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Malaysia: Müllhalde für deutschen Plastikmüll

Malaysia: Müllhalde für deutschen Plastikmüll | Bild: NDR

Es klingt absurd, aber im Hafen von Penang ist es Alltag: Müll wird quer über den Globus hier her verschifft. Aus den USA, aus Japan, aus Deutschland. Mehr als 700.000 Tonnen waren es 2018. Der Zoll macht Kontrollen, Stichproben. 114 Container sind derzeit hier im Hafen. Falsch deklarierter Müll wird beschlagnahmt. Bei vielen ist formal alles in Ordnung, doch: Sehr oft ist es ein schmutziges Geschäft. Im Norden Malaysias klagen die Bewohner über schlechte Luft, nachdem zahlreiche Fabriken ohne Lizenz Müll aus den vermeintlich entwickelten Ländern aufkaufen. Es sind illegale Fabriken, angeblich viele dutzende, die plötzlich da waren, nachdem China seit 2018 keinen westlichen Müll mehr importiert.

Beißender Rauch überall

Der Plastikmüll wird verbrannt. Abgefackelt irgendwo in der Natur oder in Fabriken ohne Lizenzen, die es eigentlich gar nicht geben dürfte. "Hier drüben werden Lebensmittel produziert, aber das da ist alles importierter Plastikmüll. Sie haben ihn da hingeschüttet, um ihn nachts einfach zu verbrennen. Es stinkt nach verbranntem Plastik. Und Chemie. Das ist widerlich. Sie arbeiten noch! Hier gibt es kein Gesetz! Als hätten wir keine Regierung", erklärt Lydia Ong, eine Bewohnerin der Stadt Sungai Patani im Norden des Landes. Auf einem Schild steht, dass die Fabrik geschlossen wurde. Die Lizenz wurde schon im Mai entzogen. Doch der Müll liegt versteckt. Lydia ist Rentnerin und steckt nun all ihre Energie in den Kampf gegen den Plastikmüll aus Übersee. "Wir verbieten hier Plastiktüten und Strohhalme! Und erlauben euch, euren Müll hier herzubringen in unser Land. Das ist traurig. Das ist doch ein Witz."

Einschüchterung nach Plan

Vor einem Jahr begann das Unheil: Die Fabrik stieg ins Müllgeschäft ein. Die Betreiber verwerten einen Teil, den Rest verbrennen sie – direkt neben dem Wohngebiet. Die Regierung hat ihnen schon vor Wochen den Strom abgeschnitten, aber der Albtraum für die Anwohner hört nicht auf. Lydias Mitstreiter machen Fotos von der Fabrik. "Wir haben auch Angst vor den Schlägerbanden, die sie uns auf den Hals hetzen. Sie beobachten uns, wollen nicht, dass wir Fotos machen von der Fabrik", erzählt Azura Binti Mahadi. Wer den Mund aufmacht, wird eingeschüchtert. Wegen Husten und hohem Fieber musste sie mit ihrer Tochter ins Krankenhaus, Verdacht auf Asthma. Jetzt darf das Mädchen nur noch selten raus zum Spielen. Auch Jean Tei und ihre Tochter verbringen die Tage drinnen, mit Luftbefeuchtern, ohne Sonnenschein. Das Mädchen geht seit vier Monaten nicht mehr in den Kindergarten. "Das ist besser für sie. Sonst hat sie nach ein, zwei oder drei Tagen Fieber, Husten, die Nase läuft. Wenn sie draußen spielt, bekommt sie Nasenbluten und Atemnot", sagt Jean Tei.

Mythos Müllrecycling in Asien

Die Überreste der Konsumgesellschaften dieser Welt – abgeladen zwischen verlassenen Häusern. Von wem, das weiß hier niemand. Viele Verpackungen stammen aus deutschen Supermärkten. "In der westlichen Welt, da sehen wir Asien gern als einen Ort, wo die Menschen das weggeworfene Plastik auseinanderklauben und den guten Müll dann wiederverwerten. Aber das ist nicht die Wahrheit! Es ist ein Mythos", sagt Pavel Cech, Geschäftsführer der australischen Firma Resourceco Asia – eine der wenigen in Malaysia, in denen Plastik professionell wiederaufbereitet wird. In seiner Fabrik wird das Plastik gemischt, untersucht, geschreddert – und später für den Straßenbau aufbereitet, als Beimischung für Asphalt. Er zeigt vergammeltes oder komplett bedrucktes Plastik und laminiertes Papier. Für ihn ist klar: Wer solchen Müll nach Asien exportiert, der ist nicht naiv. "Ich sehe hier ganz viel Müll, den man gar nicht recyceln kann! Ich weiß nicht mit welchem Zauber man das wieder aufbereiten soll. Das geht gar nicht. Wer auch immer sagt, das könne man recyclen, der lügt."

Für hochallergische Menschen ist das Leben hier zur Qual geworden. Und auch Rentnerin Lydia Ong trägt draußen nur noch eine Maske, die Luft kratzt sie beim Atmen in der Kehle. "Bitte, deutsche Freunde, sagt eurer Regierung sie soll verbieten, dass euer Müll hier herkommen darf. Wir haben genug. Wir leben in einer kleinen Stadt. Wir haben hier keinen Platz für euren Müll", sagt Lydia Ong, in der Hoffnung gehört zu werden – hier, 9.307 Kilometer von Berlin entfernt.

Autorin: Angelika Henkel, ARD Studio Singapur

Stand: 19.08.2019 08:46 Uhr

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