So., 24.09.23 | 23:05 Uhr
Das Erste
Politisch und poetisch
Der britische Künstler Isaac Julien in Düsseldorf
"Ich interessiere mich für Literatur, Poesie, Theater, Malerei. Und lasse all diese Künste in meine Arbeit einfließen". Isaac Julien, 1960 in London als Sohn karibischer Eltern geboren und im vergangenen Jahr zum Ritter des British Empire geschlagen, wird für seine poetisch-politischen Videoinstallationen und Filme gefeiert. Rassismus, queeres Leben, Kolonialismus und Kapitalismus – diese Themen ziehen sich wie ein roter Faden durch sein Werk. Die Kunstsammlung Nordrhein-Westfalen widmet ihm die erste große Überblicksausstellung in Deutschland. "What Freedom Is To Me" ist bis zum 14. Januar 2024 im Museum für Gegenwartskunst K21 zu sehen.
Begehren und Aufbegehren
"Als ich aufwuchs, gab es in der Welt keine Bilder, mit denen ich mich identifizieren konnte. Also musste ich sie selber machen." Die Ausstellung beginnt mit Isaac Juliens frühen Werken aus den 1980er Jahren, als er gemeinsam mit afrikanischen, asiatischen und karibischen Kunststudentinnen und -studenten in der britischen Diaspora das "Sankofa Film- und Videokollektiv" gründete.
In Deutschland wurde er mit seinem Kinofilm "Looking for Langston" (1989) bekannt. Er ist eine Hommage an den schwulen afroamerikanischen Dichter Langston Hughes, der im Harlem der 1920er Jahre eine führende Rolle in der schwarzen Künstler- und Schriftstellerbewegung "Harlem Renaissance" spielte. Hughes' Gedicht "I, Too“ wurde zum Slogan der Bürgerrechtsbewegung.
Auch heute sind Juliens Arbeiten experimentell und politisch aufgeladen. Der Titel der Ausstellung "What Freedom Is To Me" ist an das Zitat der US-amerikanischen Jazzsängerin und Bürgerrechtsaktivistin Nina Simone, "I'll tell you what freedom is to me. No fear." angelehnt und als Statement zu verstehen.
Kunst als Gegengeschichte
2019 entstand die Installation "Lessons of the Hour". Sie setzt in zehn Projektionen Frederick Douglass, einem entflohenen Sklaven, Schriftsteller und Freiheitskämpfer aus dem 19. Jahrhundert, ein Denkmal. "Meine Arbeit kann definitiv als Gegengeschichte, Kritik oder Gegenposition gesehen werden. Ich denke darüber nach, wie Selbstdarstellung, Repräsentation, Bilder schwarzen Begehrens, wie all diese Bilder auf eine andere Art und Weise präsentiert werden können."
Erstmals ist in Europa auch die neueste Arbeit des Künstlers, die 5- kanalige kinematographische Installation "Once Again... (Statues Never Die)" aus dem Jahr 2022 zu sehen. Sie schlägt einen Bogen zurück zur Geschichte schwarzer Künstlerinnen und Schriftsteller im New York der 1920er und 1930er Jahre. Im Mittelpunkt steht der Philosoph und Kulturkritiker Alain Locke, der als Vater der "Harlem Renaissance" gilt.
Politik und Poesie zu betörend schönen Bildern zu verschmelzen – das ist Isaac Juliens große Gabe. "Wir müssen imaginäre Räume entwickeln, um eine bessere Zukunft zu schaffen. Und ich denke, das ist etwas, das wirklich wichtig ist, wenn man über das Kunstmachen nachdenkt."
Autorin des TV-Beitrags: Anke Rebbert
Die komplette Sendung steht am 24. September ab 20 Uhr zum Abruf in der Mediathek bereit.
Stand: 25.09.2023 13:22 Uhr
Kommentare