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Frankreich: Umstrittene Vorsorge für Trockenzeiten

Frankreich: Umstrittene Vorsorge für Trockenzeiten | Bild: SWR

Im Westen Frankreichs entstehen riesige Speicherbecken, in die im Winter Wasser gepumpt wird. In den Sommermonaten können Bauern dann ihre Felder damit bewässern. Für die Regierung Frankreichs ist ihr "Wasserplan" ein Weg in die Zukunft. Doch darüber ist ein riesiger Streit entbrannt. Gegner bemängeln, dass dadurch der Grundwasserspiegel noch weiter absinke - und das Allgemeingut Wasser privatisiert würde. Außerdem führe das nicht dazu, dass Bauern Wasser sparen.

Wasser aus künstlichen Becken

Eine Demonstration im Westen Frankreichs eskaliert. Der Auslöser: Riesige Becken, in denen Wasser gespeichert wird. "Es ist eine Lösung von vielen", sagt Vincent Bretagnolle vom Nationalen Forschungsinstitut CNRS. "Das Problem ist, dass sie momentan als die einzige gesehen wird." Aus den Becken werden Bewässerungsanlagen für die Landwirtschaft gespeist. "Ohne das hätten wir nicht genug Futter, um unsere Tiere zu ernähren", sagt Landwirt Yan Dubs. Sieben Uhr morgens. Frühstückszeit im Stall in Nalliers im Westen Frankreichs. Die Kühe von Landwirt Yan Dubs haben Hunger. "Wir haben immer gutes Futter dank unserer Bewässerung. Wenn wir die nicht hätten, wäre das viel schlechter." Und nur mit gutem Futter geben die Kühe auch gute Milch, davon ist Dubs überzeugt. In seiner Ferme de Nermoux produziert der Biobauer Milch für die Herstellung von Käse. "Wir melken 650.000 Liter Milch im Jahr von durchschnittlich 85 Kühen."

Großes Wasserbecken für die Landwirtschaft
Im Winter befüllt, im Sommer auf die Feld gesprüht  | Bild: SWR

Und nur mit guter Milch könne er guten Käse herstellen. Auch deshalb ist ihm die Ernährung seiner Kühe so wichtig. Die Gegend hat recht kalkhaltige und trockene Böden. Deshalb bewässert er einen Teil seiner Felder. "Wir bewässern etwa 80 Hektar. Wir gießen ganz unterschiedliche Pflanzen, auch unsere Futterpflanze Luzerne für unsere Tiere." Von hier kommt er 95 Prozent seines Wassers: Aus einem solchen künstlichen Becken. Im Sommer wird von hier das Wasser auf seine Felder gepumpt. "Das ist ein Reservoir, was im Winter befüllt wird. Das Wasser wird durch Brunnen, die überall in der Gegend verteilt wird, sind, aus den Grundwasservorräten nach oben gepumpt. Es gibt strenge Regeln, wann man das Grundwasser überhaupt entnehmen darf." Nur wenn die Grundwasserreserven ausreichend gefüllt sind, darf überschüssiges Wasser entnommen werden, das sonst im Meer versickert. Dass Speicher in Frankreich so in Verruf geraten sind, ärgert Dubs. Die Systeme seien unterschiedlich.

Privatisierung des Wassers

Demonstranten mit Traktoren und Plakaten
Gegen den Bau der Speicherbecken gibt es Proteste  | Bild: SWR

Nur 80 Kilometer von Dubs Bauernhof entfernt: Das idyllische 350-Einwohner-Dorf Sainte-Soline. Der Ort, der im Land zum Symbol für den Kampf ums Wasser geworden ist. Im März reisen tausende Demonstranten an, um gegen den Bau eines riesigen Speicherbeckens zu demonstrieren. Das, was von außen so unscheinbar erscheint, soll bald 250 Olympia-Schwimmbecken Grundwasser speichern – betrieben von einer privaten Initiative, an der nur ein kleiner Teil der Landwirte in der Region angeschlossen ist. Für die Gegner kommt das einer Privatisierung des Wassers gleich und fördert eine industrielle Landwirtschaft, die die knappe Ressource weiter erschöpft und zu viel Wasser verbraucht. Es kommt zu heftigen Zusammenstößen mit vielen Verletzten.

Der Wissenschaftler Vincent Bretagnolle forscht seit Jahren zum Thema Wasser in der Landwirtschaft. Dass die französische Politik vor allem auf Speicherbecken setzt, findet er problematisch. "Das ist ein sehr technischer Ansatz. Aber: So ein Becken zu bauen, kann rund vier Millionen Euro kosten. Um Wasser zu pumpen, braucht man auch Strom. Das bedeutet also den Einsatz von Ressourcen und Geld." Wichtig sei, das Grundproblematik anzugehen. Naturbelassene Orte wie diese hier seien in den letzten Jahrzehnten zunehmend verschwunden. Dabei seien diese extrem wichtig, um Wasser in den Böden zu binden. "Wir müssen das Ökosystem verbessern. Das heißt: Wir müssen wieder Wiesen und Weiden schaffen. Wir haben in den letzten 50 Jahren fast drei Viertel verloren. Aber das hilft, Wasser zu speichern und Grundwasserreserven aufzufüllen. Das gleiche gilt für Hecken und Bäume."

Wassereinsparung dank Regulierung

Heute werden Erbsen bei Bio-Bauer Dubs bewässert. Das Beckensystem, an das er angeschlossen ist, ist anders als in Sainte Soline öffentlich – und steht allen Landwirten in der Region offen. Gerade wurde sein Wasserverbrauch um 20 Prozent reduziert. "Uns wird jedes Jahr eine bestimmte Wassermenge zugewiesen. Wässern dürfen wir nur von April bis Ende Oktober. Wir treffen uns alle zwei Wochen mit allen Akteuren. Dann wird entschieden, ob sich die Situation verschlechtert hat und wir weniger benutzen dürfen." Bevor es die Becken gab, haben die Landwirte in der Region das Grundwasser direkt abgepumpt – mit dramatischen Folgen für den Grundwasserspiegel. Deshalb wurde hier vor 20 Jahren mit dem Bau der ersten Becken begonnen.

Bewässerungsanlage auf Feld
Das Wasser kommt von einem Speicherbecken | Bild: SWR

Diese beiden managen nicht nur die 20 Speicherbecken in der Region, sondern die gesamte Wasser-Versorgung. Studien über die Auswirkungen der Becken auf den Grundwasserspiegel gibt es bisher wenige. Durch den ganzheitlichen Ansatz beobachten sie hier aber einen positiven Effekt. "Dank der Wasserspeicher und der strengen Regulierung konnten wir 60 Prozent der Wasserentnahme reduzieren im Vergleich zu den 90er Jahren", erklärt Arnaud Charpentier, Mitarbeiter der Wasserverwaltung Vendée, Sèvres, Autizes. "Und der Grundwasserspiegel liegt auch 2 bis 3 Meter höher als damals." Bauer Dubs ist überzeugt: Die Becken seien nicht per se schlimm, es komme einfach drauf an, wie sie gemacht sind.

Autorin: Friederike Hofmann, ARD-Studio Paris

Stand: 18.06.2023 19:57 Uhr

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