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USA: Billy Barrs Klima

USA: Billy Barrs Klima | Bild: BR
Schneemessen
Schneemessen | Bild: BR / BR

Ein Mann, seine Skier und die Weite der Rocky Mountains. Im Winter sieht Billy Barr nur selten andere Menschen: "Ich bin hier rausgezogen, weil ich mit Leuten nicht klar kam. Es war gut, dem zu entfliehen."
Und er ist geblieben, seit bald 45 Jahren. Sein Haus, fernab der Zivilisation in einem abgelegenen Tal von Colorado. Billy kam als Student hierher. Damals hat er mit dem Schneemessen angefangen. Er zeigt uns wie: Auf einer alten Kühlschranktür sammelt er den Neuschnee. Mit einem schlichten Holzstab misst er die Höhe. Dann nimmt er eine Probe und wiegt den Wassergehalt des Schnees: simpel, aber wirksam. Inzwischen hat ein Labor auch diverse technische Geräte installiert, aber Billy schwört auf seine Methode: "Ich war neugierig. Es war interessant. Ich hab hier gelebt. Das war meine Umgebung. Also habe ich mir Notizen gemacht. Ich hatte ja viel freie Zeit. Damals wohnte ich dort auf dem Hügel in einer Hütte. Die gibt es inzwischen nicht mehr. Sie war klein. Es gab keinen Strom. Und so hatte ich etwas zu tun."

Harte Winter

Die ersten Winter waren für den jungen Mann aus New Jersey extrem hart – manchmal braucht er bis in den Juni Skier, um sich fort zu bewegen. Aber er zog die körperliche Mühsal dem Leben unter Menschen vor.
Im Haus bewahrt Billy Barr die alten Notizblöcke auf: Der erste Eintrag stammt aus dem November 1973, nüchterne Bemerkungen zum Wetter – akribisch geführt. Später hat er alle Daten in den Computer übertragen, auch welche Vögel er sieht oder wann welche Tiere aus dem Winterschlaf erwachen – und das über Jahrzehnte.

Billy Barr
Billy Barr | Bild: BR / BR

Billy Barr ist aber realistisch, was die Trump-Regierung betrifft: "Natürlich könnte das von Interesse sein, aber in Washington geht es doch nur darum, ob man etwas für seine Argumentation benutzen kann. Offensichtlich kümmert es die Regierung nicht, was das Wetter macht. Für die ist das doch alles Fake News."

Billy lebt in der Nähe von Gothic. Im Winter eine Art Geisterstadt. Früher gab es hier einmal eine Silbermine. Doch seit 1928 ist der Ort ein Wissenschaftlerdorf, eine Art lebendes Labor für Biologen, aber nur im Sommer. Eher zufällig erfuhren sie von Billys Wetterdaten. Im Winter ist er hier, neben einem Hausmeister, der einzige Bewohner. Im Labor verdient er sein Geld, aber nicht etwa als Forscher: "Ich bin Buchhalter. Langweiliger geht’s eigentlich nicht, aber ich mag das; ich mag Zahlen. Und das steht schon im Widerspruch zu meinem Leben hier draußen."

Billys neueste Leidenschaft ist Cricket. Vor sieben Jahren hat er gar den Gothic-Cricketclub mitgegründet, und im Sommer wird gespielt.

Arbeit für die Wissenschaft

David Inouye
David Inouye | Bild: BR / BR

Immer wieder rufen Wissenschaftler an, wollen zum Beispiel wissen, wann er im letzten Jahr die ersten Hummeln gesehen hat. Einer ist Biologe David Inouye: Er forscht seit den 70er Jahren in Gothic und hat Billy so kennengelernt. Dieser Winter sei ungewöhnlich mild, erzählt er. Seit 1977 habe es nicht mehr so wenig Schnee gegeben. Das belegen Billys Aufzeichnungen aus den letzten vier Jahrzehnten. Der Biologe nutzt diese Daten regelmäßig für seine Forschung: "Seine Daten zeigen, dass wir immer weniger Schnee haben. Er kommt später, und er schmilzt früher. Das können wir dem sich verändernden Klima zuschreiben. Und wir wissen von Billys Beobachtungen der Tiere, dass die auch erkennen, dass sich das Klima wandelt."
Inzwischen hat Billy Barr sogar wissenschaftliche Papiere mit veröffentlicht., zum Beispiel zu den Murmeltieren. Seine Langzeitbeobachtung belegt, dass sie den Winterschlaf immer früher beenden. Der 67-Jährige selbst macht davon kein großes Aufhebens: "Das ist einfach mein Leben: mit meiner Umgebung zurecht zu kommen. Und den größten Teil macht eben das Wetter aus."

Billy Barr im Gewächshaus
Billy Barr im Gewächshaus | Bild: BR / BR

Billy hat sich in seinem Eremitendasein eingerichtet. Dank Solarenergie hat er warmes Wasser. Und im Gewächshaus zieht er frisches Gemüse: "Ich brauche Grünzeug. Und das wächst am besten: Salat, Spinat, Rübenblätter, Kohl, Mangold. Ach, Mangold habe ich dieses Jahr gar nicht gesät. Das habe ich wohl vergessen."

Der Mann im Rentenalter leistet sich inzwischen manche Bequemlichkeit: Der neue Ofen zum Beispiel. Er muss nicht mehr so oft anheizen. Aber manchmal fragt er sich, wie lange er dieses Leben noch führen kann.
Zeit für seine Rückzugshöhle – sein ganzer Stolz: sein Heimkino. Billy liebt indische Filme, auch weil sie ihm über traurige Momente hinweghelfen: "Manchmal fühle ich mich einsam. Klar, aber das würde mir wahrscheinlich woanders auch so gehen. Es war viel härter, in der Stadt einsam zu sein, wo ich von Menschen umgeben war, als es das hier draußen ist."

Eine Legende will Billy Barr nicht sein. Er lebe doch einfach nur sein Leben. Doch im Forschungsort Gothic haben sie inzwischen das Gemeindezentrum nach ihm benannt.

Autorin: Claudia Buckenmaier, ARD Washington D.C.

Stand: 19.02.2018 00:41 Uhr

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Bayerischer Rundfunk
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