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USA: Lukrative Jobs für Rentner

USA: Lukrative Jobs für Rentner | Bild: WDR

Eigentlich könnte er jetzt noch im Bett liegen. Stattdessen ist Robert Blethen noch vor Sonnenaufgang auf dem Weg nach Rhode Island im Nordosten der USA. Der 70-Jährige soll drei Springpferde zu einem Reitturnier bringen. "Ich bin alt: Ich stehe sowieso um fünf Uhr auf. Ich mag den frühen Morgen einfach. Ich bin definitiv keine Nachteule!", erzählt er. Eine Stunde später ist die Sonne aufgegangen. Ankunft am Pferdestall. Die Besitzerin der Pferde wartet schon.

"Guten Morgen! Guten Morgen, Astor! Du bist im deutschen Fernsehen!", sagt Robert. "Fantastisch", antwortet die Pferdebesitzerin. "Hi, Annie!", begrüßt Robert und sie fragt: "Wie geht es dir?" "Gut, danke", antwortet Robert.

Rentner wie Robert händeringend gesucht

Fahrer:innen wie er sind in Amerika heiß begehrt. 80.000 fehlen schon jetzt. Bis 2030 sollen es doppelt so viele sein. "Astor wird neben dir parken. Versuche einen großen Platz zu finden!", sagt die Pferdebesitzerin und Robert entgegnet: "Ich gebe mein Bestes!" "Okay, super! Die Pferde?", fragt Annie und Robert antworete: "Ja." "Super", sagt die Pferdebesitzerin.

USA: Der Arbeitsmarkt lockt Rentner mit guten Angeboten zurück in den Arbeitsmarkt, besonders im Transportgewerbe.
USA: Der Arbeitsmarkt lockt Rentner mit guten Angeboten zurück in den Arbeitsmarkt, besonders im Transportgewerbe. | Bild: WDR

Vier Jahre lang war Robert schon im wohlverdienten Ruhestand. Doch dann brauchte sein ehemaliger Chef dringend Hilfe. Ein Fahrer war ausgefallen, Ersatz nicht zu finden. Robert packte zu. Das hatte auch mit der Liebe zu tun. Nachdem seine Frau verstarb, wurde der Witwer immer einsamer. Ihm fiel die Decke auf den Kopf. Da wirkte der Anruf des Chefs wie ein Wink des Schicksals. "Nachdem ich während der Corona-Pandemie viel Zeit zu Hause verbracht habe, musste ich einfach mal wieder raus. Die Arbeit hat meinem Leben wieder einen Sinn gegeben", erzählt Robert.

So geht es zurzeit vielen Amerikaner:innen. Sie bereuen ihren Schritt in die Rente und kehren in den Arbeitsmarkt zurück. Oft aus Langeweile – manchmal aber auch aus purer Not. Weil das Geld nicht mehr zum Leben reicht. Allein im vergangenen Jahr haben mehr als 1,5 Millionen amerikanische Rentner wieder einen Job angenommen. Sie schließen eine gigantische Lücke.

Auf jeden Arbeitssuchenden kommen in den USA zurzeit zwei offene Stellen. Im Transportgewerbe ist die Personalnot so groß, dass Speditionen ihren Fahrer:innen teilweise sechsstellige Jahresgehälter zahlen. Robert bekommt 300 Dollar am Tag. Doch Geld ist für ihn nicht alles: "Mein Bruder fragt mich ständig, ob ich die ganze Fahrerei nicht satt habe. Aber ich habe mein Leben lang nichts anderes gemacht. Wie soll ich da aufhören?"

Arbeit zu eigenen Konditionen

Sein Haus in Connecticut hat Robert Blethen abbezahlt. Jeden Monat bekommt er 2.800 Dollar Rente. Ein paar Ersparnisse hat er auch. Trotzdem kann er das zusätzliche Geld gut gebrauchen – für dringend benötigte Reparaturen und ein teures Hobby. 10.000 Dollar hat er in neue Fenster und das Garagentor investiert. Als Nächstes ist der Kamin dran.

USA: Mit seinem Rentnerjob kann Robert Blethen seine Motorradtouren finanzieren.
USA: Mit seinem Rentnerjob kann Robert Blethen seine Motorradtouren finanzieren. | Bild: WDR

Auch im Keller gibt es noch viel zu tun. Zuletzt hat er eine neue Heizung installieren lassen. In guten Monaten kann er seine Rente durch die Arbeit verdoppeln. In seiner Küche bewahrt er einen Kalender auf. Darin notiert er seine privaten Termine. Arztbesuche zum Beispiel. Vor seinen Touren macht er ein Foto von dem Kalender. Das schickt er an die Spedition. Die plant seine Touren um die privaten Termine herum. "Weißt du, was das Beste an meiner jetzigen Arbeit ist? Ich arbeite zu meinen Bedingungen. Nicht mehr jeden Tag oder 65 Stunden die Woche", sagt Robert.

Auch das ist typisch für die rückkehrenden Rentner:innen. Viele wollen am liebsten in Teilzeit arbeiten. Robert verbringt selbst seine Freizeit hinter dem Lenker. Motorradtouren auf der ganzen Welt sind seine große Leidenschaft. Auch dafür kann er das zusätzliche Geld gut gebrauchen: "Ich bin 40 Jahre lang Truck gefahren. Wahrscheinlich so um die drei Millionen Meilen. Die Motorradfahrten kommen noch dazu. Ich bin halt gerne unterwegs!“

Bis er 80 wird, möchte Robert Blethen mindestens weiterarbeiten. Und sich so einen Traum erfüllen: Noch einmal in Italien die Dolomiten überqueren.

Autor: Torben Börges/ARD Studio Washington

Stand: 23.10.2022 20:49 Uhr

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