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Singapur, Israel, Schweden: Kampf gegen Corona

Singapur, Israel, Schweden: Kampf gegen Corona | Bild: WDR

Singapur

Hier in Singapur ist die Impfquote mit 85 Prozent sehr hoch. Eine offizielle Impfplicht will die Regierung derzeit nicht. Doch der Druck wächst. Von Monat zu Monat wird es kostspieliger, ungeimpft zu bleiben.

Zum Klavier spielen hat sie derzeit besonders viel Zeit. Denn Iris Koh gehört zu den rund fünf Prozent der Bevölkerung, die sich nicht impfen lassen wollen. Dafür lebt sie mit Einschränkungen: Ob Restaurant oder Shopping-Mall, fast überall muss sie einen Covid-Test vorweisen. Und der ist kostenpflichtig. "Wenn man das jeden Tag macht, kommen schnell umgerechnet bis zu 500 Euro im Monat zusammen. Das geht wirklich ins Geld. Das empfinde ich nicht als fair", sagt sie.

Singapur: In Singapur sollen sich Ungeimpfte an den Krankenhauskosten beteiligen
Singapur: In Singapur sollen sich Ungeimpfte an den Krankenhauskosten beteiligen | Bild: WDR

Ab 8. Dezember sollen Ungeimpfte nun auch noch einen Teil der Behandlungskosten im Krankheitsfall selbst zahlen. Das ist in Singapur auch bei anderen Krankheiten üblich und sorgt deshalb kaum für Empörung. Eng Eong Ooi, einer der Top-Virologen des Landes, würde sogar noch weiter gehen. Aus wissenschaftlicher Sicht plädiert er für eine allgemeine Impfplicht, insbesondere für Ältere: "Also entweder eine Impfpflicht, denn sonst kommen wir nie aus der Krise heraus, oder man begrenzt jegliche Art von Restriktionen nur noch auf die Ungeimpften und gibt den anderen einfach wieder ihr normales Leben zurück."

Doch die Intensivstation sind hoch ausgelastet, überproportional durch Ungeimpfte. Daher hat Singapur noch strenge Kontaktbeschränkungen und zwar selbst für Geimpfte. Nur Zweiergruppen sind erlaubt. Das aber soll ein Ende haben und deshalb wird für Ungeimpfte alles noch strenger.

Ab Januar darf der Unternehmer Devadas Krishnadas von seinen Angestellten verlangen, dass sie gegen Covid geimpft sind. Seiner Ansicht nach haben Geimpfte in Singapur schon viel zu lange auf Freiheiten verzichten müssen: "Die Regierung macht jetzt sehr deutlich, dass sie nicht länger gewillt ist zu tolerieren, dass eine kleine Gruppe von Ungeimpften dem Rest des Landes große Lasten aufbürdet."

Wer ungeimpft und älter als 12 Jahre alt ist, für den wird der Alltag in Singapur immer mehr zum Hürdenlauf.

Israel

"Israel scheint in Bezug auf Corona jeweils einen Schritt voraus. Anfang des Jahres galt das Land als 'Impfweltmeister'. Es führte den 'Grünen Pass' ein. Erklärte im Frühsommer die Pandemie für beendet. Um kurz danach ernüchtert festzustellen, dass die Impfwirkung nach etwa einem halben Jahr stark nachlässt. Deshalb begann man bereits Anfang August konsequent mit den Booster-Impfungen. Mittlerweile sind die Impfzentren – wie das hier mitten in Tel Aviv – fast menschenleer. Denn es haben längst alle über 12-Jährigen ein Impfangebot erhalten", sagt Korrespondentin, Susanne Glass.

Für die israelischen Epidemiologen wie Prof. Nadav Davidovitch war diese Dritt-Impfung ein voller Erfolg. Lag die Zahl der Neuinfektionen Anfang September pro Tag noch bei elftausend bei 9,4 Millionen Einwohnern, ist sie jetzt auf unter 500 gesunken: "Wir haben allgemein einen starken Rückgang bei Neuinfektionen festgestellt, bei schweren Verläufen, Krankenhausaufenthalten, Todesfällen – und zwar bei allen Altersgruppen. Die israelischen Daten sollten weltweit berücksichtigt werden. Sie zeigen: Alle Altersgruppen benötigen eine dritte Impfung, wenn die zweite mehr als sechs Monate zurückliegt."

Wie schon die Erst- und Zweit-Impfungen wurden die Booster effizient und rasch organisiert. Es gibt ausreichend Impfstoff, die landesweite Kampagne wird zentral von den vier Krankenkassen getragen. Alle Abläufe sind längst voll digitalisiert. Die Impfung ist zwar freiwillig. Doch es besteht ein großer Druck auf die Bevölkerung. Ohne den Grünen Pass geht so gut wie nichts mehr. Für weite Teile des öffentlichen Lebens und die meisten Berufsgruppen gilt eine strikte 3G-Regelung. Und Corona-Tests sind teuer.

Es gibt auch in Israel Impfverweigerer. Ihr Anteil bei den Erwachsenen liegt nach offiziellen Angaben bei unter 10 Prozent. Für die kommende Woche hat Israel den nächsten Schritt im Kampf gegen die Pandemie angekündigt. Dann sollen sich auch Kinder zwischen fünf und elf Jahren impfen lassen können.

Schweden

"Schweden musste sich für seine Corona Strategie oft viel Kritik gefallen lassen. Es gibt hier weder eine Mundschutz- noch eine Testpflicht. Und wenn ich von 2 oder 3G in Deutschland erzähle, werde ich mit großen Augen angeschaut. Und trotzdem ist die Lage im Land relativ stabil. Die Rush-Hour in Stockholm. Dieses Bild hat sich während der gesamten Pandemie eigentlich kaum verändert. Trotz vieler Menschen trägt hier kaum jemand eine Maske. Müssen sie auch nicht. Denn Schwedens Weg setzte immer viel auf Freiwilligkeit. Die wenigen Auflagen zum Beispiel, nach Möglichkeit im Homeoffice zu arbeiten, wurden im Herbst ganz aufgehoben", sagt Korrespondent, Christian Blenker.

Schweden: In Schweden gibt es kaum Impfskeptiker
Schweden: In Schweden gibt es kaum Impfskeptiker | Bild: WDR

Die Lage hat sich deutlich entspannt. Auch auf den Intensivstationen wir hier im Karolinska Krankenhaus. In ganz Schweden müssen derzeit gerade einmal 32 Menschen intensivmedizinisch betreut werden. "Seitdem die Restriktionen Ende September aufgehoben wurden, hatten wir eine relative kontante Ansteckungsrate. Aber wir bereiten uns bestmöglichst vor für den Fall, dass sich die Situation verschlechtert. Vieles deutet darauf hin, dass auch in Schweden die Ansteckungen zunehmen", erzählt Intensivmediziner, David Konrad.

Wenn die schwedische Gesundheitsbehörde etwas empfiehlt, folgen die Menschen in der Regel. Zum Beispiel beim Impfen. Wie hier in Stockholm nutzen viele auch solche mobile Impfangebote. Fast 82 Prozent der über 16-Jährigen haben bereits zwei Spritzen bekommen. Impfskepsis gibt es in Schweden kaum. Dennoch beobachtet die Gesundheitsbehörde mit Sorge die Lage in den Nachbarländern. Deren Chef Anders Tegnell hat zu Beginn der Krise die Lage durchaus mal etwas lockerer eingeschätzt als seine internationalen Kollegen. Jetzt beurteilt er die Lage vorsichtiger: "Schweden ist später dran. Das war im vergangenen Herbst genauso. Dieses Jahr ist die Verschiebung der Welle noch deutlicher. Wir drücken die Daumen, dass wir davonkommen und es keinen dramatischen Anstieg gibt. Aber wir sind vorbereitet."

Einen ersten Schritt haben die Behörden bereits veranlasst: Kommen viele Menschen bei einer großen Veranstaltung zusammen, geht das ab Dezember nur noch mit Impfnachweis. Wer nicht geschützt ist, soll dann in Schweden draußen bleiben.

Autor:innen: Sandra Ratzow, Susanne Glass, Christian Blenker

Stand: 22.11.2021 18:29 Uhr

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