Im Interview: Regisseur Christoph Schnee & Produzent Mario Krebs

Kriminalkommissar Vincent Ross vom deutsch-polnischen Kommissariat in Swiecko wird von seiner Cottbuser Kollegin Alexandra Luschke zum Tatort gerufen.
Kriminalkommissar Vincent Ross vom deutsch-polnischen Kommissariat in Swiecko wird von seiner Cottbuser Kollegin Alexandra Luschke zum Tatort gerufen. | Bild: rbb / Volker Roloff

Mario Krebs, Sie haben bereits 2021 einen "Polizeiruf 110" für den rbb in Cottbus produziert. Drehen Sie gern in Cottbus?

Mario Krebs: Ja! Im Februar 2023 haben wir dort während des Karnevals gedreht, der in der Stadt und unserer Episode "Cottbus Kopflos" eine zentrale Rolle spielt. Es ist eine interessante und junge Stadt am Rande des großen Umbruchs vom Carbon-Zeitalter in eine Zukunft, die umstritten ist, aber der wir nicht ausweichen können. Da ist die Vergangenheit schnell wieder präsent. Wir haben davon vor einigen Jahren in der Polizeiruf 110-Episode "Wolfsland" erzählt, die in der Lausitz entstand. 2021 haben wir in Cottbus für den "Polizeiruf 110: Hermann" gedreht.

Herr Schnee, Sie leben in Köln und kennen den Kölner Karneval, wussten Sie vor den Dreharbeiten zu diesem "Polizeiruf 110", dass auch in Cottbus Karneval gefeiert wird?

Christoph Schnee: Nein, ich wusste nicht, um den Karneval in Cottbus. Auch als ich 1995 zur Bundesgartenschau erstmals in Cottbus war, habe ich keine Kenntnis davon bekommen. Bei der Recherche für den "Polizeiruf 110" war dann umso interessanter zu erfahren, dass man in Cottbus Karneval auch so groß feiert. Als Rheinländer habe ich Karneval natürlich im Blut und freue mich zu sehen, wie unterschiedlich und dennoch immer besonders die Traditionen in Deutschland sein können. Ich habe mich dann sehr darauf gefreut, dass wir tatsächlich im Cottbuser Karneval drehen können und ich so auch den größten Karnevalsumzug Ostdeutschlands miterleben konnte.

Wie war es, rund um die Feierlichkeiten in Cottbus zu drehen?

Mario Krebs: Wir haben im Jahr zuvor einen langen schönen Spätsommer-Tag mit Vertretern des Cottbuser Karnevals verbracht, die uns später bei den Dreharbeiten im Februar sehr unterstützt haben.

Christoph Schnee: Es war beeindruckend zu sehen, von wie weit weg sich die verschiedenen Karnevalsgesellschaften aus Brandenburg, aus der Lausitz und aus sämtlichen Himmelsrichtungen auf den Weg machen, um hier teilzunehmen. Wir hatten hervorragende Berater aus dem Cottbuser Karnevalsverein, die uns mit den hiesigen Gepflogenheiten vertraut gemacht haben. So lief der Dreh während der Feierlichkeiten erfreulich unkompliziert und reibungslos ab. Es war im wahrsten Sinne ein "Zug der fröhlichen Leute" – so froh gestimmt und herzlich ist man uns hier auch begegnet.

"Cottbus Kopflos" ist ein Krimi und es geht im Zuge der Ermittlungen im Film um Korruptionsvorwürfe – ein eher düsteres und bedrückendes Thema – wie passt das zum Karneval?

Christoph Schnee: Ja, in dem Film haben wir viele Ebenen aufgebaut, um ein möglichst großes und komplexes Figurendrama zu entwerfen. Ein Krimi braucht natürlich auch die düsteren Momente, um Spannung zu erzeugen. An dieser Stelle kommt dann die Fiktion ins Spiel, die wir gerne mit den Gegebenheiten des Cottbuser Karnevals verbinden wollten. Den Kontrast zwischen dem Heiteren und dem Düsteren fanden wir gerade reizvoll. Die fließenden Übergänge aus Privatheit und Funktion von Amtspersonen und eine damit verknüpfte verworrene Familiengeschichte waren für uns die Leitmotivik der Erzählung.

Wie haben Sie die Drehbedingungen in der Stadt empfunden?

Für Dreharbeiten braucht man uneingeschränkt und mit möglichst wenig Kompromissen zur Verfügung stehende Motive und für unsere spezielle Geschichte waren dazu noch sehr viele verschiedene Drehorte vonnöten, die uns alle sehr bereitwillig und umfangreich zur Verfügung gestellt wurden. Das war wirklich einzigartig und toll! Im Gegensatz zu unserer Erzählung hatten wir es in Cottbus also mit sehr hilfsbereiten Amtspersonen und Privatpersonen zu tun. An den vielen öffentlichen Plätzen, an denen wir gedreht haben, hatten wir auch immer wieder interessierte Zuschauer:innen, die uns erzählt haben, wie sehr sie sich darüber freuen, dass dieser "Polizeiruf 110" in ihrer Stadt spielt. So eine Filmcrew fällt da natürlich auf. Daher kam es in der Stadt immer wieder zu netten Begegnungen mit Menschen und Gesprächen zu unserer Arbeit.

Mario Krebs: Es ist wichtig zu betonen, dass unsere Geschichte reine Fiktion ist und mögliche Ähnlichkeiten mit Personen oder Schicksalen im echten Cottbus rein zufällig wären.

Wo überall in Cottbus haben Sie gedreht?

Christoph Schnee: Wir haben in und um die Stadthalle gedreht, um den Altmarkt bis zur Lindenpforte, auf diversen Straßen rund um den Altmarkt und Oberkirchplatz, im Radisson Blu, im und am Hauptbahnhof, im Rathaus, vor dem Landgericht, vor dem Staatstheater, in der alten Schule in Kahren und in und vor einer Brauerei in Drebkau. Insgesamt waren wir vier Wochen in Cottbus vor Ort.

Wie wichtig ist es, dass die Filme, die Sie produzieren auch die Region sichtbar machen, in der sie entstehen?

Mario Krebs: Es geht nicht allein um das Sichtbarmachen, sondern unsere Geschichten haben direkt mit der Region zu tun. Die Episode "Die Gurkenkönigin" erzählt beispielsweise eine Familiengeschichte aus dem Spreewald, die Episode "Hermann" vom Streit um die Restitution eines alten Hauses in Cottbus, das bis zum Krieg in jüdischem Besitz war und "Cottbus Kopflos" handelt von einem Motivwagenbauer, seiner Kritik an der Obrigkeit und spielt mitten im Karneval in Cottbus. Es ist doch eine schöne Sache, wenn der Karneval in Cottbus Anlass für unseren Film ist und das Publikum des Sonntagskrimis über die Grenzen der Lausitz hinaus davon erfährt und daran teilhaben kann.

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