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Zentralafrikanische Republik: Die Russen kommen

Zentralafrikanische Republik: Die Russen kommen | Bild: SWR

In wenigen Tagen trifft sich in Sotschi Russlands Präsident Putin mit zahlreichen afrikanischen Präsidenten. Immer deutlicher zeichnet sich ab, dass Moskaus geopolitische Ambitionen mittlerweile auch bis weit nach Afrika reichen. Eines der wichtigsten Länder ist dabei die bettelarme Zentralafrikanische Republik, ein Land, in dem seit Jahren ein Bürgerkrieg schwelt. Dort sind russisches Militär und Söldnertruppen im Einsatz, dort sind russische Investoren aktiv. Welche Ziele verfolgt Russland in dem afrikanischen Land?

Russische Söldner als Ausbilder

Auf zum Kindersportfest mit den neuen Freunden. Russische Fahnen, russische Farben. Wir sind in Bangui, Hauptstadt der Zentralafrikanischen Republik. Zwischendrin: Sicherheitsleute mit Sonnenbrillen, russisches Outfit für die Fans. Und Herzen, die für den großen Bruder schlagen: "Ich liebe Russland, weil die das alles hier organisiert haben!" Wir sind unterwegs in einem Land, das sich aufmacht, die neue Speerspitze Russlands in Afrika zu sein. Aber was wollen die Russen genau in einem der ärmsten Länder der Welt? Wozu das russische Militär in den Straßen? Und wozu der russische Sprachkurs im Radio? 

Russischer Ausbilder mit afrikanischen Soldaten
Vor allem russische Söldner arbeiten als Ausbilder | Bild: SWR

Wir suchen Antworten und fahren zur russischen Militär-Zentrale im ehemaligen Kaiserpalast, eine Fahrstunde vor der Stadt: Wochenlang haben wir uns um Zugang bemüht – vergeblich. Auch heute keine Auskunft. Abends im Hotel entdecken wir eine neue russische Reportage aus dem Militärcamp. Die Bilder sollen wohl signalisieren: Ohne Moskau kann die Zentralafrikanische Republik den verlorenen Frieden nicht sichern. Zu sehen sind militärische Ausbilder.

Am nächsten Tag treffen wir einen Soldaten, der hier geschult wurde. Er will anonym bleiben. Er erklärt uns: Die meisten Ausbilder kämen von einer privaten, russischen Sicherheitsfirma: "Das russische Personal ist gemischt: Da sind die Offiziere, die das ganze organisieren. Aber die eigentlichen Ausbilder der Armee Zentralafrikas, das sind russische Söldner. Das kann ich sagen: die eigentlichen Ausbilder in Berengo sind russische Söldner."

Auch das noch: Russische Waffen mit dem Segen der UN, gerade kam die zweite Lieferung. Die Verteidigungsministerin erklärt uns, warum ihr der neue Partner so wertvoll ist: "Auch die Russen leisten einen Beitrag bei der Kampfausbildung", erklärt Marie-Noelle Koyara. "Es ist gut, unsere Armee darin auszubilden. Aber diese Armee muss vor Ort eingesetzt werden. Und um sie wieder dort einsetzen zu können, fehlt ihnen die Ausrüstung."

Die Russen geben sich wortkarg

Wir reisen mit dem Welternährungsprogramm der UN weiter ins Landesinnere, nach Bria, fast 500 Kilometer entfernt von der Hauptstadt. Schon beim Anflug sehen wir Flüchtlingslager. Folgen des Krieges vor vier Jahren. Ruinen überall. Hier starben vor allem Christen, woanders waren es Muslime. Kirchen unter Militärschutz – ohne die UN ginge das Morden hier wohl weiter. Einen Friedensvertrag hat die russische Regierung vermittelt, doch der Hass unter den Milizen ist geblieben. Kaum jemand, der in einem Lager ist, kann in seine Heimat zurück. 

T-Shirt mit Aufdruck in den Farben Russlands
Russen sind beliebt in der Zentralafrikanischen Republik  | Bild: SWR

Sie hoffen auf mehr Sicherheit, ebenso wie der Präfekt der Region. Selbst unser Interview findet unter militärischem Schutz statt. Der Präfekt räumt uns gegenüber ein, dass russisches Militärpersonal in der Stadt ist – und wiegelt ab: "Die Russische Brigade ist aber nicht zur Verteidigung da, sondern es geht um Gesundheit", meint Thierry Evariste Binguinendji. "Also, sie sind da, kümmern sich aber um die Gesundheit." Etwa ein Hospital?

Wir wollen uns das Lager der Russen ansehen. Hinter dem Zaun: ein paar Militärlaster, klare Hinweise auf ein Krankenhaus haben wir nicht. Der Verantwortliche sagt uns, es handele sich um eine Militäranlage. Also: Kein russisches Hospital mit Öffnungszeiten? Und Patienten? Das Gespräch ist beendet. Auf dem Rückweg nach Bangui: Am Flughafen begegnen wir dem Sanktionsausschuss der UN, der schon im Januar darüber entscheiden muss, ob Russland weiter Waffen an das Land liefern darf. Wir fragen den russischen Botschaftsvertreter, ob er uns Moskaus Sicht schildern kann. Tags darauf können wir ihn treffen – ein Interview gibt es aber nicht.

Russland will in Afrika mit dabei sein

Zurück in der Hauptstadt. Auch die EU und die alte Kolonialmacht Frankreich zeigen Präsenz. Sie wollen ihren Platz nicht einfach den Russen überlassen, Eine Art Propagandakrieg, über den aber ungern gesprochen wird. Zum Engagement der EU zählt ebenfalls die Ausbildung von Sicherheitskräften in einer Kaserne der Landesarmee. Für die EU-Mission arbeiten etwa 200 Trainer, etwa so viele wie auf russischer Seite. Der Missionschef sieht das gelassen. Die EU bilde etwa auch für Verwaltung und Personalführung aus. Für alle gäbe genug zu tun: Amerikaner, Chinesen – und eben auch für die Russen: "Die Russen bieten etwas Zusätzliches an, wobei sie sich auf Kampf- und Schießausbildung beschränken. Es ist ergänzend und deshalb muss man sich wirklich abstimmen mit den internationalen Akteuren. Wenn die Russen, wie vorgesehen, eine Mission der Militärberater hier in Zentralafrika bilden, werden wir uns besser mit den Russen abstimmen können." Russland will dabei sein. Nicht nur militärisch.

Stadtansicht Bangui
Die Regierung in Bangui heißt die russische Hilfe willkommen  | Bild: SWR

Wir fahren dorthin, wo der Reichtum des Landes ist – und die Hoffnung mancher Investoren, auch russischer. Vor einem Jahr wurden drei russische Journalisten kaltblütig ermordet, auf so einer Nachtfahrt zu einer Diamanten-Mine. Sie wollten wie wir auch recherchieren, was genau Russland in diesem Land wirklich will. Um solche Minen geht es. Lobaye heißt die Region – und so heißt auch eine kreml-nahe russische Minengesellschaft, die viele Schürfrechte von der Regierung in Bangui erhalten hat. Die Opposition glaubt: Den Russen geht es dabei nicht nur ums Geld: "Die Russen wollen unsere Diplomatie ändern, unsere Politik", erklärt der Oppositionspolitiker Shabbaz Fari Taheruka. Die Chinesen wollen das nicht. Sie wollen uns nur ausbeuten. Das ist der große Unterschied zwischen den beiden Ländern."  Ein paar Diamanten für die Unkosten, die die Nothilfe für die neuen Freunde kostet. Die großen Linien der Politik hat Moskau privatwirtschaftlich organisiert, Söldner, Berater, Unternehmer. Russland ist zurück auf der Bühne Afrikas – und will eine Hauptrolle spielen. Am besten unerkannt.

Autor: Norbert Hahn (ARD-Studio Nairobi)

Stand: 21.10.2019 10:50 Uhr

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