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Burkina Faso: Yacoubas Wunder

Burkina Faso: Yacoubas Wunder | Bild: SWR

Viele im Dorf bezeichneten Yacouba schon als Verrückten. Jahrelang versuchte er, in der Wüste Bäume zu pflanzen. Angetrieben hatte ihn das große Sterben bei den gewaltigen Dürren in den achtziger Jahren. Am Ende schaffte der Bauer in Burkina Faso ein kleines Wunder. Entwicklungshelfer hatten viele Jahre lang vergeblich den Hunger in der Sahelzone bekämpft. Doch Yacouba gelang es, einen ganzen Wald in der Wüste zu pflanzen und so den Boden fruchtbar zu machen. Er startete eine Massenbewegung. Heute empfehlen die Vereinten Nationen seine Methode zur Nachahmung.

Peter Schreiber, ARD Nairobi

Es ist ein knochentrockenes Land. Und doch wachsen auf dem Sandboden Bäume. Tausende, ja Zehntausende von Bäumen. Auf ehemals totem Land hat Yacouba Sawadogo einen ganzen Wald gepflanzt.  20 Fußballfelder groß. Mit 60 verschiedenen Sträuchern und Bäumen.

Samen in Schüssel
Yacouba pflanzt Bäume in der Wüste  | Bild: SWR

Anfangs nannten sie ihn einen Verrückten. Doch dann bewies Yacouba, wie man sogar Sandboden fruchtbar machen kann: Er hackt flache Mulden in die Erde und streut Hirsekörner hinein. So machen es die Bauern im Sahel seit Jahrhunderten. Dazu – und das ist das Neue – kommt eine Mischung aus Viehdung,  Blättern und Asche.  Der Kot der Tiere wird meist unter schattigen Bäumen eingesammelt. So kommen neben Getreidekörnern auch  Baumsamen in die Erde. Bis zu 160 Bäume können später auf einem Hektar großen Feld wachsen. Und der Ertrag steigt. „Getreide und Bäume stören sich nicht. Im Gegenteil. Die Bäume halten das Wasser in der Erde. Und sie verhindern, dass die Saat vom Wind verweht wird. Es ist eine sehr einfache Technik – und billig dazu.“

Yacouba Sawadogo
Yacouba Sawadogo in "seinem" Wald | Bild: SWR

Die Bäume sind Schattenspender für Mensch und Tier. Sie liefern Brennholz und machen das Überleben im Sahel oft erst möglich.  Was aber haben die Bauern von dem Wald? „Die Bäume speichern die Feuchtigkeit.  Und die Steine hier verhindern, dass das Regenwasser abfließt.“  Von integrierter Landwirtschaft hat Yacouba nie gehört. Er hat einfach experimentiert – 40 Jahre lang. Jetzt ist er 71 und läuft Gefahr, alles zu verlieren.  Das Land, so steht es in einem Brief der Regionalverwaltung, gehöre ihm nicht. Das Land müsse geräumt, die Hälfte des Waldes abgeholzt werden. „Mir geht es nicht um mich“, sagt Yacouba. „Die Bäume, die ich gepflanzt habe, werden sowieso erst Früchte tragen, wenn ich tot bin. Alle sollen etwas von den Bäumen haben. Deshalb müssen auch alle den Wald respektieren.“

Yacouba sucht Verbündete und macht sich mit seinem Moped auf den Weg in die Stadt. Anfangs hat er allein für seine Ideen gekämpft. Inzwischen wird seine Methode auch in den Nachbarländern kopiert. Durch Mundpropaganda wurden seine Erfolge zum Selbstläufer. Mit seinem eigenen Wald aber  hat er Probleme. Auf dem Amt für Naturschutz kennt und schätzt man Yacouba. Und eigentlich sind die uniformierten Naturschützer auf seiner Seite. Nur gibt es da einen Rechtsstreit. Ein Teil des Waldes wurde von einem Onkel Yacoubas ohne dessen Wissen verkauft. Und soll jetzt zur Besiedlung freigegeben werden. Solange Yacoubas Land nur Einöde war, hat sich niemand darum geschert. Durch die Bäume aber  ist der Grundwasserspiegel gestiegen.  Immer näher rücken die Neubauten an seinen Wald heran. Wo es grünt und Wasser gibt, klettern auch die Bodenpreise.

Yacouba Sawadogo und König Naaba Kiiba
Yacouba Sawadogo und König Naaba Kiiba | Bild: SWR

Auch im Königspalast von Yatenga  wird er vorstellig. Zwar hat der traditionelle Herrscher formal nicht mehr viel zu sagen. Aber einen Salutschuss ist seine Majestät auf alle Fälle wert. Einmal die Woche trifft sich der Kronrat um König Naaba Kiiba. Ein freundlicher, alter Herr, dem auch Politiker Respekt zollen. Denn die Menschen auf dem Lande hören auf ihre traditionellen Herrscher. Yacouba gehört eigentlich nicht in diesen Kreis. Aber ihn  verbindet mit dem König eine alte Freundschaft. Was ist das Besondere an dieser Beziehung?  „Yacouba und ich – wir sind wie Brüder. Naja, ich bin ein bisschen älter als er. Aber ich kenne ihn von klein auf. Wir haben uns nie aus den Augen verloren und bei manchem Projekt zusammen gearbeitet.“ König und Bauer -  das ist eine Freundschaft, die vor allem auf der Liebe zu Bäumen beruht. Den Palastgarten haben sie zusammen angelegt. Die beiden Alten wissen: ihre Tage sind gezählt. Umso wichtiger ist ihnen das, was sie überleben soll: der Wald  am Rande der Wüste.

Yacoubas Erfolge bei der Aufforstung machen ihn zu einem gefragten Mann. Eitel ist er nicht, aber doch irgendwie stolz, dass die Vereinten Nationen seine Methode zur Nachahmung empfehlen. Auf einer  internationalen Konferenz der Umweltminister in Südkorea  war er ein Gastredner.  Ein Mann, der weder lesen noch schreiben kann. Aber von dem alle wissen wollen, wie sich die Sahel-Region begrünen lässt. In seinem Heimatdorf  kümmert er sich nebenbei  auch um die Kranken.  Ob Verstopfung oder Kolik – in vielen Fällen weiß er Rat. „Ich nehme die Blätter der Bäume, die Rinde, die Wurzeln  und schaue, welche Wirkung sie bei bestimmten Krankheiten haben.  Und glauben Sie ja nicht, ich wüsste alles. Ich lerne jeden Tag dazu.“ Für seine Arzneimittel verlangt er mal einen festen Preis, mal wird  erst gezahlt, wenn das Mittel wirkt.  Um Geld geht es Yacouba nicht. Seit Jahren erntet er mehr als seine Familie braucht. Immerhin 3 Frauen, 60 Kinder und Enkelkinder. Eigentlich nichts Besonderes. Der Sahel hat die höchste Geburtenrate der Welt. Und die droht alle Erfolge in der Landwirtschaft  - auch seine eigenen - zunichte zu machen. Doch darum  – sagt der 71jährige – sollen sich andere kümmern.

Stand: 15.04.2014 11:00 Uhr

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