Gereon Alter verlässt "Das Wort zum Sonntag"
"Man soll aufhören, wenn es am besten läuft", sagt der Vierundfünfzigjährige mit einem Hauch von Wehmut in seinem Blick. Zwölf Jahre lang gehörte er dem Sprecherteam an, exakt 100 Sendungen hat er produziert, 96 davon wurden ausgestrahlt.
Dass vier Beiträge nicht über den Sender gingen, hat mit den Katastrophen und Unglücksfällen zu tun, mit denen sich die christliche Verkündigungssendung immer wieder auseinandersetzen muss. Gleich bei seinem ersten Fernsehauftritt am 16. Januar 2010 bekam der Essener Pfarrer das zu spüren. Geplant und bereits aufgezeichnet war ein Beitrag anlässlich der Eröffnung des Kulturhauptstadtjahres in seiner Heimatstadt. Doch dann bebte die Erde in Haiti. "Da muss man dann reagieren. Die Sendung hat den Anspruch aktuell zu sein und das aufzugreifen, was die Menschen gerade am meisten bewegt." sagt Alter. Später hat er sich mit dem Loveparade-Unglück in Duisburg, der Atomkatastrophe von Fukushima und mehreren Terroranschlägen befassen müssen.
Aber "Das Wort zum Sonntag" will nicht nur Trost vermitteln, sondern auch einen kritischen Blick auf gesellschaftliche Entwicklungen werfen. Ein besonderes Anliegen war Alter dabei die Auseinandersetzung mit dem wachsenden Rechtspopulismus in unserer Gesellschaft. In einem Beitrag, der 2018 vom Katholikentag in Münster aus gesendet wurde, hat er sich nicht gescheut, die AFD beim Namen zu nennen, und dafür viel Zuspruch, aber auch Morddrohungen erhalten. Auf die Frage, ob "Das Wort zum Sonntag" nicht zu politisch sei, antwortet Alter: "Wenn wir den zentralen Glaubenssatz des Christentums, dass Gott Mensch geworden ist, ernst nehmen, dann bedeutet das: alles, was uns Menschen und unser Leben ausmacht, hat auch etwas mit Gott zu tun. Oder wie der hl. Ignatius gesagt hat: Gott ist in allen Dingen zu finden." Es gehe also letztlich darum, von Gott zu reden. "Aber so, dass es jeder Mensch versteht." Auf kirchliche Sprachspiele werde daher ganz bewusst verzichtet.
Eine besondere Herausforderung für jeden Wort-zum-Sonntag-Sprecher ist der "Eurovision Song Contest" (ESC). Denn dann wird der Beitrag nicht in einem Fernsehstudio aufgezeichnet, sondern in die quotenstarke ESC-Übertragung eingebettet. Statt der gewöhnlichen anderthalb Millionen schauen dann bis zu sechs Millionen Menschen zu. Gereon Alter hat dieses ESC-Wort viermal gesprochen und ist dabei so manchem Star und Sternchen begegnet. Die schönste Erfahrung allerdings, sagt Alter im Rückblick auf seine zwölfjährige Fernsehkarriere, sei die Teamarbeit. "Etwa 16 Personen sind an jeder Wort-zum Sonntag-Produktion beteiligt, von der Redakteurin bis zur Maskenbildnerin. Und die wirken auf eine faszinierende Weise zusammen." Am 30. Oktober wird Gereon Alter noch einmal mit seinem Team auf die geleistete Arbeit anstoßen und sich dann anderen Aufgaben zuwenden. Das Fernsehen will er dabei nicht ganz aus dem Blick verlieren. Denn dafür habe es ihm viel zu viel Spaß gemacht.
Gereon Alter wurde 1967 in Gelsenkirchen geboren, hat in Bochum, Innsbruck und Rom studiert und leitet seit 2011 die Essener Großpfarrei St. Josef Ruhrhalbinsel mit mehr als 20.000 Katholiken. Privat liebt er das Kochen, den Fußballverein Schalke 04 und das Reisen mit dem Fahrrad.