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Demokratische Republik Kongo: Eleganz im Elend

Demokratische Republik Kongo: Eleganz im Elend | Bild: BR / Sabine Bohland

Prada, Gucci, Jean-Paul Gaultier, Versace – keine Namen, die im afrikanischen Alltag eine große Rolle spielen. Doch für die "Sapeurs" haben sie fast religiöse Bedeutung.

Sapeurs unterwegs
Sapeurs unterwegs | Bild: BR / BR

Barbara Kasende geht mit einigen Freunden flanieren – in Kinshasa, Hauptstadt der krisengeschüttelten Demokratischen Republik Kongo. Sich zu präsentieren, ist ein wesentlicher Bestandteil des "Berufs" der Sapeurs. Barbara Kasende ist eine der wenigen Frauen in diesem Metier. "La Sape", das steht für "Gesellschaft der Unterhalter und der eleganten Personen".

Nur wenige Läden in Kinshasa führen europäische Luxuslabels – oder die entsprechenden Fälschungen aus China. Barbara Kasende: "Sapeuse zu sein ist ganz schön schwierig." Aber es ist ihr Job. Und der bedeutet: gut und elegant angezogen zu sein, mit Kleidern, die so viel kosten, wie die meisten Kongolesen nie verdienen.

Barbara Kasende
Barbara Kasende | Bild: BR / BR

Die Sapeurs versuchen, sich in ihrer Auserlesenheit gegenseitig zu übertrumpfen. Es ist so wichtig, gut angezogen zu sein, sagt er. Ist das nicht zynisch in so einem armen Land? Barbara Kasende: "Ich habe in meinem Leben schon viel durchgemacht, genau wie die meisten Kongolesen. Aber ich habe mir fest vorgenommen, nicht immer zu leiden. Ich wollte eine wichtige Person der Gesellschaft werden. Und das bisschen, das Gott mir gibt, teile ich mit anderen."

Matete ist ein berüchtigter Stadtteil von Kinshasa. Hier herrschen Kriminalität – und bittere Armut. "Sapeur, sapeur!", rufen die Leute. Alle kennen Barbara Kasende in Matete. In ihrem Wohnviertel ist sie weit und breit die einzige Vertreterin der Sape-Bewegung. Ein DVD-Verkäufer: "Als sie hierher zog, dachten viele, sie ist verrückt. Aber nach einer Weile haben wir verstanden, dass sie einfach so ist. Und wir akzeptieren sie."

Barbara Kasende mit Fans
Barbara Kasende mit Fans | Bild: BR / BR

Eine Strohmatte als roter Teppich. Die Frauen jubeln Barbara zu wie Groupies einem Popstar. Eine junge Frau ist begeistert: "Wir sind sehr stolz auf sie und niemand zweifelt an ihrem guten Ruf; falls doch, sollte derjenige hier abhauen." Eine Marktfrau freut sich: "Ich würde mich auch ab und zu gerne so anziehen. Ich wünschte, meine Kinder würden so wie sie – sie ist so schön!"

Barbara Kasende wuchs als Waisenkind bei der Großmutter auf. Essen war oft knapp. Das Geld reichte kaum für die Schule. Als ihr Bruder ein Sapeur wurde, wollte auch Barbara dabei sein: "Ich möchte den Menschen einfach ein wenig Wertschätzung geben. Ich möchte sie stolz und glücklich machen. Auch wenn das hier ein Slum ist, lebe ich gerne hier. Und ich habe dieses Viertel auch ein bisschen berühmt gemacht."

"Chez Barbara" – gemeinsam mit ihrem Mann betreibt die Berufselegante eine Bar. Auch das ein Ort, um sich vom harten Alltag abzulenken – mit selbstgebrautem Schnaps und kongolesischer Musik.

Heute treffen sich die Sapeurs, um den Todestag des Gründers der Sape-Bewegung zu feiern. Fans, Reporter und Neugierige sind gekommen – und natürlich Barbara. Die meisten Sapeurs und Sapeuses sind auf Spenden ihrer Fans in In- und Ausland angewiesen. Alles, was sie bekommen, wird für Kleidung ausgegeben. Ein Sapeur: "Auch wenn es manchmal schwierig ist: ich verzichte lieber auf Essen als auf meine Kleidersammlung." Mehrere hundert Euro stecken die Sapeurs oft in ein Designer-Jackett oder ein paar Schuhe, selbst wenn es nur Second Hand-Ware ist…

Mama Georgine
Mama Georgine | Bild: BR / BR

Der Schuhputzer ist zufrieden: "Ich finde es nicht schlimm, dass sie viel Geld für Schuhe ausgeben. Im Gegenteil. Schaut mal, wie schön die jetzt glänzen!" Mama Georgine ist nicht wegen der Sapeurs gekommen, sondern um ihr Gemüse zu verkaufen: "Für mich ist das Zeitverschwendung. Die machen das doch nur, weil sie keine vernünftigen Jobs haben. Wenn sich die Regierung mehr um junge Menschen kümmern würde, wäre dieser Unsinn nicht nötig."

Nach Stunden des Flanierens auf der Straße gehen Barbara und die anderen zum Grab. Groß geworden ist die Sape-Bewegung in den 60er Jahren als Protest gegen willkürliche Politik im Kongo – und als Kontrast gegen widrige Lebensumstände. Mit den Jahren haben sich zu den klassischen Dandies Punk, Streetwear sowie ein Tick Gothic gesellt – sowie, mit Verlaub, ein guter Schuss Karneval.

Ihre Designergarderobe ist Barbaras ganzer Stolz als Sapeuse. Sie hegt und pflegt sie sorgfältig und liebevoll – damit sie den Menschen in ihrem Viertel, in ihrer Stadt ein bisschen Unterhaltung und Eleganz schenken kann – dem Elend zum Trotz.

Autorin: Sabine Bohland, ARD Nairobi

Stand: 19.02.2018 00:52 Uhr

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