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Spanien: Vorreiter beim grünen Wasserstoff?

Spanien: Vorreiter beim grünen Wasserstoff? | Bild: picture alliance/dpa | Jan-Uwe Ronneburger

Spanien will bei sauberer Energie ganz vorne mitmischen und internationaler Lieferant für grünen Wasserstoff werden. Dazu soll Sonnenenergie genutzt werden und es braucht Wasser – die Ressource, die ohnehin knapp ist. Der lange Weg zum grünen Wasserstoff. Die Hoffnung, bald Wasserstoff aus Spanien zu importieren – die manche in Deutschland hatten - ist sicher verfrüht, denn die Entwicklung wird wohl noch mindestens zehn Jahre in Anspruch nehmen.

Auf Mallorca fahren Busse mit grünem Wasserstoff

Spanien möchte ein Grüner Riese werden. Und da unten – auf Mallorca – lässt sich das schon besichtigen. Mit all den Problemen und Chancen. Es ist sieben Uhr morgens auf dem Hof von Palmas Busgesellschaft. Und Miguel Torrens tankt: Wasserstoff! "Es dauert zwischen acht und zehn Minuten. Und, ja, ist ziemlich simpel." 200 Busse betreibt die Gesellschaft. Fünf davon sind mit grünem Wasserstoff unterwegs. Gefördert auch von der EU. "Der Unterschied ist, man hört fast nichts. Ich mache den Bus jetzt mal an. Dann achtet auf den Sound." Und wie ist er zu fahren? "Fährt sich geschmeidig!" Dann fährt er los. Und hinterlässt, was ein Wasserstoffbus an Emissionen so ausstößt: Wasser – mehr nicht. Wenig später: Palmas Stadtautobahn und der Sound des Wasserstoffbusses. Allerdings: Wasserstoff, statt Diesel. Das kostet doppelt so viel, rund 35 Euro mehr pro 100 Kilometer. Nicht der Markt – politischer Wille ist derzeit Antreiber dieses Busses.

Bus mit Aufschrift "hidrogen zero emissions"
Fünf Busse auf Mallorca fahren mit Wasserstoff  | Bild: SWR

Noch kommt der Wasserstoff dafür vom Festland. Aber in wenigen Wochen soll diese Fabrik auf Mallorca den Energieträger liefern. Solarfelder sorgen für saubere Energie, um Wasser in den begehrten Wasserstoff und Sauerstoff aufzuspalten. Hier passiert es. Und diesem Kasten haben sie einen besonderen Namen gegeben: "Das schöne Mädchen. Hier haben wir den Elektrolysator, das Herzstück der Anlage", erklärt Enrique Iriarte Madurga. "Zunächst wird Wasser gereinigt, denn wir brauchen absolut pures Wasser. Und dann kommen hier Wasser und Elektrizität zusammen. Am Ende des Prozesses verlässt grüne Energie, Wasserstoff, die Anlage." Hier wird er bereit gemacht zur Auslieferung. Auch Deutschland träumt von Exporten aus Spanien. Jetzt geht es aber erst einmal nur um Mallorca. "Wir nehmen den Schlauch. Wenn wir im Kontrollcenter gesehen haben, das alles okay ist: Anschließen. Und dann braucht es ungefähr zehn Stunden, um diesen Transporter mit 400kg Wasserstoff zu befüllen."

Wasserstoff-Produktion verschärft Wasserknappheit

Rund 37 Kilogramm davon braucht der Bus am Tag. Aber auch dieses Hotel an der Playa de Palma wird künftig beliefert. Gebaut wird der Speicher im Herbst. "Wir brauchen alle zwei Tage eine Lieferung mit grünem Wasserstoff", sagt Klima-Manager Álvaro Sánchez López. "Hier kommt der Container reingefahren, wird angeschlossen und füllt unseren Speicher auf." Sie wollen damit vor allem Wasser erhitzen. Ein Pionier-Betrieb. Finanziell lohnt es sich nicht. Aber: "Das ist eine Wette auf die Zukunft. Eine Strategie. Nicht für diesen Moment – sondern für das, was kommt. Wir glauben, Tourismus ist bald entweder nachhaltig. Oder es wird keinen Tourismus mehr geben."

Anlage zur Produktion von Wasserstoff
Hier wird viel Wasser benötigt  | Bild: SWR

Auch der Hafen von Palma will Wasserstoff abnehmen. Und doch: Auf Mallorca sind nicht alle begeistert, von der Wasserstoff-Fabrik im Zentrum der Insel. "Im vergangenen Jahr hatten wir hier Einschränkungen beim Wassergebrauch", sagt Margalida Ramis von der Umweltschutzgruppe GOB. "Schwimmbäder durften nicht mehr befüllt, Gärten nicht bewässert werden. In dieser Situation einen solchen Wasserverbraucher hinzuzubekommen. Das ist sehr kurzsichtig." Die Betreiber sagen: Sie könnten auch entsalztes Meerwasser zur Wasserstoff-Herstellung nehmen. Doch das geht natürlich nicht im ganzen Land.

Hürden auf dem Weg zum Wasserstoff-Produzenten

Ortswechsel. Spaniens größte Wasserstoff-Anlage steht im trockenen Landesinneren, wo der Streit ums Wasser längst begonnen hat. Zwar gibt es hier viel regenerative Energie, sehr wichtig zur nachhaltigen Herstellung von Wasserstoff. Aber: Es gibt wenig Wasser. Und das nutzt in diesen Dürre-Zeiten vor allem die Landwirtschaft, um weitere Ernteausfälle zu vermeiden. "Das wird ein Konflikt", meint Ignacio Urbasos, Energie-Experte beim El Cano Institut. "In Spanien gibt es die billigste erneuerbare Energie im Landesinneren. Aber keinen Zugang zu Meerwasser und nur relativ begrenzten Zugang zu Abwasser. Im Binnenland wird es also wahrscheinlich einen direkten Konflikt um Wasser geben." Meerwasser, Abwasser – zur Herstellung von Wasserstoff: Das zeigt, wie knapp Wasser in vielen Teilen Spaniens ist. Die vergangenen viel zu trockenen Monate haben veranschaulicht, wie zerbrechlich der Traum sein könnte, Grüner Riese zu werden. Das könnte auch Folgen für Deutschlands Pläne haben, Wasserstoff aus Spanien zu bekommen.

Mann betankt Bus mit Wasserstoff
Wasserstoff tanken ist noch sehr teuer | Bild: SWR

Zurück auf Mallorca. Hier gibt es eine weitere Herausforderung für die Produktion größerer Mengen Wasserstoff. Das derzeit benutzte Brunnenwasser ist sehr mineralhaltig. Es muss intensiv aufbereitet werden. Für die dabei verbleibenden Reste muss hier noch ein Becken ausgehoben werden. Eine von vielen kleinen und großen Herausforderungen. Es ist schwierig, sich ein Szenario vorzustellen, bei dem im nächsten Jahrzehnt große Mengen an Wasserstoff exportiert werden. Wir müssen wahrscheinlich eher an die 2030er, 2040er Jahre denken. Allein ein Blick nach Mallorca zeigt: Es braucht viel Subventionen, Pionier-Geist und Wasser, um Wasserstoff als Energieträger auch nur lokal an den Start zu bringen.

Autor: Sebastian Kisters, ARD-Studio Madrid

Stand: 18.06.2023 21:21 Uhr

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