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Japan: Die kinderfreundliche Stadt

Japan: Die kinderfreundliche Stadt | Bild: WDR

Der Soundtrack der Jugend mag schrill sein. Aber Hauptsache, es kommt Leben in die Bude! Im fünften Stock ist wieder ordentlich was los. Die Stadtverwaltung von Akashi hat die ganze Etage frei geräumt. Hier regiert jetzt die U18. Familie Satani schätzt den Treffpunkt für Kinder und Eltern in zentraler Lage. Die Satanis sind von Tokio hierher in den Westen Japans gezogen. Beide Kinder kamen in der Provinz zur Welt. Einsam fühlen sie sich deshalb nicht. "Hier kommt man schnell ins Gespräch mit anderen und kann gut Infos austauschen. Du fühlst dich wie zu Hause", erzählt Juliane Satani.

Willkommenskultur für Familien. In Akashi setzen sie das konsequent in die Tat um. Ausgedacht hat sich das einer, der wohl selbst noch gerne Kind wäre. Der langjährige Bürgermeister Izumi. Er ließ die Kleinen toben, wo Büro- und Geschäftsräume geplant waren: "Wir haben diesen Ort in einen Platz verwandelt, an dem Familien unkompliziert ihre Zeit verbringen können, inklusive Still-Raum und Abstellplätzen für Kinderwagen. Akashi ist eine Stadt für Kinder geworden, das lässt sich hier am einfachsten erkennen. Die ganze Stadt hat sich verändert."

Kinderfreundlichkeit, die sogar die Wirtschaft ankurbelt

Japan: Familie Satani hat Tokio verlassen und lebt nun im familienfreundlichen Akashi.
Japan: Familie Satani hat Tokio verlassen und lebt nun im familienfreundlichen Akashi. | Bild: WDR

Die Tagesbetreuung ist der zentrale Bestandteil der neuen Familienpolitik. Der Kindergarten ist ab dem zweiten Kind kostenfrei. Auch die medizinische Versorgung der Kleinen wird von der Stadt übernommen. Und Kinder gibt es Akashi viele. "Also verglichen mit Tokio und anderen Städten in Japan haben die Kinder hier deutlich mehr Zeit und Gelegenheit, mit anderen in ihrem Alter zu spielen. Und das finden sie super", sagt Takaaki Satani. Der dreijährige Lyon ist hier also immer in bester Gesellschaft. Und damit er und seine Freunde auch genug qualifizierte Betreuer:innen haben, kümmert sich die Stadt gleich auch um die Erzieher:innen. Auch in Japan kein allzu gut bezahlter Job. Die Verwaltung unterstützt die Fachkräfte bei der Wohnungssuche und zahlt ihnen einen Zuschuss zur Miete. Wer lange in der Stadt bleibt, bekommt mehr Gehalt. Auch an Windeln soll es nicht mangeln: Sie werden in Akashi frei Haus geliefert, in jeden Haushalt mit Säugling.

In Akashi steigt die Geburtenrate. Im Rest des Landes sieht es dagegen düster aus. Ganz Japan wird vom Bevölkerungsschwund geplagt. Immer weniger Babies und inzwischen auch immer weniger junge Frauen. Forscher:innen sind daher skeptisch, dass Japan die Wende schaffen kann. Ein Grund für den dramatischen Rückgang: Kindererziehung ist teuer. Hier setzt Akashi an. Für Familie Satani ist der Traum vom Leben mit Kindern überhaupt erst finanzierbar geworden. In Tokio wäre das alles nicht möglich gewesen, sagen sie. Juliane Satani und ihr Mann sind beide berufstätig. Zwei Einkommen und die geringen Lebenshaltungskosten – so lernt man die Provinz lieben. Hier können sie gleich ein ganzes Haus günstig mieten. Es sind diese komfortablen Bedingungen, die den Boden für ihre Familiengründung bereiteten. In der überteuerten Großstadt war es für sie kaum vorstellbar, Kinder zu haben. So beeinflusst die Familienförderung in Akashi die Entscheidungen junger Paare. "Vielleicht werden wir sogar noch ein drittes Kind haben. Hier geht das, hier haben wir auch emotional mehr Freiraum, um darüber nachzudenken", erzählt Juliane Satani.

Japan: Auch Erzieherinnen werden in Akashi bei der Wohnungssuche unterstützt und erhalten einen Zuschuss.
Japan: Auch Erzieherinnen werden in Akashi bei der Wohnungssuche unterstützt und erhalten einen Zuschuss. | Bild: WDR

Kinder werden geboren, die andernorts im Land vielleicht nicht auf die Welt gekommen wären. Dafür wird Ideengeber Izumi gefeiert wie ein Popstar. Nicht nur wegen seiner Familienpolitik. "Das Ergebnis unserer Maßnahmen ist, dass die Familien mehr Geld ausgeben in ihrer Umgebung. Die regionale Wirtschaft wird angekurbelt, die Einkaufsstraßen wiederbelebt. So steigen auch die Steuereinnahmen. Durch die Investition in die Kinder hat sich die Wirtschaft verbessert", sagt er.

Für die Einwohner:innen von Akashi steht daher längst fest, dass diese Stadt Vorbildcharakter hat. Während anderorts in Japan Kinder zur Ausnahmeerscheinung werden. "Ich denke, wenn das ganze Land in diese Richtung gehen würde, wie sie von Akashi vorgegeben wird, dann wäre das sehr vorteilhaft", findet Takaaki Satani. Noch mehr Städte gehen in die gleiche Richtung wie Akashi. Nicht jede hat so einen quirligen Bürgermeister. Aber dass Japan einen familienfreundlichen Takt vorgibt, das wünschen sich viele.

Autor: Ulrich Mendgen / ARD Studio Tokio

Stand: 18.09.2023 12:05 Uhr

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