Statements Autor und Regisseur

Statement von Christoph Darnstädt, Drehbuchautor

Christoph Darnstädt schrieb das Drehbuch zum Kroatien-Krimi
Christoph Darnstädt schrieb das Drehbuch zum Kroatien-Krimi | Bild: ARD Degeto / Erika Hauri

Einen Krimi an einem der schönsten Urlaubsorte Europas zu erzählen, weckt schnell den Verdacht, eine ansonsten normale Ermittlungsgeschichte nur vor einem exotischen Hintergrund spielen lassen zu wollen. Doch das war nie die Absicht des "Kroatien-Krimis". Kroatien hat eine viel zu bewegte Geschichte, eigene Themen und Probleme, als dass man dieses Geschenk für neue, spannende Plots einfach ignorieren könnte. Auch die Folgen des Kroatienkriegs, der erst vor 23 Jahren endete, sind noch immer präsent. Jede Nachkriegsgesellschaft hat Narben und noch lange nicht verheilte Wunden: die Aufarbeitung, die Verdrängung von Erlebtem und Getanem, der Verlust von Vätern, Brüdern, Söhnen, die verbliebenen ethnischen Ressentiments und die Waffen, die immer noch im Keller liegen. In solchen "bgründen" packende emotionale Geschichten zu finden, ist für mich als Autor ungleich reizvoll. Tatsächlich sind die Narben einer durch Krieg gezeichneten Gesellschaft und die daraus entstehende Verbrechen von großer und berührender Emotionalität, die im Kontrast zur mediterranen Traumlandschaft zusammen mit unserer sonnigen Protagonistin eine ganz besondere Tiefe entfalten. Genau dieser Kontrast ist für mich das Faszinierende.

Jeder unserer Filme behandelt kroatische Themen: den nationalistischen Fußballwahn, die extreme Homophobie, das Erziehungswesen der Tito-Ära, Neofaschisten, Hinterlandflucht, Korruption, Wildbau und so weiter. Wir versuchen, nicht nur das "Was", sondern auch das "Wie" kroatisch zu erzählen: Branka hat nicht nur, was ihren weiblichen Hedonismus betrifft, einen ganz eigenen moralischen Kompass, sondern auch als Balkan-Ermittlerin, die mitunter für sehr spezifische Methoden und Entscheidungen steht. So müssen wir keine Kompromisse machen. Wir können Geschichten erzählen, die wirklich mit dem Land zu tun haben. Mein erster Kroatienkontakt, ganz ehrlich: der Sous-Chef meines Berliner Lieblingsitalieners! Aber dann bin ich immer wieder beim Dreh in Kroatien dabei, treibe mich in, um und um Split herum rum. Unsere kroatischen Service-Produzenten und Teammitglieder sind dann schon Musen: Sie schleppen mich unermüdlich durch das Umland von Split oder in Kneipen, erzählen mir Geschichten und erklären mir Land und Orte. Wo die jüngste Bausünde steht, wo der berüchtigte Mädchenmörder zugeschlagen hat und – natürlich nicht unwichtig – wo man das beste Lamm in Dalmatien kriegt!

Statement von Michael Kreindl, Regisseur

Regisseur Michael Kreindl
Regisseur Michael Kreindl | Bild: ARD Degeto / Erika Hauri

Kroatien begleitet mich schon seit der Schulzeit. Mein bester Freund ist Kroate. Mit ihm habe ich das Land auch schon vor dem Krieg besucht, Als der Konflikt eskalierte, habe ich ihn an die Grenze begleitet. Mir waren also die damit verbundenen Emotionen bereits aus erster Hand vertraut.

Der Kroatienkrieg und seine Folgen prägen die Identität der modernen kroatischen Gesellschaft und sind unterschwellig omnipräsent im kroatischen Alltag. Dies in unseren Geschichten mitzuerzählen, ist unvermeidlich, möchte man wahrhaftig bleiben. Entscheidend ist jedoch, was man daraus macht, wie man daraus resultierende Spannungen und Schicksale in der Reihe umsetzt und gewichtet. Schließlich wollen wir kroatische Geschichten erzählen. Da lassen wir uns selbstverständlich vor Ort inspirieren, hören den Teammitgliedern zu, sehen genau hin, fragen nach. Diese typisch kroatischen Elemente sind deutlich genug vorhanden, so dass immer klar ist: Diese Geschichten lassen sich nicht an einem deutschen Ferienort erzählen, weil die Menschen dort andere Probleme, Sehnsüchte und Bedürfnisse haben. Deswegen müssen wir auch nicht anders inszenieren, um 'anders' oder 'kroatisch' zu sein.

Eines dramaturgischen Kniffs des Autors bedienen wir uns in der Reihe aber doch: nämlich beim Dezernat. Es steht kompakt für die alte Männerwelt und die alten Seilschaften der Verwaltung, die seit Titos Zeiten ihre Posten und ihre Weltsicht nicht hergegeben haben und sich weigern, abzutreten. Vorstellbar – aber erfunden. Da Branka keine Angst vor ihnen hat, bergen diese Begegnungen immer viel Humor. Und wenn wir eine Instanz brauchen, die bremst, eine Genehmigung ausstellt oder Ergebnisse verlangt wie in anderen Krimis die Staatsanwaltschaft, dann setzen wir aufs Dezernat.

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