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Japan: Die gesündesten Schulkinder der Welt

Japan: Die gesündesten Schulkinder der Welt  | Bild: SWR

Nirgendwo gibt es so wenig übergewichtige Kinder, wie in Japan. Das belegen die Zahlen des UN-Kinderhilfswerks Unicef. Danach sind nur 14 Prozent übergewichtig, in Deutschland sind es mehr als ein Viertel der Kinder im Alter zwischen 5 und 19 Jahren. Die Gründe sind vielfältig, vor allem aber ist es wohl das gesunde, gemeinsame Mittagessen, das Teil des japanischen Schulalltags ist. Dazu kommt, dass die Kinder sich schon im Grundschulalter mit Essen beschäftigen. Sie gehen aufs Feld und bereiten Speisen zu − so bekommen sie ein ganz anderes Verhältnis zu dem, was sie essen.

Schulkinder bei der Kartoffelernte

Erstkontakt mit Mutter Erde. Das heißt: Wühlen, zerren, dreckig machen. Damit etwas auf den Teller kommt. "Die Kinder sollen Lebensmittel nicht nur aus dem Supermarkt kennen", sagt Hideko Shirai. "Hier entwickeln sie eine Liebe dazu und eine Wertschätzung dafür." Nebenan graben sie auch nach Süßkartoffeln. Was hier in die Tüte kommt, landet später im Kochtopf. Schülerin Iko auf Schatzsuche. Die Wurzeln der Taro-Kartoffel können ganz schön jucken. Aber wen kümmert das. "Heute habe ich zum ersten Mal selbst geerntet. Das hat großen Spaß gemacht." Nicht unbedingt jedem. Aber der Mensch ist robuster, als viele glauben, heißt es hier.

Schüler ernten Kartoffeln
Die Schüler ernten fürs Schulessen  | Bild: SWR

Erntetag in Grundschule Nummer 6 in Kodaira in Tokio. Für die Putzkräfte ist das ein Alptraum. Für Pädagogin Shirai ein Gewinn. Sie ist Lehrerin für Ernährung. Ein Thema an allen Grund- und Mittelschulen. Im Klassenraum werden die geborgenen Schätze zum Studienobjekt. Noch mehr Feldfrüchte aus der Region werden angeliefert. Die Schule hält Kontakt zu den Bauern am Stadtrand von Tokio. Ihre Lieferungen sind eingeplant. Denn die Schulküche kocht jeden Tag für mehr als 600 Kinder. Auch die selbst geernteten Kartoffeln landen hier. Der Schulkoch bespricht mit der Ernährungslehrerin den Speiseplan. Ausgewogen soll der Mittagstisch sein. Jeden Tag gibt es Kohlenhydrate, Fleisch oder Fisch – und Gemüse. Das Essen soll den Kindern in bester Erinnerung bleiben. "In meiner Schulzeit war das Essen ehrlich gesagt nicht so lecker", sagt Schulkoch Koichiro Oku. "Aber seitdem sind viele Jahre vergangen. Inzwischen hat sich einiges getan. Das Schulessen ist viel besser geworden."

Das Schulessen: ausgewogen, gesund und lecker

Neue Geschmacksnoten sind ausdrücklich gewollt. Diesmal also Eintopf mit Taro-Kartoffeln, die sonst nicht so oft auf dem Teller landen. Vor allem aber soll es den Kindern gut schmecken. In der zweiten Klasse hat Yui jetzt ihren Auftritt. Wie jedes Kind muss sie einmal im Monat beim Küchendienst mitmachen. Kittel und Haube sind dann vorgeschrieben. Lästig scheint die Aufgabe aber für niemanden zu sein. Schließlich haben sie für die Mahlzeit auf dem Feld gearbeitet, jetzt reißen sie sich darum, sie auch aufzutischen. Getafelt wird im Klassenraum. Es gibt gebratenen Reis mit Gemüse und Lachs mit geriebenem Rettich.

Kinder mit Schutzhauben bei Essensausgabe
Die Kinder machen auch regelmäßig Küchendienst | Bild: SWR

"Das sieht lecker aus − guten Appetit!" Etwa 600 Kalorien stecken in einer Mahlzeit, das wurde vorher berechnet. Niemand soll Essen von zu Hause mitbringen. Auch deswegen kommt Übergewicht bei Kindern in Japan seltener vor als in anderen Industrieländern. Aufessen ist erwünscht. In der zweiten Klasse gibt es keinen Protest. "Die Suppe hat genau den richtigen Geschmack!" sagt ein Schüler. Und ein Mädchen meint: "Ich möchte das gern auch zu Hause essen." Iko, die auf dem Acker so fleißig war, ist von dem Erlebnis beglückt: "Es ist toll, dass sich so viele Leute Mühe geben und die Bauern das leckere Gemüse für uns anbauen."

Tablett mit Schüsseln und Milchflasche
Ein typisches japanisches Schulessen  | Bild: SWR

So sieht ein typisches japanisches Schulessen aus: Eine Schüssel enthält Stärke, eine andere Eiweiß. Dazu eine vegetarische Beilage und Milch. Die Lehrerin dokumentiert das für die Internetseite. Mit einer Liste sämtlicher Zutaten, ihrer Wirkung auf den Körper und Eindrücken von der Feldarbeit. "Wir haben auf unserer Seite zwar keinen Gefällt-mir-Button, aber wenn die Eltern zur Schule kommen, dann sprechen sie mich häufig auf das Essen an. Dann kommen so Kommentare wie ‚Das sah ja interessant aus neulich' oder ähnlich." "Das war lecker, vielen Dank", rufen sie. Die Mission Ackergold − ein Erfolg.

Autor: Ulrich Mendgen, ARD-Studio Tokio

Stand: 13.12.2021 11:41 Uhr

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