Szenenbildnerinnen Winnie Christiansen und Anne Storandt im Gespräch
Entdeckerfreude und Erkundungsdrang „Filmarchitektinnen“ bei der Arbeit: Wie das Saarland zum Drehort wird
Einmal im Jahr ist Saarland-„Tatort“-Zeit. Nicht nur die Schauspielerinnen und Schauspieler stehen dann im Fokus, sondern auch die Drehorte. Wo wird die Leiche gefunden? Ist die Stimmung eher düster? Wie lebt der Täter? Hier kommen die Szenenbildnerinnen ins Spiel, die jedem Film ein gewisses Aussehen verleihen. Die Auswahl der Orte bestimmt viel die Atmosphäre des Films. Halten sich die Protagonisten viel an dunklen Stätten auf, wirkt alles düster und unheimlich. Die Szenenbildnerinnen Winnie Christiansen und Anne Storandt waren für den neuen SR-„Tatort“ „Die Kälte der Erde“ im Saarland unterwegs, um geeignete Schauplätze zu finden. Dabei waren sie vorher noch nie im Saarland! Wie die beiden trotzdem die besten Locations gefunden haben, erzählen sie im Interview.
Die eigentliche Arbeit beginnt für die beiden Szenenbildnerinnen des aktuellen „Tatorts“ Winnie Christiansen und Anne Storandt nach dem Lesen des Drehbuchs und der daraus resultierenden Suche nach Motiven. Dann „verständigen wir uns mit „Regie, Produktion und dem Locationscout über die ersten Motivideen“, erklärt Christiansen das weitere Vorgehen. „In deutschen Film- und Fernsehproduktionen ist meistens die Szenenbildnerin ´Head of Department`“, beschreiben Storandt und Christiansen ihre Arbeit. Das bedeutet für die beiden, sie leiten und verwalten das gesamte Team der Ausstattungsabteilung, das sich um die Ästhetik und die Atmosphäre der Drehorte bemüht. „Wir sind quasi Filmarchitektinnen“, dazu gehöre auch, Absprachen mit Regie und Kamera, um so die Motive zu gestalten. „Wir entscheiden über die Ausstattung, bis hin zu Grafik, Kleinrequisiten, Farben und Material. Wir koordinieren die Baubühne, die Außenrequisite, sowie das restliche Ausstattungsteam und halten den Überblick über das Gesamtbudget“, erklären Christiansen und Storandt weiter.
Im Interview geben uns die beiden Nicht-Saarländerinnen einen Einblick in ihre Arbeit und erzählen, wie die Szenensuche für den neuen SR-„Tatort“ ablief.
Waren Sie vor dem „Tatort“ schon einmal im Saarland?
Nein, aber wir kommen gerne wieder!
Wie finden Sie geeignete Drehorte, gerade wenn man die Gegend nicht kennt und wie sind Sie bei der Suche vorgegangen? Bekommen Sie Hilfe von Einheimischen?
Wir arbeiten mit einem Locationscout, der sich bestens – in diesem Fall im Saarland – auskennt und uns die kleinsten und engsten Winkel der Stadt und Umgebung präsentieren kann. Wir mögen es tatsächlich auch sehr gerne im Vorfeld bei Immobilienportalen zu stöbern, um die Architektur einer Stadt ein wenig kennenzulernen. Und mit ganz viel Glück, wie jetzt hier im Saarland, lernt man Einheimische kennen, die einem einen noch tieferen Einblick in die Umgebung geben können und auf Ideen für Drehorte bringen, die einem sonst niemals über den Weg gelaufen wären. Wir denken, ein wenig Entdeckerfreude und Erkundungsdrang gehören bei einer guten Motivsuche schon dazu und wenn es die Zeit zulässt, fahren wir auch gerne eigenständig mit Auto oder Fahrrad durch die Lande, um potenzielle Drehorte zu finden.
Orientieren Sie sich stark an vorherigen saarländischen „Tatort“-Drehorten? Inwiefern beeinflusst das die Suche?
Da der „Tatort“ eine Reihe ist, existieren ja auch schon einige Motive, beispielsweise das Präsidium oder das Elternhaus Schürk. Bei der Gesamtästhetik beachten wir diese Motive definitiv mit und in weiteren Drehorten suchen wir entweder nach vereinenden oder sehr kontrastreichen Elementen, um ein stimmiges Gesamtbild der Filmarchitektur zu schaffen.
Was muss ein Drehort mitbringen, damit er zum geeigneten „Tatort“-Drehort wird?
Aus Praktikabilität im besten Fall eine gewisse Größe, selbst wenn er im Nachhinein kleiner erzählt wird. Zusammen mit Kamera und Regie achten wir oftmals darauf, dass das Motiv eine gewisse Tiefe und viele schöne Durchblicke mit sich bringt. Das ist aber eine ästhetische Entscheidung, der auch nicht jedes Filmteam unterliegt, und keine generelle Voraussetzung. Ansonsten ist das abhängig von Drehbuch, Konzept der Inszenierung und der Stimmung, die erzählt werden soll. Das ist pauschal schwer zu beantworten. Oftmals suchen wir das Außergewöhnliche, oder Orte, die schon eine Geschichte mit sich bringen, oder in besonderer Art und Weise die Region charakterisieren.
Ist Ihre Arbeit bei Drehbeginn beendet? Falls nein: Was sind Ihre Aufgaben während des Drehs?
Bei Drehbeginn sind vielleicht 40 Prozent geschafft. Viel rein Organisatorisches ist abgearbeitet, aber der spaßige Teil beginnt erst mit Drehbeginn. Wir sind immer vor und nach dem Dreh am Motiv, um den Voroder Rückbau zu koordinieren und meistens selbst noch mit anzupacken. Wenn an einem Motiv mehrere Tage gedreht wird, nutzen wir die Zeit, um weitere Motive vorzubereiten, oder im Büro Liegengebliebenes abzuarbeiten. Nach Drehende, wenn ein Großteil des Teams schon abgereist ist, beginnt bei uns noch die Abwicklung, heißt beispielsweise Retourfahrten von Requisiten und Abrechnung. Mit Drehbeginn arbeiten also auch bei uns die Maschinen auf Hochtouren.
Wie würden Sie mit einem Satz das Saarland als Drehort beschreiben?
Noch unbetreten, offen, inspirierend, vielfältig, großartig!
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