innocent - „Unschuld“ bedeutet sein Name. Seine Unschuld aber hat er mit 10 verloren. Eine Kindheit hatte er nie, sagt er, immer nur Angst.

Innocent Mungo:

»Seit ich boxe fühle ich mich stark. Ich habe zum ersten mal das Gefühl, mich selber beschützen zu können. Hier habe ich wieder Frieden gefunden. Und ich will es weit bringen mit dem Boxen.«

Kibomango bläut ihnen allen ein: beim Boxen geht es nicht um Gewalt. Sondern um Disziplin, Selbstkontrolle und Respekt vor dem Gegner. Werte, die sie nie zuvor gelernt haben. Innocent ist das größte Talent. Er träumt davon, Profiboxer zu werden. Und aus der Armut raus zu kommen. Zum ersten mal hätte er eine Zukunftsperspektive.

Innocent Mungo:

»Kibomango ist wie ein Vater für mich. Ich bin ihm sehr dankbar. Seinetwegen kennt und respektiert man mich jetzt.«

Morgen hat Innocent einen wichtigen Kampf. Und der ganze Club steht hinter ihm.

Noch aber ist die Zukunft als Profiboxer ein Traum. Die Realität sieht anders aus: täglich müssen sie durch Goma, der Hauptstadt der Provinz Nord-Kivu streifen. Auf der Suche nach Arbeit.

Auch wenn es zur Zeit ruhig ist in Goma, weit sind die Milizen hier nie. Fast zwei dutzend bewaffnete Rebellengruppen kämpfen in den Wäldern rund um die Stadt gegeneinander. Seit 20 Jahren. Im Grunde geht es um den Reichtum in der Region, um die Bodenschätze. Sie alle wollen sich den Zugang dazu sichern.

Kibomango weiß, dass ein bezahlter Job die Jungs daran hindert, sich doch wieder einer Rebellengruppe anzuschließen. Deshalb bringt er ihnen nicht nur das boxen bei, sondern auch das Schrauben. Reich werden sie nicht, aber immerhin haben sie eine Arbeit.

Kibomango:

»Als Mechaniker verdienst Du nicht viel. Aber zumindest kannst Du Dir etwas zu Essen, Zucker, Milch und eine Seife kaufen. Es reicht, um zu überleben.«

Der nächste Tag. Das was mal als Boxring gedacht war, liegt brach. Einen neuen kann sich der Club nicht leisten.

Die Show ist dafür fast so wie bei den Profis. Kibomango ist genauso aufgeregt wie sein Schützling.

Es geht los. Sogar den Kampf scheint Kibomango innerlich mitzukämpfen.

Der Gegner aus dem anderen Club muss ordentlich einstecken.

Nach nur drei Runden gewinnt Innocent. Und kommt seinem Traum einen kleinen Schritt näher.

Innocent Mungo:

»Ich möchte mich weiter entwickeln und vielleicht entdeckt uns ja eines Tages jemand aus dem Ausland und sponsort uns. Aber erst mal bin ich einfach stolz, den Kampf gewonnen zu haben.«

Auch Kibomango ist stolz. Vor allem wenn er sieht, wie hart die jungen Leute an sich arbeiten, sagt er. Nach allem was sie durchgemacht haben. Sie sind seine Vision von einer neuen Generation im Kongo. Einem Kongo, in das irgendwann Frieden einkehren soll.

Autorin: Shafagh Laghai/ARD Studio Nairobi

Stand: 11.05.2014 20:29 Uhr

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Westdeutscher Rundfunk
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