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Schottland: Moore als CO2-Killer

Schottland: Moore sollen geschützt werden – Wildhüterin Megan Rowland schützt die Landschaften
Schottland: Moore sollen geschützt werden – Wildhüterin Megan Rowland schützt die Landschaften | Bild: WDR

Sie sind ganz klein, die Pflänzchen, aus denen sich über Jahrhunderte die Hochmoorlandschaft im Norden Schottlands gebildet hat. Das Flow Country, Teil der größten Moorlandschaft Europas. Megan Rowland ist Wildhüterin hier, ihre Hauptaufgabe, die Hirsche im Auge zu behalten und sie auch immer wieder zu schießen, denn Rehe und Hirsche zerstören die wertvollen Moore, wenn sie zu zahlreich werden. "Ein Moor sieht so stabil aus, aber es ist ein sehr empfindliches Biotop. Schon zu viele Menschen die darüber laufen, können es zerstören, und Hirsche sowieso, oder Schafe", sagt sie.

Denn sobald das Moor dadurch austrocknet,  beginnen Prozesse, die Kohlenstoffe freisetzen, die zuvor im Boden gebunden waren. Wie aber absorbieren die Moorpflanzen diese Kohlenstoffe? "Sie ernähren sich von CO2, so wachsen sie. Und dann wird das im Boden mit ihnen versenkt, wenn sie verrotten, aber nur solange das Moor feucht genug ist. Ich zeig euch die mal, so sehen sie aus. Sie verändern die Athmosphäre, einfach indem sie sich von CO2 ernähren", erklärt Megan.

Einen Fehler wieder gutmachen

An manchen Tagen ist Megan stundenlang unterwegs, bis sie die Tiere findet, die auch offiziell zum Abschuss freigegeben sind: "Für viele hier war das seltsam am Anfang, zu realisieren, dass das Moor so wertvoll für das Klima ist. Manche haben lange gedacht, es sei am besten für die Umwelt, auf dem Moor Bäume zu pflanzen, aber die Idee war – wie wir jetzt wissen – genau falsch, und die Wissenschaft sagt das auch."

Denn Bäume trocknen die Moore allmählich aus und zerstören sie so ebenfalls. Ganze Wälder werden deshalb nun wieder gefällt und abtransportiert. Sandy hat sie erst vor einigen Jahren hier gepflanzt, für die Umwelt, wie er damals dachte: "Ich finde das alles sehr verwirrend und hoffe, die Expert:innen wissen diesmal, was sie tun. Erst haben sie uns gesagt, wir sollen Bäume auf dem Moor pflanzen, jetzt sollen sie wieder raus aus dem Moor. Ja klar, damit die Kohlenstoffe in der Erde bleiben, klar." Finanziert wird das Ganze von der schottischen Regierung, die sich auf der Basis wissenschaftlicher Untersuchungen dazu entschlossen hat.  

Ein aufwendiges Unterfangen

In dieser Jagd-Lodge lebt Anson McAulan, der Manager dieses Teils des Flow Country. Bei ihm zu Besuch ist Roxane Anderson, eine der Wissenschaftlerinnen, die die Regierung von dem Projekt überzeugt hat und Anson dabei jetzt fachlich berät. "Hier oben im Flow Country binden die Torfmoore mehr Kohlenstoff – auf nur 4000 quadratkilometer – als alle Wälder Großbritanniens, Deutschlands und  Frankreich und  zusammen. Es ist wirklich schwer zu begreifen, aber es gibt einfach keinen besseren Kohlenstoff-Speicher als ein Moor", erzählt die Wissenschaftlerin.

Schottland: In Schottland gibt es die größten Moore Europas
Schottland: In Schottland gibt es die größten Moore Europas | Bild: WDR

Das aufwändigste Projekt hier ist derzeit das Entfernen unzähliger Abflussgräben, die vor Generationen angelegt wurden, um die Moore trockenzulegen und so hier mehr Land zu gewinnen.  Mit einem Bagger werden diese alten Gräben jetzt aufgebrochen und dann mit dem vorhandenen Torf so verstopft, dass das Wasser nicht mehr abfliessen kann. Seit sieben Jahren begleiten Anson und Roxanne diese mühselige Kleinarbeit, die, wenn sie gelingt, aber unmittelbar Wirkung zeigt: "Das Wasser staut sich dann zurück und sobald das Torf wieder unter Wasser ist, werden auf der Stelle keine Kohlenstoffe mehr freigesetzt. Und da es sich hier um solche Mengen an Kohlenstoff handelt, die wir versenken, ist das wirklich das wichtigste und entscheidendste, was wir als Schotten derzeit für das Klima tun können."

Erste Erfolge sind bereits sichtbar

380km Gräben haben sie so bereits geblockt, mit Erfolg. Wenn abends das Licht gut steht, kann man das Wasser jetzt wieder überall glitzern sehen auf dem Flow Country. Kurz vor Sonnenuntergang treffen wir auch Megan wieder, die die Hirsche gefunden hat, die sie gesucht hat. Sie war eigentlich einmal Vegetarierin, dieser Teil ihres Jobs fällt ihr schwer. "Ich mag das Töten nicht, es ist traurig. Ich kann es nicht anders sagen. Aber es ist auch das Gefühl, dass es das richtige ist, und dass ich es gut mache und so für hochwertige Nahrung sorge", sagt sie.

Heute ist sie auch selber Fleisch, wenn auch selten. Geschossen wird nur zu bestimmten Jahreszeiten wie jetzt im Herbst und auch nur in bestimmten Gegenden, in denen das Moor besonders gefährdet ist. Es dauert eine Weile, bis sie das erlegte Tier gefunden haben. Die Innereien werden dann direkt an Ort und Stelle entfernt und für die Vögel liegen gelassen. Megan hat ihren Frieden damit gemacht. "Es ist eine sehr umweltfreundliche Art, Eiweiß zu sich zu nehmen und so eben auch ein positiver Beitrag, unser Moor hier zu erhalten", sagt Anson.

Es wird Jahrzehnte dauern, bis diese so verletzliche Moorlandschaft ganz wiedergeherstellt ist, ein faszinierendes Biotop, das nur auf den allerersten Blick wie eine große braune Wüste aussieht.

Autorin: Annette Dittert/ARD Studio London

Stand: 31.10.2021 20:31 Uhr

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Westdeutscher Rundfunk
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