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Taiwan: Der Spiegelputzer

Taiwan: Der Spiegelputzer  | Bild: NDR

Sie kommen plötzlich, aus allen Ecken, sind meistens noch beladen und sie sind Teil der Unfallstatistik. Sie sind aber auch Lebensgefühl. Und manchmal sieht man sie erst im letzten Moment im Spiegel: Motorräder und Scooter sind in Taiwan das Fortbewegungs- und Transportmittel.

"Mein regelmäßiger Frühsport"

Herr Hsiu-hsiung im Interview
Es ist nicht das erste Intervew für Herrn Hsiu-hsiung. | Bild: NDR

Manchmal sind sie mit einer Leiter und feuchten Tüchern ausgestattet. Dann gehört so ein Motorrad einem Spiegelputzer. Warum aber hat Taiwan einen Spiegelputzer? Die Antwort gibt Herr Hsiu-hsiung, über ihn sind bereits zahlreiche Zeitungsartikeln erschienen: "In den ersten vier Jahren hatte ich viele Interviewanfragen. Ich hab immer gesagt: Ich bin ein alter einfacher Mann, der das Spiegelputzen liebt. Das ist mein regelmäßiger Frühsport, und ich nutze die Gelegenheit jeden Tag woanders zu sein. Ich sehe das nicht als sowas Großartiges."

Die Urkunden an der Wand sagen etwas anderes. Und mitten drin seine verstorbene Frau. Herr Hsiu-hsiung war nach dem Tod seiner Frau alleine und hat sich eine Aufgabe gesucht. Seit sechs Jahren nun zieht Herr Hsiu-Hsiung jeden Morgen seine Warnweste an – übrigens ein Geschenk vom Verkehrsministerium.

74 Jahre ist er nun alt. In der ersten Zeit als er alleine war, ist er morgens nur spazierengegangen. Und da ist ihm etwas aufgefallen: "Ich habe oft gesehen, dass neben den Verkehrsspiegeln abgebrannte Räucherstäbchen lagen. Da weiß man sofort, hier ist jemand tödlich verunglückt. Dann ist der Spiegel auch häufig verdreht und schmutzig. Ich dachte es wäre schön, wenn man das wieder sauber macht, es sorgt für mehr Sicherheit. Das freut mich und es tröstet."

Bereits 108.000 Spiegel geputzt

Der Spiegelputzer Hsiu-hsiung
Herr Hsiu-hsiung hat Spaß an seiner "Arbeit". | Bild: NDR

Dabei ist Herr Hsiu-hsiung selbst auch irgendwie ein Unfallopfer. Auf seinen morgendlichen Touren hat er bereits 108.000 Spiegel geputzt. Die hat er selbst gezählt. Und irgendwas passiert halt immer: Mal fällt er vom Motorrad, dann von der Leiter und Hunde haben ihn auch schon gebissen. "Einmal, als ich von der Leiter runterkam, bin ich in Porzellanscherben gefallen. Das hat ganz lange geblutet und wollte nicht aufhören. Dann hab ich einfach irgendwelche Baum und Kräuterblätter gekaut und auf die Wunde gelegt. Das hat geholfen", erzählt er.

Acht Monate braucht er für die Spiegel in und um Taipeh. Danach fängt er mit seinen Freunden einfach wieder von vorne an. Und deshalb hat Taiwan einen Spiegelputzer.

Autor: Nils Kicker, ARD-Studio Tokio

Stand: 01.08.2019 03:48 Uhr

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