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Südafrika: Teenager-Schwangerschaften nach Corona

Südafrika: Teenager-Schwangerschaften nach Corona | Bild: NDR

Es ist viel, was Leila Martin vor der Schule alles hinbekommen muss. Sie ist erst 17, um ihr Baby will sie sich aber auch selbst kümmern. Aber in die Schule will sie eben auch. "Es ist traurig ihn zu verlassen, aber er ist ja noch da, wenn ich wiederkommen, er kann ja noch nirgendwo hingehen." Immerhin kann Leila wieder das kleine Zimmer verlassen, indem sie mit vier Geschwistern und ihrer Oma lebt. Während des Lookdowns in Südafrika durften sie über Monate nicht raus.

Kurz nachdem der Lockdown dann aufgehoben wurde, wurde Leila schwanger. Da war sie 16. "Ich war überhaupt nicht glücklich, als ich herausfand, dass Leila schwanger war. Ich fragte sie immer: 'Wer ist der Vater des Babys? Wer ist der Vater?' Aber sie schaute mich immer nur so verschreckt an. Als das Baby da war, fragte ich wieder: 'Von wem ist das Kind?' Ein Kind braucht doch auch einen Vater”, sagt Großmutter Nomathamsanqa Brenda Martin.

Ein Freund, ein Nachbar, oder wurde Leila schwanger, weil sie vergewaltigt wurde? Sie schweigt, will Baby und die Oma nicht noch zusätzlich belasten. "Am Anfang war es wirklich schwer, weil ich Angst hatte, dass meine Großmutter nicht mit ihm zurechtkommt, sie ist jetzt ja schon sehr alt. Aber jetzt ist es besser, mein Sohn ist kräftiger und älter, jetzt können auch mal die Nachbarn auf ihn aufpassen."

Über 60 Prozent mehr Teenagerschwangerschaften

Leila ist nicht die einzige, die in ihrer Schule schwanger wurde. Über 60 Prozent mehr Teenagerschwangerschaften - das ist eine der weniger bekannten Auswirkungen der Pandemie in Südafrika. "Während des Covid-Lockdowns waren sie zuhause in ihren Hütten eingeschossen. Die schützenden Schulen standen nicht zur Verfügung. Und viele Familien verloren ihre Versorger an die Krankheit. Und viele verloren ihren Job, weil die Firmen Pleite gingen", erklärt Bertha Magoge von der Hilfsorganisation African Children‘s Feeding Scheme.

Sie mussten reagieren, meint die Direktorin der Hilfsorganisation. Normalerweise kochen sie hier für Kinder, die nicht genug zu essen haben. Diese Gruppe ist neu: 15 kommen regelmäßig. Alter: zwischen 12 Jahren und 18. Alle haben sie Kinder. Häufig wurden sie schwanger, weil ein älterer Mann sie einlud, zum Essen und dann mehr wollte und bekam. Neben praktischer Hilfe, trainieren sie deshalb Selbstbewusstsein und Stärke. "Richtige Entscheidungen treffen", nennen sie da hier. "Ich bin so wütend auf mich. Ich habe sogar darüber nachgedacht mich umzubringen, das schien die einzige Lösung für mich. Aber seit ich hierherkomme, fühle ich das nicht mehr. Ich fühle mich jetzt richtig gut – und stark. Jetzt vertraue ich auf mich und meine Stärke", sagt Leila Martin.

Pandemie hat die Allerärmsten am stärksten betroffen

Frau im Interview
Bertha Magoge von der Hilfsorganisation African Children‘s Feeding Scheme unterstützt Teenager-Mütter. | Bild: NDR

"Studien zeigen, dass Mädchen, die als Teenager schwanger werden, später viel seltener einen guten Job bekommen. Daraus wird ein Teufelskreis: Das Mädchen beendet die Schule nicht. Deshalb fassen sie als Erwachsenen nur schwer Fuß in der Gesellschaft. Und ihre Kinder werden sehr wahrscheinlich eine ganz ähnliche Karriere haben, weil sie ja in diese strukturelle Armut geboren wurden", sagt Bertha Magoge von der Hilfsorganisation African Children‘s Feeding Scheme.

Die Pandemie hat die Allerärmsten am stärksten betroffen. Wie Leila. Sie und ihrer Geschwister werden von der Großmutter aufgezogen. Die Babynahrung bekommen sie aus Spenden, sonst wäre es noch schwieriger. Sie kämpfen und die Oma tut alles, damit die Kinder in die Schule gehen. Ihre einzige Chance der Armutsfalle zu entkommen. "Ich arbeite an meiner Zukunft und der meines Kindes. Denn in meiner Hand liegt seine Zukunft. So wie ich es sehe, werde ich noch eine Menge lernen. Ich weiß noch nicht bis zu welchem Alter, aber ich werde studieren bis sie mich Doktor Leila nennen. Bis dahin werde ich unheimlich viele Dinge gelernt haben", sagt Leila.

Leila kämpft mit viel Kraft. Die erste Etappe: Die Schule zuende bringen. Schon damit würde sie beweisen, dass sie anders ist, als die Statistiken vorhersagen. Denn Mädchen, die im Teenageralter Mütter werden, machen nur selten Abitur.

Autor: Ulli Neuhoff, ARD-Studio Johannesburg   

Stand: 18.09.2022 19:00 Uhr

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