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Ukraine: Vom TV-Star zum Präsidenten?

Ukraine: Vom TV-Star zum Präsidenten | Bild: REUTERS / Viacheslav Ratynskyi

Glänzen darf eine Präsidentennase natürlich nicht. Dreharbeiten zu Staffel drei einer der erfolgreichsten Fernsehserien der Ukraine. Ihr Star: Wladimir Selenskij – der berühmteste und beliebteste Komiker des Landes. Hier empfängt er gerade eine hochrangige Delegation. Selenskij spielt niemand anderen als: den Präsidenten der Ukraine.

Komiker will Präsident werden

"Der Diener des Volkes" heisst die Serie. Es ist die Geschichte eines kleinen Lehrers, der plötzlich Präsident wird. Der zur Arbeit radelt, der nicht korrupt ist. Ein Traum-Präsident. Vorbereitungen für die nächste Szene: Runder Tisch des Präsidenten mit den selbstbewussten und untereinander zerstrittenen Regionalfürsten der Ukraine. Achtung – und los. Die Message ist klar: es ist verdammt schwierig, Präsident zu sein. Aber am Ende wird er es natürlich schaffen, die wildgewordene Runde zu einen.

Die Schauspieler kennen sich seit Jahren. Irgendwann während der Dreharbeiten, sagen sie, hätte Vladimir sich wohl gedacht: Warum sollte er es nicht wirklich versuchen als Präsident? "Wir spielen hier doch seit Jahren in einem politischen Umfeld, wir hatten Politologen als Berater hier, wir kennen uns alle besser aus als jeder Abgeordnete, der neu ins Parlament kommt", so Aleksej Smolka, spielt den Oppositionschef.

Der Regisseur sagt, natürlich wähle ich Vladimir. Ich habe ihn doch quasi zum Präsidenten gemacht. "Was ist denn Polit-Satire? Du parodierst Leute, damit sie es kapieren und etwas ändern. Und wenn sie sich absolut nicht ändern – dann lohnt es sich vielleicht wirklich, selbst in die Politik zu gehen", findet Aleksej Kirjuschtschenko, Regisseur "Diener des Volkes".

Krise der Demokratie in der Ukraine

Ukraine: Die Wähler hoffen auf ein Ende der Kämpfe in der Ost-Ukraine
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Zelenskij will jetzt auch im echten Leben Präsident werden. Im Kiewer Wahlkampf schien es eigentlich kaum Überraschungen zu geben. Und fast nur Gesichter, die man seit langem kennt. Vor allem ihres: Julia Timoschenko. Sie versucht es schon zum dritten Mal. Ihren Wahlkampf führt sie im ganz großen Stil. Sie war schon Regierungschefin, sie hat unter Präsident Janukowitsch lange im Gefängnis gesessen – jetzt will sie es wissen. Ihr Wahlprogramm ist das detaillierteste, sie galt lange als Favoritin. Doch dann kam Zelenskij.

Zum Treffen mit uns trägt Julia Timoschenko Zopf – so kennt man sie im Westen. Auch die Ukraine erlebe jetzt eine Krise der Demokratie, sagt sie. Nicht nur bei uns, sondern auf der ganzen Welt ist es so. Die Leute reagieren auf Ungerechtigkeit. Weil in vielen Ländern immer weniger Politiker Respekt vor dem Volk haben.

Sie stehe schon immer auf der Seite des Volks, sagt sie. Deshalb glaube ich: an der Wahlurne wird sich jeder genau überlegen, ob er einen Witz wählt oder reale Lösungen. Die Ukrainer sind ein weises Volk, sie werden eine vernünftige Wahl treffen.

Grenze zwischen Kunstfigur und Kandidat verschwimmt

Ukraine: In zwei Wochen wird in der Ukraine gewählt
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In der Serie erfährt der völlig überraschte junge Lehrer eines morgens zuhause, dass er Präsident geworden ist.
Als nächstes wird er ausgestattet, soll sich eine teure Uhr auswählen, wie Putin. Für zehntausende Euro. Er will das nicht. Die Verschwendungssucht von Politikern anprangern – sowas kommt super an in der Ukraine. Dabei war das eigentlich mal sein Thema gewesen – Präsident Petro. Poroschenko war vor fünf Jahren angetreten, Korruption und Verschwendung zu bekämpfen. Doch die Reformen stocken, die Korruptionsbekämpfung auch, die Leute sind enttäuscht. Jetzt im Wahlkampf verspricht Poroschenko Wohlstand und Sicherheit. Und versucht es diesmal mit einem sehr patriotischen Motto: ... Armee, Sprache, Glaube!

Die eigene ukrainische Kirche, die eigene Sprache – das ist wichtig für ein Land, dass sich endgültig von Russland trennen will. Dass Poroschenko für die Abspaltung der ukrainischen Orthodoxie von Moskau gekämpft hat, rechnen ihm viele hoch an. Dennoch muss er jetzt sogar um den Einzug in die Stichwahl bangen.

Selenskij führt keinen Wahlkampf. Er tourt mit Comedy durchs Land, die Shows sind ausverkauft. Lachen über Politik – und über Politiker hinter gepanzerten Autoscheiben. Ein politisches Programm hat der Kandidat Selenskij nicht – er arbeite daran, sagt er. Mit Journalisten redet er fast nie. Glaubt er an den Sieg?

Für die Wähler geht es um Sieg oder Niederlage. Es geht doch nicht um mich. Sie sollen wählen, wen sie wollen. Und – ob ich bereit bin dafür? Auf sowas kann man sich doch nicht vorbereiten. Du musst, sagen wir, adequat sein. Also anständig. Dein Ziel soll nicht der Sieg sein, sondern Gutes zu tun. Dann ist es das doch. Darauf kann man sich nicht vorbereiten.

Für die Fans verschwimmt die Grenze zwischen Kunstfigur und Kandidat längst. Wir hoffen, dass er als Präsident so ist wie in der Rolle. Mit dem gleichen Verhältnis zum Volk. Und von wegen unerfahren – er sagt es doch selbst im Film: erst mal machen lassen, dann sehen wir. Zum Schluss gibt es ein noch Lied über den Morgen nach der Wahl. Der neue Präsident wacht auf und: Life ist beautiful.

Bericht: Ina Ruck/ ARD Studio Moskau

Stand: 19.03.2019 16:02 Uhr

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Westdeutscher Rundfunk
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