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Ägypten: Klimakonferenz und Zivilgesellschaft

Ägypten: Klimakonferenz und Zivilgesellschaft | Bild: SWR

Derzeit findet in Ägypten die UN-Klimakonferenz statt. Doch während die internationalen Delegierten verhandeln sehen sich die ägyptischen Umwelt- und Menschenrechtsaktivisten Repressionen durch den Staat ausgesetzt.

Umweltbewusstsein in Ägypten

Arafa Abdallah ist Nil-Fischer in dritter Generation. Doch statt Tilapia und anderen Speisefischen holt er Müll aus dem Wasser. In Zusammenarbeit mit Ägyptens Regierung säubert und sammelt die Organisation "Very Nile" hier seit Jahren, bezahlt Fischer für ihren Plastik-Fang. Die Macher sind stolz auf dieses Vorzeigeprojekt. "Es ist wichtig, so viel Plastik wie möglich aus dem Wasser zu fischen", sagt Farouk Shafei von der Umweltschutzorganisation "Very Nile". "Aber mit unserer Arbeit wollen wir auch ein neues Bewusstsein schaffen, das wir über Medien, soziale Medien und unser Freiwilligenprogramm transportieren."

Fischer auf seinem Boot auf dem Nil
Arafa Abdallah fischt Müll aus dem Nil | Bild: SWR

Nachhaltig, grün, zukunftsgewandt – so präsentiert sich Ägypten auf der Weltklimakonferenz in Sharm el Sheik. Umwelt- und Klimaschutz als nationale Anliegen. In der Nähe der Stadt Assuan: der größte Solarpark Afrikas. Aber auch das ist Ägypten: Schmutzige Kohle- und Öl-Kraftwerke, kaum öffentlicher Nahverkehr. Autoschlangen in Kairos Betonwüste – zum Opfer fällt, was für das Klima wichtig wäre. Bäume zum Beispiel. Das kritisiert diese kleine Bürgerinitiative. "Wir machen uns Sorgen um unsere Kinder", sagt Hala El Asmar von der Heliopolis Heritage Foundation. "Die nächste Generation. Was wird passieren? Die Lebensqualität in unserem Viertel ist so viel schlechter geworden. Keine Bäume, dafür verpestete Luft."

Schwere Zeiten für Klimaaktivsten beim Klimagipfel

Berechtigte und vergleichsweise harmlose Kritik. Auch die allerdings kann in Ägypten schnell unangenehme Folgen haben. Unsere Dreharbeiten: kritisch begleitet von der Polizei. Vor dem Beginn des großen Gipfels wirken die Sicherheitsbehörden im ganzen Land nervös. Dieser indische Klimaaktivist wollte einen unangemeldeten Protestmarsch starten – und landete im Gefängnis. "Bis fünf Uhr morgens haben sie mich verhört. Stunden über Stunden, die ganze Nacht wurde ich festgehalten. Sie haben mir nicht gesagt, was sie mir vorwerfen."

Polizist kontrolliert auf der Strasse
Die Polizei ist derzeit überall präsent | Bild: SWR

Hunderte Menschen seien allein in den letzten Tagen eingesperrt worden, heißt es aus Sicherheitskreisen. Die Regierung bestätigt keine Festnahmen. Präsident Sisi wolle als Gipfel-Gastgeber sein Image aufpolieren, sagen Menschenrechtler. Man solle sich aber von Grün- und Schönfärberei nicht täuschen lassen. Ägypten bleibe ein Polizeistaat ohne Platz für Zivilgesellschaft. "Allein unsere Organisation sieht sich mit drei offenen Verfahren konfrontiert, gegen mich wird ermittelt, seit 11 Jahren", klagt ein Menschenrechtsaktivist. "Ich darf nicht reisen. Mein Vermögen wurde eingefroren. Gegen drei unserer Direktoren läuft ein Verfahren wegen Terrorismus-Verdacht."

Alaa Abdel Fattah im Hungerstreik

Zu Besuch bei Laila Soueif. Die Professorin ist Mutter von Alaa Abdel Fattah, Ikone des arabischen Frühlings und der wohl berühmteste der tausenden politischen Gefangenen Ägyptens. Wegen angeblicher "Verbreitung von Falschnachrichten" sitzt der frühere Blogger seit Jahren hinter Gittern. Seit Monaten ist er im Hungerstreik. Mit Beginn der Klimakonferenz will er jetzt auch die Aufnahme von Flüssigkeit verweigern. "Er hat gesagt, dass er ab diesem Sonntag kein Wasser mehr trinken wird. So wird er es machen. Ich weiß nicht, wie lange er das überleben wird."

Fotos von Alaa Abdel Fattah auf einem Tisch
Alaa Abdel Fattah: einer von vielen politischen Gefangenen in Ägypten

Weil er auch die britische Staatsbürgerschaft besitzt, machten sich in London zuletzt seine Schwestern für Alaas Freilassung stark. Man werde sich in Ägypten persönlich für den Inhaftierten einsetzen, schreibt jetzt Großbritanniens Premierminister Sunak in einem Brief an die Familie. Mutter Laila bangt um ihren Sohn. "Ich hoffe sehr, dass sie ihn freilassen. Sie werden ihn doch nicht sterben lassen wollen, während die Klimakonferenz im Gange ist. Das wäre nicht gut für sie."

Kairo, heute Nachmittag. Kurz bevor die Staats- und Regierungschefs der Welt einfliegen, ist die Generalsekretärin von Amnesty International ins Land gekommen. Ihr Appell vor dem Gipfel: Nicht nur etwas gegen Umweltverschmutzung und Klimawandel tun, sondern auch gegen das Klima der Angst im Gastgeberstaat Ägypten.

Stand: 07.11.2022 11:38 Uhr

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