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Kongo: Die Rebellenkönigin

Kongo: Die Rebellenkönigin | Bild: NDR
Fanette Umuraza kämpft für die Rebellen im Kongo.
Fanette Umuraza kämpft für die Rebellen im Kongo. | Bild: NDR

Der Nordosten des Kongos wird von der Rebellengruppe M23 beherrscht. In Rumangabo, einem kleinen Dorf, ist ihr Hauptquartier. Vor etwa einem Jahr hat M23 die Region erobert und die Regierungsarmee vertrieben.

Major Fanette Umuraza ist die einzige Frau in der Führungsebene der Rebellen und wird die "Königin der M23" genannt. Sie scheint beliebt zu sein, zumindest respektiert zu werden.

"Wir Frauen müssen zusammenhalten"

Sie hat ihre ganz persönliche Mission: Sie will Frauen an die Front bringen, Kämpferinnen für die M23 rekrutieren. Frauen in Uniform - das ist auch bei den Rebellen ungewöhnlich. Seit knapp 20 Jahren wird im Osten des Kongos gekämpft. "Es wird immer gesagt: Wir Frauen leiden. Wir werden geschlagen, wir werden vergewaltigt. Ich sage euch: Ihr müsst euch dagegen wehren. Ich bin doch auch eine Frau und ich kämpfe. Wir Frauen müssen zusammenhalten, gemeinsam sind wir stärker als alleine“, sagt Fanette Umuraza.

Als Kind mussten sie mit ihrer Familie vor den Hutu fliehen. Fanette ist eine Tutsi. Sie ist in einem Flüchtlingscamp in Ruanda aufgewachsen. Eine harte Kindheit. Ist dort die Entscheidung gefallen, sich den Rebellen anzuschließen? "Ja, da habe ich meinen Entschluss gefasst. Ich und die anderen im Camp, wir wollten für unsere Rechte kämpfen. Wir haben uns den M23 angeschlossen, um etwas zu verändern."  

M23-Rebellen keine Kuscheltruppe

Rebellen im Kongo auf einem Lastwagen
Rebellen im Kongo auf einem Lastwagen. | Bild: picture alliance / AP Photo

Fast alle M23-Rebellen sind Tutsi. In der Provinz Nord-Kiwu fühlen sie sich zuhause. Die Regierung würde sich um nichts kümmern, sagen sie. Es gäbe keine Straßen, keine Krankenhäuser und nur Armut. Deshalb wollen sie die Region kontrollieren. Eine Region, die reich an Bodenschätzen ist. Es ist auch ein Kampf um Vorherrschaft und um Geld.

Doch die Menschen in Rumangabo haben nichts davon. Von den Bodenschätzen nicht und von den Rebellen nicht. Im Gegenteil: Vor zwei Wochen wurde ihr Dorf von der Regierungsarmee bombardiert. Das Ziel waren die M23, gestorben sind drei Zivilisten.

Unbemerkt wollen wir mit den Menschen darüber reden. Nur wenige trauen sich. "Wir wollen Frieden. Wir lieben die M23. Und wenn jemand anderes kommt, werden wir ihn lieben. Wir können sie ja nicht bekämpfen", sagt eine Bewohnerin. "Was sollen wir denn machen? Wo sollen wir hingehen? Wir kommen von hier. Für uns gibt es keine Alternative. Das sind jetzt unsere Führer. Sie müssen uns beschützen", sagt ein Mann.

Als Fanette bemerkt, dass wir mit den Dorfbewohnern sprechen, wird es ungemütlich. Sie will genau wissen, was wir gefragt haben. Der Mann ist sichtlich eingeschüchtert. Und uns macht sie klar, dass wir besser stillhalten sollen. Wir leben hier in Angst und Schrecken, sagen uns die Menschen später.

Die M23 ist keine Kuscheltruppe. Sie ist straff organisiert - militärisch und zivil. In ihrem Gebiet haben sie Ministerien, stellen den Bürgermeister oder den Polizeichef. Fanette ist sogenannte stellvertretende Ministerin für Frauen und Soziales. Ein Schuldirektor bittet sie um Hilfe, seine Dorfschule sei beim letzten Regen davongeschwemmt worden. Ob sie ihm beim Wiederaufbau helfen könne. "Wir werden eine Truppe dafür zusammenstellen. Wir haben kein Geld aber wir sind jung und stark. Wir werden ihm gemeinsam helfen, die Schule wieder aufzubauen."

Eine Werbemaßnahme? Fanette weiß, sie muss Sympathien gewinnen. Denn zurzeit mehren sich Berichte über Zwangsrekrutierungen und Vergewaltigungen. "Bei uns gibt es keine Vergewaltigungen. Sonst wären doch keine Frauen bei den M23. Ich glaube das nicht. Damit will man uns schlecht machen. Das ist nicht möglich."

"Vergewaltigung ist eine Waffe im Krieg"

Frauenrechtlerin Justine Masika
Frauenrechtlerin Justine Masika kümmert sich um vergewaltigte Frauen. | Bild: NDR

Dem wollen wir nachgehen. Auf der anderen Seite der Front treffen wir Frauenrechtlerin Justine Masika. Inmitten eines Flüchtlingscamps hat sie ein Frauenhaus für Vergewaltigungsopfer eröffnet. Justine erzählt, die Frauen seien vor den unterschiedlichsten Rebellengruppen hierher geflohen, auch vor den M23. Und dass jede einzelne einen Albtraum hinter sich hat.  

"Im Kongo ist die Frau heilig. Wenn eine Ehefrau vergewaltigt wird, verliert ihr Mann seine Stärke. Vergewaltigung ist bei uns deshalb eine Waffe im Krieg", sagt Justine Masika.

In dem Frauenhaus ist das älteste Vergewaltigungsopfer 89 Jahre alt, das jüngste zehn Monate. Keine der Frauen traut sich zu sagen, wer ihre Peiniger waren. Die Angst hat sich tief eingegraben.

In Antoinettes Dorf sind eines Nachts Männer in Uniform gestürmt und haben alle Frauen und Kinder vergewaltigt, Haus für Haus. "Mich haben zwei Männer in Uniform hinters Haus gezerrt. Ich weiß nicht, ob es die Rebellen oder die Armee war." Einzelne M23-Soldaten sollen auch vergewaltigt haben. Das hören wir allerdings erst, als wir die Kamera ausschalten. Beweisen können wir es nicht.

Menschen haben Soldaten satt

Fanette glaubt nicht daran. Oder will es nicht wahrhaben. Vielleicht, sagt sie irgendwann leise, seien einige ihrer männlichen Soldaten nicht ganz so gebildet. Genau dafür brauche die M23 Frauen in ihren Reihen. Daran arbeite sie. "Mein Vorbild ist Jeanne d’Arc. Ich bewundere sie, sie hat Wunder bewirkt, sie beeindruckt mich sehr. Sie hat alles getan, um ihr Land zu retten, sie hat alles gegeben für ihr Land."

Fanette glaubt fest daran, dass sie für die richtige Sache kämpft. Die Menschen hier jedoch haben den Krieg satt, sagen sie uns. Sie haben Soldaten wie Fanette satt. Dass sie eine Frau ist, ändert daran gar nichts. Sie wollen vor allem Frieden.

 Autorin: Shafagh Laghai, ARD-Studio Nairobi

Stand: 15.04.2014 11:04 Uhr

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