Die Rollen
MIŠEL MATIČEVIĆ als Curt Prank
"Curt Prank – diese Rolle, dieser Charakter ist ein gefundenes Fressen für jeden Schauspieler: Voller Ambivalenz und Widersprüche. Liebender und beschützender Vater, gleichzeitig auch herrisch und tyrannisch seiner Tochter gegenüber. Er ist ein cleverer und fairer Geschäftsmann. Aber eben auch skrupellos und gewaltbereit, wenn er nicht bekommt, was er will. Sein Handeln ist für mich absolut verständlich, auch wenn es zuweilen seine kriminelle Energie hervorbringt. Aber selbst dann kann man ihn ein bisschen mögen. Es war eine große Freude und ein Riesenspaß, dieser Mann zu sein."
MARTINA GEDECK als Maria Hoflinger
"Für mich war neu und deshalb interessant an der Figur der Brauereibesitzerin Maria Hoflinger die Mischung aus Kraft und Wahnsinn, die ihr eingeschrieben ist. Binnen kurzer Zeit verliert sie alles, was ihr Leben ausmacht. Das Unrecht, das ihr widerfährt, treibt sie immer weiter hinein in einen Kampf, den sie bald allein kämpft und der sie schlussendlich außerhalb jeglicher Konvention und gesellschaftlicher Bahnen katapultiert. Sie, der Tradition und Gemeinsinn Lebensgrundlage war, bricht mit allem, was statthaft ist, und bewegt sich mehr und mehr heraus aus Norm und Zusammenhang – weder familiär noch gesellschaftlich gibt es für sie Halt. Je weiter der heilige Zorn, der in ihr wütet, sie über alles hinausträgt, was ihren früheren Lebensrahmen ausgemacht hat, umso mehr verlässt sie sich auf ihr intuitives Wissen, umso sicherer scheint sie zu werden. Die Radikalität, mit der sie allem den Rücken zukehrt und unbeirrt auf den sicheren Abgrund zugeht, ist bestürzend. Ist sie verrückt? Vielleicht in dem Sinne, dass sie am Ende ein freier Mensch ist, in deren Anwesenheit die anderen sich erschrecken, ein Irrealitätswesen, das im Übrigen auch faszinierend ist, wie alles, was absurd ist."
FRANCIS FULTON-SMITH als Ignatz Hoflinger
"Im Jahr 1900 gab es in München etwa 186 Brauereien, im Jahr 1910 nur noch ca. zehn – unfassbar! Das lässt erahnen, wie brutal der Machtkampf um einen der begehrten Stammplätze auf dem heute größten Volksfest der Welt gewesen sein muss. Zunächst waren es Bettina Ricklefs und Jana Brandt, die mich baten, die Bücher zu ‚Oktoberfest 1900‘ zu lesen. Der Produzent Michael Souvignier und der Regisseur Hannu Salonen erzählten mir dann von ihrer Vision, die Saga im Geist von ‚Gangs of New York‘ zu erzählen. Ich war sofort Feuer und Flamme. Ich wusste, da will ich unbedingt dabei sein. Die vielschichtige Figur des rebellischen Wirts Ignatz Hoflinger zu spielen, der ja letztlich die gesamte Geschichte auslöst, war besonders reizvoll. Ich hatte endlich, seit meiner Darstellung des Franz Josef Strauß, wieder eine Rolle gefunden, die es mir erlaubte, erneut künstlerisch auf allerhöchstem Niveau arbeiten zu können."
KLAUS STEINBACHER als Roman Hoflinger
"Schon beim ersten Lesen der Drehbücher fand ich die Entwicklung von Roman spannend: Er wird von einem jungen Burschen mit grossen Träumen zu einem Geschäftsmann, der es tatsächlich mit den ‚Großen‘ aufnimmt. Er muss schnell ‚erwachsen‘ werden, da es mit der Familie Hoflinger und ihrer Brauerei immer steiler bergab geht und Roman sich irgendwann sogar zwischen der Familie und dem Geschäft entscheiden muss. Außerdem hat mich die Liebesgeschichte zwischen ihm und Clara Prank besonders berührt. Inmitten von all dem Bier und dem Blut, das in unserer Geschichte über die ‚Wiesn‘ fließt, ist diese Liebe der große Lichtblick und das, was Roman antreibt – auch in Momenten, in denen er eigentlich auf dem Zahnfleisch daherkommt."
MARKUS KROJER als Ludwig Hoflinger
"Ludwig ist ein Sonderling und schwimmt gern unter der Oberfläche. Von dem Sohn der Brauerei wird etwas anderes erwartet als seine Hochsensibilität, seine Harmoniesucht und seine künstlerisch ästhetischen Leidenschaften. So entwickelt er Methoden, um möglichst wenig Missstände zu erzeugen. Erst als er gleichgesinnte Freunde findet, fängt er an, etwas aufzublühen. Die Entdeckung seines Gefühlschaos war außerordentlich schön zu spielen und findet in der geschichtsprägenden Kunstszene Schwabings statt. Seine Reise ist eine ganz eigene und bringt etwas Farbe in die sonst so düstere und kapitalistische Umgebung."
MERCEDES MÜLLER als Clara Prank
"Die Entwicklung, die Clara im Laufe der Serie macht, war besonders spannend für mich. Von einem behüteten, naiven Mädchen wird sie zu einer starken Frau, die mutige Entscheidungen trifft. Von außen scheint sie alles zu haben, was man sich für ein glückliches Leben wünscht. Mir ist wichtig, dass man ihre Entscheidung gegen ihr bisheriges Leben trotzdem nachvollziehen kann. Clara hat als junge Frau dieselben Wünsche, die viele auch heutzutage haben; die Zeit, in der sie lebt, und die äußeren Einflüsse machen ihre Sehnsucht und jede Entscheidung zu einem Kampf. Sie will ihr Leben selbstbestimmt führen, etwa in dem Sinne wie Lou AndreasSalomé es formuliert hat: ‚Glaubt mir, die Welt wird euch nichts schenken. Wenn ihr ein Leben wollt, so stehlt es.`"
BRIGITTE HOBMEIER als Colina Kandl
"Colina bemüht sich um Arbeit in der gehobenen Münchner Gesellschaft, obwohl sie aus einem völlig anderen Milieu kommt und ein komplexes, schwieriges Leben zu managen hat, Verluste und Amoralitäten hinnehmen musste und das ein oder andere Geheimnis hütet, das in der Serie noch gelüftet wird. Sie kommt nach München, um gesellschaftlich aufzusteigen, kann aber nicht über ihren Schatten springen, stellt sich ein bisschen blöd an, purzelt noch tiefer wieder runter und schält sich erneut Stück für Stück aus dem Sumpf heraus, in dem sie bis über beide Ohren steckt. Im Grunde ist sie eine Reformerin. Ein paar Jahrhunderte früher wäre sie vielleicht als Ketzerin auf dem Scheiterhaufen gelandet, ein paar Jahrzehnte später als erste Frau ins All geflogen. Irgendwo dazwischen ist Colina Kandl um 1900 in München zu finden."
MAXIMILIAN BRÜCKNER als Anatol Stifter
"Die Figur des Großbrauers Anatol Stifter ist für mich wie ein freies Radikal in diesem historischen Thriller. Bei dieser Figur sollte man nie zu wissen glauben, was sie als Nächstes vorhat. Sie ist die stille dritte Kraft. Ein bisschen wie ein Skorpion, der abwartet und zum richtigen Zeitpunkt schnell und effektiv zuschlägt."
MARTIN FEIFEL als Alfred Glogauer
"Beim Casting mit Hannu Salonen für den Glogauer spürte ich, wie mir die Rolle bereits ans Herz gewachsen war. Wir waren uns einig, dass sie wie eine Rasierklinge durch den Film schneidet, nicht dem Klischee des gemütlich-aggressiven Biertrinkers entspricht. Ein Intrigant, der sich in den Dienst aller und keines stellt und vor nichts zurückschreckt, um an sein Ziel zu kommen. Er ist wie ein Gespenst, das durch die Geschichte irrlichtert – plötzlich da und schon wieder weg. Am Ende zeigt er ein zweites Gesicht: Er versteckt seine behinderte Tochter vor der Welt, sorgt sich um sie, und das ist der einzige Moment, in dem man Sympathie für ihn empfinden könnte. Ich habe den Glogauer geliebt."
MICHAEL KRANZ als Alfons Urban
"Für Urban – auf den ersten Blick ein biederer Karrierist – einen moralischen Codex, glaubhafte, nuancierte Motivationen, eine menschliche Seele auszuarbeiten, war eine große Freude. Diesem Herrn, relativ jung, doch von der alten Garde, geht es nicht um Machtposen und Eitelkeiten. Vordergründig steht er in vielen Momenten als Verlierer da. Seine Entwicklung vom Spielball zum Player vollzieht er in aller Feinheit und fast unbemerkt. Im Spiel war mir wichtig, ihm ein Geheimnis zu geben, eine Präzision in seinen Gesten und Worten und bei alldem dennoch eine Weichheit. Von diesem Mann wird man noch hören, da bin ich mir sicher."
VLADIMIR BURLAKOV als Gustav Fierment
"Fierment ist – das war das Spannende an dieser Figur – unfassbar manipulativ, man könnte schon fast sagen, er ist ein Wolf im Schafspelz. Sprich: So eine Figur darf alles, gut sein, böse sein, berechnend sein usw. Das gab mir als Schauspieler natürlich eine ungeheure Freiheit, viele Ebenen und Facetten dieser Figur auszuprobieren und diese dann ins Spiel einfließen zu lassen. Ebenfalls eine sehr schöne Erfahrung mit Fierment war, dass er einen ganz eigenen lebensbejahenden Strang in dieser teilweise doch dunklen Serie mitbringt. Fierment entführt uns in eine andere, ja fast schon Parallelwelt, führt uns mit den interessantesten Persönlichkeiten der damaligen Zeit zusammen. Seine Welt ist bunt, laut, voller Lust, Drogen, Triebe und Sex. Kurz, Fierment zu spielen war eine unglaubliche Bereicherung und eine aufregende Achterbahnfahrt."
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