Die kurze Sendung mit der langen Geschichte
Die Sendung begann mit einer Panne: Am 1. Mai 1954 war das erste Wort zum Sonntag im Deutschen Fernsehen geplant. Doch Prälat Klaus Mund aus Aachen konnte am Tag der Arbeit nicht arbeiten: Ein Kabelbruch verhinderte die Ausstrahlung der Live-Sendung. So kam es, dass eine Woche später, am 8. Mai 1954, der evangelische Pfarrer Walter Dittmann aus Hamburg das aller erste Wort zum Sonntag sprach. Die Panne ist längst vergessen – heute gehört das Wort zum Sonntag mit knapp zwei Millionen Zuschauern pro Sendung zu den quotenstärksten kirchlichen Sendungen in Deutschland.
Seit der ersten Ausstrahlung hat sich einiges geändert: Markierte das Urgestein deutscher Sendungen früher das Ende des Fernsehprogramms, so steht es heute mittendrin – zwischen Tagesthemen und Spätfilm. Aus den zunächst zehn Minuten Sendezeit wurden fünf, heute sind es vier Minuten. Als 1970 das Wort zum Sonntag von Samstagabend auf den späten Sonntagabend verschoben werden sollte, hagelte es Proteste: Über die Zeitungen verschafften sich die Zuschauer Öffentlichkeit – der Sendeplatz blieb erhalten.
Einzelne formale Experimente gab es immer wieder: Live-Sendungen wurden aus einem Bahnhof, einem Kreißsaal oder von einer Autobahnbrücke ausgestrahlt. Pfarrer Heiko Rohrbach brachte seinen Hund Jenny mit und setzte ihn neben sich auf die Couch. Über 2.400 mal wurde die Sendung in den vergangenen 60 Jahren ausgestrahlt, immer abwechselnd von evangelischen oder katholischen Sprechern vorgetragen.
Die Liste der Sprecherinnen und Sprecher umfasst über 300 Namen. Zu den Prominentesten gehörten die evangelischen Pfarrer Jörg Zink, Heinrich Albertz, Bischöfe Otto Dibelius (Berlin Brandenburg) und Hanns Lilje (Hannover) auf katholischer Seite die Ordensschwester Isa Vermehren, Pfarrer Lothar Zenetti, Pater Klemens Jockwig oder Pater Johannes Leppich. In Erinnerung blieben den Zuschauern vor allem die Sendungen, die aktuell auf Ereignisse eingingen. So ließ der evangelische Pfarrer Jörg Zink nach der Flugzeugentführung in Mogadischu am 15. Oktober 1977 seinen geplanten Text kurzerhand fallen und formulierte ein neues "Wort" im Studio, und der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche, Bischof Martin Kruse, sprach am 11. November 1989 zum Fall der Mauer.