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Kongo: Illegale Abholzung – Afrikas Regenwald ist in Gefahr

Kongo: Illegale Abholzung – Afrikas Regenwald ist in Gefahr | Bild: NDR

Der Regenwald im Kongobecken ist der zweitgrößte der Welt. Hier sind riesige Mengen Kohlendioxid gespeichert, deshalb ist er unverzichtbar für den weltweiten Kampf gegen den Klimawandel. Doch der Regenwald ist in großer Gefahr. Unter anderem, da es die Regierung kaum schafft, illegale Rodungen zu unterbinden. Das Kontrollsystem in dem von Korruption gebeutelten Staat ist löchrig und die Kontrolleure haben kaum Transportmittel zur Verfügung.

In einer Kiste steckt alles, was die Waldbeobachter brauchen. Papy Bonkale und sein Team messen nach: Wie groß war der Baum genau, der geschlagen wurde. "Ein Meter Durchmesser. Der Baumstumpf ist in Ordnung. Wir finden auch geschlagene Bäume, die nur 40 oder 45 Zentimeter Durchmesser haben. Aber diese sollen doch wachsen und später unsere Kinder und Enkelkinder versorgen. Das tut weh!"

Das Team schreibt die GPS-Daten auf. Hält sich die Firma, die hier abholzt, an die Regeln? Die besagen: Zu junge Bäume dürfen nicht gerodet werden, auch nicht am Hang, bei Wasserquellen oder zu nah an den Dörfern. Mithilfe eines Smartphones schicken die Beobachter per Satelliten-Verbindung einen Alarm, wenn sie im Wald Illegales entdecken. "Es freut mich, wenn wir einen Alarm auszulösen. Es kann am Ende dazu führen, dass die Verstöße aufhören. Und das wollen wir erreichen", sagt Papy Bonkale. 81 Alarme haben sie in den letzten drei Jahren abgesetzt, mehrmals im Monat gehen die Beobachter auf Patrouille.

Experten: 90 Prozent des Holzes wird illegal oder informell geschlagen

Ein Mann schaut in die Kamera.
Papy Bonkale lebt mit seiner Familie im Wald und kämpft gegen illegale Abholzung. | Bild: NDR

Ihr Wald ist der letzte große zusammenhängende Regenwald Afrikas im Kongobecken. Die grüne Lunge des Kontinents. Doch sein Holz ist begehrt: Aus- und inländische Firmen schlagen und verkaufen die tropischen Edelhölzer. Laut einer Schätzung von Experten werden rund 90 Prozent des Holzes hier illegal oder informell geschlagen. Es gibt gesetzliche Vorgaben für die Waldnutzung, doch viele Holzfirmen halten sich nicht daran. Schon viele Konzessionen wurden im Kongo illegal vergeben. Und viele Konzerne schlagen, wo es ihnen gefällt.

Dagegen kämpfen Papy Bonkale und die anderen Beobachter. Sie leben in Dörfern mitten in diesem Wald, in der Nähe der Stadt Mbandaka. Um sie herum rodet eine chinesische Firma, auf einer Fläche etwa so groß wie das Saarland. "Natürlich, die Anwesenheit einer Firma bringt Entwicklungsmöglichkeiten mit sich, aber wenn sie sich nicht an die Regeln halten, dann ist das negativ", sagt Papy Bonkale. Labelle Bekele ergänzt: "Es ist der Mangel an Respekt, der mich wütend macht. Ich bin nicht gegen die Bewirtschaftung des Waldes. Aber die chinesische Firma hält sich nicht an alle Vorgaben."

Gerichtsverfahren: Ein Dorf gegen eine Holzfirma

Joseph Bolongo arbeitet für die lokale Hilfsorganisation GASHE. Sie betreut die Beobachter, stellt das Equipment. Bei ihm laufen auch die Daten der Alarme zusammen. "Die Zahl der offiziellen Kontrolleure reicht nicht aus, um alle Wälder des Kongo zu überprüfen. Aber die Gemeinschaften hier kennen den Wald, sie leben in ihm. Die Alarme erlauben es uns, wenn etwas Illegales entdeckt wird, diese Informationen so schnell, wie möglich, an die staatlichen Stellen weiterzuleiten", erklärt Bolongo.

Bolongo war dabei, als die Warnung eines Dorfes tatsächlich Folgen hatte. Damals filmte er alles. Im März 2019 gab es einen Hinweis auf illegales Roden: "Wir haben die Staatsanwaltschaft und die lokale Regierung informiert. Dann sind wir in den Wald gefahren. Und dort haben wir Chinesen gefunden, wie sie gerade dabei waren, Bäume zu schlagen. In einer Zone, die nicht vorgesehen ist für die industrielle Abholzung. Ohne eine Absprache mit der Gemeinschaft, die dort lebt, ohne eine Genehmigung vom Staat."

In dem Gebiet dürfen eigentlich nur die Einheimischen Holz schlagen, in kleinem Umfang. Die Delegation nahm einen der Chinesen fest, der später vor Gericht gestellt wurde. Doch trotz scheinbar erdrückender Beweislast, am Ende wurde er mit dem Verweis auf eine Strafzahlung freigesprochen. "Das Verfahren hat sich nicht entwickelt, wie es sollte. Gerichtsprozesse funktionieren hier nicht immer gut. Die Zivilgesellschaft hat dann einen Einspruch formuliert und die Papiere werden weiter überprüft", sagte Joseph Bolongo. Sie vermuten politische Einflussnahme. Trotzdem werten sie den Prozess als Erfolg, denn es war das erste Mal im Kongo, dass ein Dorf auf diesem Weg eine Holz-Firma vor Gericht bringen konnte.

Trotz Freispruch war es ein kleines Zeichen der Hoffnung,  auch für die Dorfgemeinschaften im Wald und den Beobachter Papy Bonkale und seine Familie. Ihr Leben hier ist sehr einfach: Es gibt keinen Strom, kein fließendes Wasser, keinen Handy-Empfang. "Es ist unmöglich für mich, meinen Kindern und meiner Frau Kleider und Sachen zu kaufen. Beleuchtung für das Haus – das kann ich mir nicht leisten", sagt Papy Bonkale.

Alarm gegen Abholzung und Korruption

Gerodete Fläche auf der Holzstämme liegen.
Viele Holz-Konzerne schlagen, wo es ihnen gefällt.  | Bild: NDR

Immerhin zu Essen gibt ihnen der Wald genug. Bonkale hat sechs Kinder. Die Familie ist nicht prinzipiell gegen die Holzfirmen. Denn wenn die Unternehmen hier Bäume fällen, müssen sie eigentlich Sozialleistungen bezahlen, Geld für beispielsweise Krankenstationen und Schulen geben. Eine willkommene Hilfe für die Familie. Doch in der Praxis roden Firmen immer wieder, ohne mit den Dörfern Vereinbarungen zu treffen. Oder sie zahlen nicht.

Und manchmal sind nicht die Unternehmen das Problem, sondern die eigenen Leute: So wie an einer Schule, die nicht fertig gebaut wurde. Keiner wusste, warum. Dann hat Papy Bonkale auch hier einen Alarm abgesetzt, ein sogenannter sozialer Alarm: "Mit dem Alarm wollte ich darüber informieren. Dann kamen Leute, um das zu untersuchen. Sie haben herausgefunden, dass das Geld unterschlagen wurde und dann hat man die Verantwortlichen im Dorf festgenommen." Auch ein Erfolg ihrer Arbeit, finden die Waldbeobachter.

Ob soziale Leistungen im Dorf oder das Abholzen im Wald, sie werden weiter auf Patrouille gehen. Denn sie wollen sich nichts mehr gefallen lassen – weder von den Holzfirmen noch von korrupten Dorfoffiziellen.

Autorin: Caroline Hoffmann, ARD Studio Nairobi

Stand: 24.10.2021 21:03 Uhr

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