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Thailand: Im Land der Rothemden

Thailand: Im Land der Rothemden | Bild: Das Erste

Topfeben bis zum Horizont: Die Reisfelder ausgedörrt in der Trockenzeit. Dies ist nicht das Bilderbuch-Thailand der Reiseprospekte.

Ein Poster von Thaksin Shinawatra am Eingang des Dorfes Ban Muang, rund 500 Kilometer nordwestlich von Bangkok. Vor acht Jahren wurde der Ex-Regierungschef vom Militär gestürzt, aber die Reisbauern hier halten ihm dieTreue. Thaksin's Schwester Yingluck regiert zur Zeit in Thailand. Das Dorf wird sie wieder wählen.

O-TON

»Ban Muang ist ein "Rotes Dorf", eingeschworen auf Thaksin und dessen Clan, der bei Bangkoks Eliten und dem Mittelstand so verhasst ist. Hier rekrutieren sich die "Rothemden". Sie haben die derzeitige Regierung gewählt. Und sie wollen sie verteidigen.«

„Werdet ihr kämpfen?“, ruft der Einpeitscher: Ja !

Einmal pro Woche trifft sich das Dorf zum Polit-Treffen.

O-TON

»Die Gelben wollen uns am Wählen hindern, sagt er. Sie sollen mal herkommen, wenn sie sich trauen...«

O-TON

»Die Mehrheit der Menschen im NordostenThailands sehen in Thaksin ihren Wohltäter.«

Er organisierte nahezu kostenlose Gesundheitsversorgung, bessere Strassen, mehr Einkommen. So brachte er den bevölkerungsreichen Issaan auf seine Seite.

SUPAPORN MANGSAUDOM, Reisbäuerin, 54 :

»Nein, Thaksin war nicht korrupt, sagt die Baeuerin Supaporn Mangsa Udom. Er half uns, ein besseres Leben zu haben. Darum wollen sie ihn oder seine Schwester immer wieder wählen. Für unser Wahlrecht werden wir kämpfen.«

O-TON:

»Thaksin hat den Issaan "gekauft", sagen seine Kritiker. Aber er hat - gewollt oder nicht - den Bauern hier ein politisches Bewusstsein gebracht. Lange nur Stimmvieh wissen sie heute, was ihre Wählerstimme wert ist.«

Reisbäuerin
Reisbäuerin

BUNDIT CHANTARASEMA, Reisbauer, 72 :

»Neunzig Prozent aller Dörfer hier sind "Rot". Wenn wir zum Demonstrieren nach Bangkok müssen, bezahlt uns niemand dafür. Ich würden sogar mein Auto dafür verkaufen.«

Die Provinzhauptstadt Udon Thani gilt als heimliches Zentrum des Nordostens. Vierhunderttausend Einwohner und durchaus nicht arm. Im Vergleich zu Bangkok ist der Issaan noch unterentwickelt. Aber die Zeiten der schlimmsten rmut sind vorbei. Junge Leute beten an der Statue eines königlichen Prinzen der amtierenden Dynastie. Königstreu sind die Menschen auch hier.

Auffällig die vielen gemischten Paare: In der Provinz leben 50.000 Männer aus dem Westen mit ihren Thai-Frauen. Auch das bringt Kapital in die Region. Viele Isaan-Bewohner arbeiten im Ausland und schicken Geld nach hause.

Thaksin überall: An der Radiostation der Rothemden.

Disc-Jockey Saiyon Sittiupay beantwortet Hörerfragen: Ja, sagt er ihnen, Ihr dürft euer Wahlrecht verteidigen.

SAIYON SITTIUPAY, Disc Jocker, 48 :

»Thaksin, sagt er uns, offenbar schon heiser, ist ein idealer Demokrat. Unser Führer, der an uns denkt.«

O-TON:

»Die Radiostation der Rothemden wird betrieben von einem Intimfreund von Thaksin. Neben dem buddhistischen Altar prangen Poster von Kwanchai Praipana, einem der Fuehrer der Roten Bewegung. Seine Anhänger portraitierten ihn als Rambo.«

An seinem Privathaus nebenan zeigt uns Kwanchais Tochter die Einschusslöcher eines Überfalls auf ihren Vater. Das Attentat machte rund um die Welt Schlagzeilen, als Anzeichen für eine Verschärfung des Konflikts zwischen den politischen Kontrahenten in Thailand.

THAN TANINTANATHON:

»Von der Strasse dahinten haben sie geschossen, mit Kalaschnikoffs. 42 Kugeln. Vater konnte noch so eben ins Haus kriechen.«

O-TON:

»In diesem Hospital in Udon Thani kuriert der Angeschossene seine Wunden. Vor der Suite Polizei und Blumengeschenke.«

Kwanchai hatte mehr Glück als einer seiner Gegner. Ein Führer der Gelbhemden starb in Bangkok im Kugelhagel. Dolmetscherin Pattama übersetzt:

O-TON:

»Ich habe die meisten Anhaenger, kann sie jederzeit mobilisieren, sagt er. Neben Thaksin bin ich der wichtigste Mann hier. Man hatte mich vor Anschlägen gewarnt, ich war unvorsichtig.«

Ein erstaunlich entwickeltes Ego kennzeichnet die Führer beider Seiten im Konflikt in Thailand. Frage: Was passiert, wenn die jetzige Regierung, die den Roten nahesteht, gestürzt wird ?

O-TON:

»Dann führt Udon Thani die Revolution, sagt er, und er bekräftigt, was man in Thailand des öfteren hört: Die Roten könnten notfalls das Land teilen, den Norden und Nordosten für sich abtrennen. Udon, sagt er, wird dann das Zentrum der Demokratie.«

Gruppe von Menschen bei einer Demo
Polittreffen im Dorf

In Ban Muang, dem Dorf der Mangofrüchte, hält man sich vorerst an schlichtere Ziele: Die in Bangkok demonstrierenden Regierungsgegner halten die Bewohner des Nordostens fuer zu unreif fuer freie Wahlen. Halten sie für von Thaksin "gekauft". Das ist doch nicht wahr, sagt Familie Mangasa Udom.

CHAREONCHAI MANGSAUDON, 57, Reisbauer:

»Die Leute von Bangkok blicken auf uns herab, halten uns fuer ungebildet. Dabei haben viele unserer Kinder studiert, sagt er. Es ist nicht mehr so wie früher.«

Nicht weit von Ban Muang: Eine der eher wenigen Tempelattraktionen der Region: Am Wat Khamchanot kann man große Gongs mit den Haenden zum Schwingen bringen. Wenn es klappt, so der Glaube, gehen Wünsche in Erfüllung.

Reisbauer Chareonchai und seine Freunde wollen dem Fernsehteam unbedingt den Tempel zeigen. In einem etwas unheimlichen Palmenhain.

Die Roten Thailands sind nicht "rot" im westlichen Sinn; eher fromme Buddhisten und abergläubisch. Bauer Chareonchai versuchts. Vergeblich. Seine Wünsche werden möglicherweise unerfüllt bleiben.

Ein kleiner Junge dagegen schaffts mit Leichtigkeit. Um den tiefen Riss durch Thailands Gesellschaft zu schliessen, Stadt und Land zu versöhnen, braucht es allerdings mehr als ein kleines Wunder.

Autor: Robert Hetkämper, ARD Studio Singapur

Stand: 02.02.2014 20:49 Uhr

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Produktion

Westdeutscher Rundfunk
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