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USA: Helikopter-Jagd auf Wildschweine

USA: Helikopter-Jagd auf Wildschweine | Bild: NDR

Bewaffnet mit Maschinengewehren und freie Sicht – aber es dauert, bis sie ein Schwein erwischen. Frankie Fales und sein Vater Frank jagen gemeinsam seit Frankie sieben ist – aber so noch nie: auf Wildschweine schießen aus dem Helikopter, mit vollautomatischen Gewehren. Zwei Stunden für 3.600 US-Dollar pro Person. In Deutschland undenkbar ist es in Texas total normal. Für US-Amerikaner ist Jagen Volkssport – und diese Form für zahlungskräftige Jäger ein Erlebnis.

Wildschweinjagd auf privatem Gelände ohne Waffenschein

Am Morgen: fertigmachen im Hangar der Helikopter-Firma im Osten Texas. Sicherheitsunterweisung, Waffen austeilen, Regeln erklären. "Ihr könnt die Waffe hier oben oder da unten halten, aber schaut nicht durch den Sucher, bevor ich Euch das 'Feuer frei' Signal gebe", erklärt Taylor.

In Texas darf seit 2019 jeder auch ohne Waffenschein Wildschweine jagen. Jederzeit. So lange es auf Privatgelände ist. Frankie ist gerade 18 geworden, rückt in wenigen Tagen bei der U.S. Army ein. Die Wildschwein-Jagd per Helikopter ist das Abschiedsgeschenk seines Vaters.

"Was ist das Schwerste?", fragen wir.
Frank: "Dass die Crew uns über die Schweine bringt."
Frankie: "Sie zu finden."
Frank: "Wenn sie uns erstmal über den Tieren haben, sind die so gut wie tot. Wir werden sie alle töten."

Wildschweine breiten sich im Süden der USA rasant aus

Jagdanbieter wie die Helikopter-Firma machen aus der Wildschweinjagd ein lukratives Geschäft. Kunden freuen sich. Aber für alle anderen sind die Tiere eine Plage. Wildschweine – eingeschleppt von europäischen Siedlern – haben sich im gesamten Süden der USA ausgebreitet. Rund zweieinhalb Millionen allein in Texas, Tendenz rasant steigend. Und die stellen vor allem für Farmer ein Riesenproblem dar. Die US-Agrarindustrie beklagt jährlich Schäden von mehr als 1,5 Milliarden US-Dollar.

Auch die Ernte von Mais-Farmer Barney Homeyer bedrohen die Wildschweine. Wie Bulldozer zerwühlen sie die Erde, zertrampeln die Felder. Gut 200 Hektar Futtermais hat Barney gepflanzt. Und jetzt, wo die Kolben reif werden, kommen die Schweine. Die Schäden hier seien nur der Anfang. "Im letzten Jahr hat ein einziges Wildschwein mehrere Hektar zertrampelt. All das war flach. Und wissen Sie, was schlimm ist: sie zerknicken die Pflanzen und nehmen dann nur ein, zwei Bissen. Und dann bringen sie immer mehr Artgenossen."

Staat Texas bekämpft Wildschwein-Plage

Wildschweine in einem Gehege gefangen.
Die Wildschweine verursachen große Schäden. | Bild: NDR

Auch der Staat Texas bekämpft die Plage. Linda Tschirhart-Hejl vom Texas Wildlife Service verteilt Mais in einer großen Falle. Eine Kamera schickt ihr später Bilder aufs Handy. Sind genügend Schweine in der Falle, lässt sie die per Knopfdruck zuschnappen. "Wir versuchen, mit diesen großen Fallen möglichst die ganze Rotte auf einmal einzufangen. Nur wenn wir sie alle erwischen, hilft das, die Plage zu kontrollieren. Denn wenn Tiere zurückbleiben, lernen sie, solche Fallen zu meiden, und richten weiter Schaden an. Wildschweine sind sehr schlau."

Deswegen helfen die Jäger in den Helikoptern auch nicht wirklich, denn die erwischen so gut wie nie die ganze Rotte. Immer wieder fängt der Wildlife Service hier Tiere, tötet sie sofort. Dennoch, sagt Linda, sei auch das nur ein Tropfen auf den heißen Stein. Wildschweine sind in Amerika nicht heimisch, haben kaum natürliche Feinde. Und: Wildschwein-Sauen können zwei Mal im Jahr werfen – rund sechs Frischlinge pro Wurf.

Aus der Wildschweinplage ein Geschäft machen

Auch Joe Langley hat aus der Plage ein Geschäft gemacht. Er kauft Wildschweine von privaten Fallenstellern – für 300.000 Dollar im Jahr – und verkauft sie dann mit Gewinn weiter, an Jagdanbieter und Schlachthöfe. "Wir haben sechs private Jagd-Reviere in der Gegend, die Eber von mir kaufen. Wenn die voll sind, verkaufe ich den Rest an Schlachthöfe. Die beliefern dann Gourmet-Restaurants und verschiffen auch viel ins Ausland." Joe betreibt auch selbst ein Jagdrevier; bringt an diesem Morgen seinen Kunden Mike in Position. Den Eber, den Joe für 120 Dollar gekauft hat, nimmt Mike später für 250 mit.

Die Ranch der Langleys liegt weit weg von jeglichen Zuchtschwein-Betrieben. Nur deshalb darf Joe überhaupt Wildschweine halten. Denn die verbreiten gefährliche Viren und Bakterien. Würde beispielsweise die Afrikanische Schweinepest in solche einem Eber entdeckt, könnten auch Tausende Mastschweine gekeult werden müssen – für die schweinefleischproduzierende Industrie wäre das verheerend.

Zurück bei den Jägern im Helikopter: Die landen nach zwei Stunden wieder am Hangar. Sechs Wildschweine haben Frank und Frankie erschossen, sind zufrieden, wollen bald wiederkommen. "Ich möchte meine Frau mitbringen und noch ein paar andere und dann eine Jagd buchen, bei der wir alle sechs Sitze belegen", sagt Frank. "Es ist teuer, aber das ist es wert. Wir geben doch alle Geld aus, wo wir nicht sollten. Und dies hier ist es uns wert." Spaß haben und dabei vermeintlich Gutes tun – auf diesem Versprechen baut in Texas inzwischen eine ganze Industrie auf, setzt Millionen um. Doch die Schäden durch die Schweine sind um ein Vielfaches größer. Und es sieht nicht so aus, als ob Texas den Kampf gegen die Wildschweine überhaupt noch gewinnen kann. Dazu, sagen Experten, seien es bereits zu viele, vermehrten sich schneller, als man sie töten könne.

Autorin: Kerstin Klein, ARD-Studio Washington

Stand: 23.09.2023 21:49 Uhr

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