Mo., 02.11.15 | 04:50 Uhr
Das Erste
Schnappschuss USA: Was ist eine Slug Line?
Im Prinzip könnte man es Pendeln per Anhalter nennen, nur organisierter und wesentlich effizienter als einfach nur "Daumen raus". Doch wie genau funktioniert das eigentlich, das "Sluggen!?
Jeden Morgen fährt Stephen Elias zu einem bestimmten Parkplatz ganz in seiner Nähe und reiht sich ein in die Schlange der Pendler, die auf eine Mitfahrgelegenheit Richtung Innenstadt warten: "Morgens muss ich nie länger als 20 Minuten warten, bis mich ein Auto mitnimmt. Abends wieder heim dauert's oft länger, bis zu einer Stunde."
"Pentagon!"
An diesem Morgen geht es recht zügig. Ein Autofahrer nach dem anderen rollt heran und füllt die leeren Sitze mit Pendlern auf. Der erste in der Reihe ruft wo's hingeht, dann wird entsprechend nachgerückt.
Die Pendler haben gute Erfahrungen gemacht: "Zuerst war es seltsam, bei irgendwelchen Fremden ins Auto zu steigen. Aber, es ist sehr praktisch." "Unsere öffentlichen Verkehrsmittel sind ja nicht so gut." "Wie lange pendeln Sie schon so?" "18 Jahre – und bin noch immer mitgekommen."
Auch Stephen kommt seit sechs Jahren so zu seinem Job im Pentagon.
High-occupancy vehicle lane
Insgesamt 25 solcher Sammelstellen gibt es in den Vororten Washingtons – offen für jedermann. Entscheidend für den Erfolg des unbürokratischen Systems: die sogenannten HOV-Lanes. Spezielle Express-Spuren, auf denen nur Autos mit mindestens zwei Insassen fahren dürfen.
Autofahrerin Faith Quiroga sieht die Vorteile: "Von wo ich wohne bräuchte ich sonst bis zu zweieinhalb Stunden bis nach D.C. rein. Aber indem ich einfach ein paar Leute mitnehme, brauche ich nur 45 Minuten bis maximal eine Stunde."
Und für die Mitfahrer ist es eine kostenlose Fahrt, die meistens glatt verläuft. Stephen Elias hatte nur zwei Mal etwas Angst: "Einmal hatte ich aber einen Fahrer, der mit den Knien lenkte und dabei ständig SMSen schrieb – das war ziemlich beängstigend. Und dann war mal einer so müde, der schlief ständig ein. Ich musste mehrfach ins Lenkrad greifen."
Der Begriff Slug-Lines kommt übrigens daher, dass früher gefälschte Busfahrkarten umgangssprachlich Slugs genannt wurden.
Und am Ende des Arbeitstages, geht es für geschätzt mehr als 10.000 Slugger auf genau die gleiche Art und Weise zurück nach Hause.
Autor: Ingo Zamperoni, ARD Washington, D. C.
Stand: 09.07.2019 23:55 Uhr
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