Gespräch mit Thomas Kügel

(Roland Schladitz)

»Als wohlmeinender Chef hat er eine vermittelnde Position. Schladitz ist das Scharnier.«

Schladitz
Schladitz beobachtet das Geschehen und ist entsetzt.  | Bild: NDR / Marion von der Mehden

Welche Rolle nimmt Roland Schladitz im Gefüge zwischen Klaus Borowski und Sarah Brandt ein?

Als wohlmeinender Chef hat er eher eine vermittelnde Position. Aber ihn interessiert natürlich auch die Arbeit am Fall. Bevor er in der Hierarchie aufgestiegen ist, war er Ermittler und Hauptkommissar, wie man in "Borowski und der brennende Mann" gesehen hat, wo er teilweise auch mit ermittelt. Schladitz ist das Scharnier zwischen der Polizeiführung und der Öffentlichkeit einerseits und den Ermittlern andererseits. Er muss den Ermittlern den Rücken frei halten, aber auch ihre Arbeit und deren Ergebnisse nach oben und an die Öffentlichkeit weiterleiten. Da muss er Klaus Borowski und Sarah Brandt dann auch mal antreiben. Das ist das eine, das andere ist der eigene Kopf und das eigene Mitdenken, das Einarbeiten in den Fall – er bespricht die Fälle ja immer und macht Vorschläge dazu. Schladitz ist ein ernst zu nehmender Polizist.

Wie hat sich Schladitz in den zehn Jahren Borowski-"Tatort" entwickelt?

In den ersten Folgen war der Kieler "Tatort" noch recht steif, vieles ist mit der Zeit lockerer und runder geworden. Anfänglich war Schladitz doch eher scheu und zurückhaltend, nach und nach hat er sich aber immer mehr zu einer durchaus ernsthaften Figur, zu einem eigenwilligen Polizisten entwickelt, mit sehr witzigen Momenten. Auch die Beziehung zwischen Borowski und Schladitz hat sich verändert. So ist Schladitz, nachdem ihn seine Frau auf dem Weg in den gemeinsamen Urlaub einfach stehen gelassen hat, bei Borowski eingezogen. Die Freundschaft zwischen den beiden und die tägliche Auseinandersetzung in der Arbeit bietet Konfliktpotential und Raum für Ideen.

Roland Schladitz macht einen sehr fürsorglichen Eindruck, wie man ganz besonders in "Borowski und die Frau am Fenster" sehen kann, wo er Borowskis Haushalt schmeißt.

Absolut, Schladitz ist jemand, der sich um seine Mitarbeiter sorgt. Insbesondere um Borowski, mit dem er lange befreundet ist. Und nun, da sie beide allein sind, von ihren Frauen verlassen, unterstützen sie sich oder haben mehr Zeit, sich gegenseitig auf die Nerven zu gehen.

Schladitz und die Frauen, Borowski und die Frauen. Welche Unterschiede bzw. Gemeinsamkeiten gibt es hier?

Borowskis Ehe war bereits zerrüttet, als die Reihe anfing. Bei Schladitz hat sich das eben entwickelt. Er hat viel gearbeitet, war oft sehr lange im Büro, hat seine Frau vernachlässigt. So ist die Beziehung zerbrochen, wie viele andere täglich hunderttausendfach aus gleichen oder ähnlichen Gründen zerbrechen: weil man nicht miteinander redet, nicht auf die Bedürfnisse des anderen eingeht, sich nicht mehr liebt. Nun sind beide "einsame Wölfe", die möglicherweise in ihrer Arbeit Trost und Halt finden – oder auch nicht.

Schladitz "übersieht" großzügig Sarah Brandts Epilepsie und erlaubt ihr, wieder Außendienst zu machen. Wie kommt es zu dem Stimmungswechsel, nachdem das doch mal ein großes Problem war?

Schladitz möchte das Thema vom Tisch haben, er sagt, er kann sich nicht erinnern, er möchte das Problem bagatellisieren. Dennoch versucht er, menschlich zu reagieren, er möchte Sarah Brandt und natürlich auch sich schützen. Er vertraut in dieser Angelegenheit ganz auf seinen Freund und Hauptkommissar Borowski. Möglicherweise ist er in seiner Entscheidung auch ein bisschen schlitzohrig. Zum Beispiel auch, wenn Schladitz, keine drei Minuten, nachdem er so großzügig das Epilepsie-Thema zu den Akten gelegt hat, sich in den Fuß schießt. Diese Szene relativiert die ganze Diskussion um Gefahr und Gefahrprävention. Hier verhält sich Schladitz unbedarft, ja fast jungenhaft unschuldig, wenn er so mit der Waffe spielt. Normalerweise ist eine sichergestellte Waffe nicht mehr geladen. Es wird nicht nur das Magazin entfernt, auch die Patrone, die sich eventuell im Lauf befunden hatte, wird von den Technikern herausgenommen. Aber das ist einfach eine tolle Spielszene für jeden Schauspieler, also, wenn schon, denn schon. Dennoch ist es keine Comedy-Szene. Sie sollte komödiantisch sein, aber im Shakespearschen Sinne ernsthaft.

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