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Israel: Eskalation im Westjordanland

Israel: Eskalation im Westjordanland | Bild: picture alliance / ZUMAPRESS.com | Shadi Jarar'Ah

Es ist fast wie ein Ritual. Nasir Abu Jeish wird den Protest anführen. Saad Ryiad verteilt palästinensische Flaggen. Jeden Freitag nach dem Gebet in der Moschee versammeln sie sich hier im Ortszentrum von Bet Dajan im Norden des Westjordanlandes. Sie wissen, dass das gefährlich werden kann.
Gemeinsam ziehen sie los. Ob es heute wieder zu Zusammenstößen mit israelischen Soldaten kommen wird? Saad Riyad hat eine Gasmaske dabei – gegen Tränengas. Sie wollen so nah wie möglich ran an die Siedlung. Sie wissen nicht, wie weit das Militär sie lassen wird.

20 Kilometer südlich – wenige Tage zuvor: Die israelische Siedlerin Tchia will genau das erreichen, wogegen Nasir und Saad protestieren. Unweit von hier hatte sie mit anderen Familien begonnen, eine Siedlung zu errichten. Nachdem israelische Behörden das Gelände geräumt hatten, demonstrieren die Siedler nun hier in diesem Zelt an der Kreuzung. Ihre Botschaft in großen Lettern – wir sind zurück: "Wir gründen eine Siedlung in unserem eigenen Land, ganz einfach. Da gibt es doch nichts zu erklären."

Siedlerleben

Tchia ist in Hebron im südlichen Westjordanland aufgewachsen – sie gehört zu einer Generation, die ihr ganzes Leben in Siedlungen verbracht haben. Nun zieht sie ihre Kinder hier auf. Für Tchia ist das nicht palästinensisches Land, sondern gottgegebenes Land für Juden: "Wir sind uns sicher, dass wir mit Gottes Hilfe bald wieder in unseren Häusern sind und dass wir mit dem ganzen Volk Israels in wenigen Wochen Pessach feiern."
Tchia ist überzeugt: Die neue israelische Regierung, die selbst teils aus Siedlern besteht, wird sie zurückkehren lassen und ihre neue Siedlung unterstützen. Kontakt zu Palästinensern hat sie nicht, sagt Tchia. Doch auf Verbindungsstraßen wie diesen treffen sie aufeinander. Immer wieder kommt es grade an solchen Orten zu Gewalt. Und die Gewalt nimmt zu wie hier im palästinensischen Dorf Huwara, durch das eine wichtige Straße für Siedler und Palästinenser führt. Die Spuren eines schweren Siedlerangriffs sind noch zu sehen. Vor drei Wochen setzten hunderte radikale Siedler Häuser und Autos in Brand – als Rache, nachdem ein Palästinenser hier zwei israelische Siedler in ihrem Auto erschossen hatte.

Zurück zu den palästinensischen Demonstranten: Sie wollen gegen die neue Siedlung auf ihrem Land protestieren. Eine allwöchentliche Prozession – mit Flaggen und Musik. Die Krankenwagen stehen bereit. Das israelische Militär wartet auch schon. Weit kommen die Demonstranten nicht. Die Soldaten versperren den Weg zur Siedlung. Es dauert nicht lang – palästinensische Jugendliche schleudern Steine, israelische Soldaten schießen mit Tränengas. Warum macht ihr das, ruft Nasir Abu Jeish. "Komm, sprich mit uns", antworten die israelischen Soldaten. Und dann sprechen sie – aber die Auseinandersetzungen gehen weiter, ändern tut sich nichts.

Nächste Woche will Nasir Abu Jeish wieder protestieren. Dann beginnt der Ramadan, kurz darauf das jüdische Pessachfest. Viele befürchten eine Eskalation des Konflikts.

Autorin: Sophie von der Tann, ARD Tel Aviv

Stand: 19.03.2023 19:40 Uhr

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Bayerischer Rundfunk
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