Gespräch mit Bogdan Iancu

Gefährlicher Auftrag für Matei (Bogdan Iancu (links)). Michael Lübke (Michael Thomas) sitzt mit im Auto.
Gefährlicher Auftrag für Matei. Michael Lübke sitzt mit im Auto. Dabei entpuppt sich Falkes alter Freund und Mentor Lübke, ein Kiez-Urgestein, mehr und mehr als trickreicher Gegenspieler... | Bild: NDR / Christine Schroeder

Gespräch mit Bogdan Iancu

»Es hat sofort Klick gemacht.«

Sie spielen einen Jungen aus Rumänien, der auf St. Pauli einen Auftragsmord begeht. Was treibt Matei zu dieser Tat?

Die offensichtliche Antwort wäre: Geld, aber ich denke, es ist viel mehr als das. Matei ist von seiner Familie verlassen worden. Sein Vater hat ihn aus dem Haus geworfen. Mit dem Honorar für den Auftragsmord will er ihm einen neuen Fernseher kaufen. Er hofft auf diesem Weg, die Liebe seines Vaters zurückzugewinnen.

Ist er nicht nur Täter, sondern auch Opfer? Hat das Schicksal des Jungen Sie sehr berührt?

Ich glaube, er ist beides. Er begeht ein abscheuliches Verbrechen, auf der anderen Seite ist er ein Opfer der Gesellschaft. Ein 14-jähriger Junge sollte nicht töten müssen, um sich seinen Lebensunterhalt zu verdienen. Beim ersten Lesen des Drehbuchs ist mir die Figur des Matei sehr nahe gegangen. Dann wurde mir klar, dass derartige Fälle in der realen Welt tatsächlich geschehen sind. Diese Vorstellung hat mir eine gewisse Angst gemacht.

„Die goldene Zeit“ spielt in Hamburg, in der Welt von Prostituierten, Zuhältern und Sauftouristen. Wie sind Sie zu dem Projekt gekommen?

Ich habe als Erstes an einem Online-Casting teilgenommen. Weil man mich mochte, wurde ich von Bukarest nach Berlin eingeflogen, um der Regisseurin Mia Spengler von Angesicht zu Angesicht vorzusprechen. Sie ist unglaublich. Es hat sofort Klick gemacht. Ich fühlte eine enorme künstlerische Verbindung zwischen uns und ging mit großer Motivation in das folgende Casting. Ich wollte diese Figur von ganzem Herzen spielen und war mir sicher, dass Mia und ich mit diesem Film Großartiges erreichen konnten.

Matei spricht kein Deutsch. Mussten Sie mehr durch Mimik und Gestik erzählen?

Definitiv. Allerdings habe ich mir keine großen Gedanken darüber gemacht, wie ich meine Gefühle allein durch die Körpersprache ausdrücken kann. Das ist ganz natürlich passiert. Matei ist ja oft im Bild, auch wenn er nur wenige Dialoge spricht. Ich finde die Entscheidung brillant, ihn sprachlich so stark einzuschränken. Das macht die Verlorenheit und Hilflosigkeit des Jungen deutlich.

Der Junge taumelt im Drogenrausch über die Große Freiheit. Wie haben Sie diese Szenen gespielt?

Ich habe im Vorfeld Recherchen angestellt, wie diese Psychodrogen wirken und welche Symptome sie hervorrufen. Beim Spielen bin ich dann vollkommen im Moment geblieben. Wir haben in den Straßen von St. Pauli mit einer kleinen Crew gefilmt, um möglichst wenig Aufmerksamkeit zu erregen. Ich ließ mich ganz in diese Stimmung hineinfallen und durch die Menschenmenge treiben. Wegen der Drogen nimmt Matei alles gesteigert wahr, die Musik, die Stimmen und die Geräusche eines Ortes, der in der Nacht total eskaliert.

Der Film spielt im Milieu. Haben Sie es als gefährlich empfunden, dort zu drehen?

Ich stamme aus Bukarest und bin in einer harten Nachbarschaft groß geworden. Ich bin schon oft in gefährliche Situationen geraten und stolz darauf, dass ich noch jeden Konflikt entschärfen und friedlich lösen konnte. Ganz ehrlich: St. Pauli ist ein schöner Ort zum Filmen. Ich würde eines Tages gern wiederkommen und das Nachtleben genießen, dann ohne meine scheußliche Filmgarderobe.

Wird der Hamburger Ex-Lude Lübke zu Mateis Retter?

Lübke macht Jagd auf Matei, um ihn zu töten. Aber er bringt es nicht übers Herz, den Jungen zu beseitigen. Und Matei versucht alles, was in seiner Macht steht, um zu entkommen. Mit der Zeit werden in Lübke Beschützerinstinkte wach, und Matei wiederum fasst Vertrauen zu dem alten Ganoven. Beide sind in ihrem Leben verlassen und tief verletzt worden. Das verbindet sie miteinander. Ihre Geschichte ist schön und poetisch. Die Zusammenarbeit mit Michael Thomas war ein absoluter Knaller. Er hat mir nicht nur beim Drehen sehr geholfen. Wir haben auch eine echte Freundschaft entwickelt. Ich wünsche mir wirklich, dass ich wieder mit ihm arbeiten kann.

Sie sind in Rumänien ein Star, stehen aber auch in anderen Ländern vor der Kamera. Sehen Sie sich selbst als europäischen Schauspieler?

Sicher, ich habe bereits einige Filme außerhalb meiner rumänischen Heimat gedreht. Um noch mehr im Ausland zu arbeiten, genügt es aber nicht, fremde Sprachen zu lernen. Deshalb habe ich mich an der Schauspielschule in Bukarest eingeschrieben, und ich könnte im Moment nicht glücklicher sein.

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