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USA/China: Der Krieg um Computer-Chips

USA/China: Der Krieg um Computer-Chips | Bild: IMAGO / VCG

Mehr als eine Billion (1.000.000.000.000) wurden im Jahr 2021 produziert, Computer-Chips sind das Herzstück aller elektronischen Produkte – weltweit. Erfunden in den USA vor 50 Jahren. Heute aber werden über 70 % der Computer-Chips in Taiwan, Japan, Süd-Korea oder in China produziert. Spätestens als die Lieferketten während der Corona-Pandemie rissen, wurde der Welt klar, wie groß die Abhängigkeit von Fernost ist. Denn 2-4 Millionen Autos konnten nicht gebaut werden, weil die Chips ausblieben. Außerdem spitzt sich geo- und wirtschaftspolitisch die Lage immer mehr zu. China will die wirtschaftliche Vorherrschaft, genau wie die USA. Die Folge: Ein Wirtschaftskrieg um den Computer-Chip. Beide Länder pumpen Milliarden-Beträge in den Aufbau einer eigenen Chip-Produktion, das Ziel: Unabhängigkeit.

USA: Abhängigkeit von asiatischen Chip-Herstellern

Kräne auf Baustelle für Chipfabrik
Die USA wollen die Chip-Produktion im eigenen Land ausbauen  | Bild: SWR

Weite, Wüste und Kakteen. Der Krieg um Computer-Chips – er wird nicht auf offener Bühne geführt, sondern eher versteckt, im amerikanischen Hinterland. "Wir stehen hier in der sogenannten Silikon Desert – der Wüstenregion in Arizona, in der künftig Amerikas Hightech-Chip-Industrie aufblühen und tausende Arbeitsplätze schaffen soll", so Gudrun Engel ARD-Korrespondentin in Washington. Zum Beispiel in Chandler. Der Tech-Riese Intel baut hier zwei große, neue Produktionsanlagen für 20 Milliarden US-Dollar. Kurz "Fabs" genannt – von "Fabrication". Gerade ist es die größte Baustelle in den Vereinigten Staaten. Schon in zwei Jahren werden hier – nach Jahrzehnten der Produktion in Asien – wieder Millionen Chips "Made in USA" gefertigt.

So soll die aktuelle Abhängigkeit der USA von asiatischen Lieferketten beendet werden, freut sich Intel-Manager Todd Brady: "Für unsere nationale Unabhängigkeit ist es entscheidend, wieder in die Produktion in den USA zu investieren. Es ist wichtig, um Chips herstellen zu können! Die brauchen wir in allen Lebensbereichen: von Konsumgütern bis hin zur Landesverteidigung." Vor mehr als 50 Jahren haben die USA den Chip erfunden, aber dann die kostspielige Produktion nach Asien verlagert – wo es bis zu 30 Prozent günstiger ist, Computer-Chips herzustellen. Damit haben sich die Vereinigten Staaten komplett abhängig gemacht. Und kämpfen sich jetzt zurück. Mit massiver politischer und finanzieller Unterstützung:

US-Präsident Biden bei Ansprache
Mit dem Chips-Act werden 280 Milliarden US-Dollar investiert | Bild: SWR

Anfang August hat US-Präsident Biden das sogenannte Chips-Act unterzeichnet. 280 Milliarden US-Dollar – die größte Investition in Industriepolitik in den vergangenen 50 Jahren. Es gehe darum, Chinas wachsende Dominanz zu durchbrechen. "Wir haben die beste Ausgangsposition, um den Wirtschafts-Wettbewerb des 21. Jahrhunderts zu gewinnen." Denn Chips stecken in allem: in Konsumgütern und in Hochpräzisionswaffen. Deshalb darf China aus amerikanischer Sicht auf diesem Markt nicht die Vormachtstellung einnehmen. Trotz aller Bemühungen dort….

China: Investitionen in die Chip-Industrie

"Diese Baustelle hinter mir, ist das Gegenstück zu Intel in der Silicon Desert. Es ist Chinas Antwort auf Amerikas Bestrebungen, sich mit ihrer Chipindustrie unabhängig zu machen", so Tamara Anthony, ARD-Korrespondentin in Peking. Vor allem Geld wurde in die Branche gepumpt. 1,4 Billionen Dollar im aktuellen Fünf-Jahresplan. Weit mehr Subventionen als in den USA. Hier baut SMIC eine neue Produktion aus. Es ist die wichtigste chinesische Chip-Firma. "Wie an fast jeder Baustelle in China ist am Rand so ein großes, rotes Banner, oder mindestens eins, mit einem Spruch der Partei. In diesem Fall ist es sogar ein Spruch vom Staatsführer Xi Jinping, der besagt: 'Arbeite Tag und Nacht, vergeude nicht diese Zeit, wirke hin zu einer neuen, großartigen Ära'. Und nach den Worten von Xi Jinping ist die 'Neue Ära' gleichzusetzen mit China als neuer Supermacht."

Xi Jinping bei Besuch in Tech-Firma
Xi Jinping hat ehrgeizige Ziele im technologischen Bereich  | Bild: SWR

Bis 2030 will Chinas autokratischer Staatsführer Xi Jinping in einigen technischen Bereichen, wie der Künstliche Intelligenz, bereits Weltspitze sein. Das sieht sein Zehn-Jahresplan "Made in China 2025” vor. Doch der Plan diskriminiert ausländische Investitionen und basiert auf erzwungenen Technologietransfers. Eine Abkehr vom freien Markt. "China hat die Spielregeln verändert", sagt Janka Oertel vom European Council on Foreign Relations. "Es geht hier vor allen Dingen von der chinesischen Regierung darum, dass politische Ziele über wirtschaftliche Ziele gestellt werden. Dass die Welt abhängiger gemacht werden soll, von China, aber China eben unabhängiger von der Welt."

US-Sanktionen treffen die chinesischen Chip-Hersteller

Chinas Ambitionen bei den Mikrochips: ein Grund für den Wirtschaftskrieg, der unter Trump begann. Die USA sanktionieren die chinesische Chip-Industrie. Mit großen Auswirkungen. Ohne Unterstützung der USA kann Huawei beispielsweise nicht die kleinen Chips für ihre Handys produzieren. Von Platz 1 der weltweit meistverkauften Mobiltelefone rauschen sie auf Platz 6.
Der ganzen Industrie fehlen nun Komponenten, vor allem Software und Maschinen, für die Herstellung von Hightech-Chips. Ist China damit endgültig aus dem Rennen? "Man muss vorsichtig sein, darin zu sagen, dass die Entscheidung schon gefallen ist, dass man sagen kann, ja, da ist man gescheitert", so Janka Oertel vom European Council on Foreign Relations.

Ausgestellte Smartphones in Geschäft
US-Sanktionen machen den chinesischen Smartphone-Herstellern zu schaffen | Bild: SWR

Keines der Chip-Unternehmen in China will ausländischen Medien ein Interview geben. China schottet sich zunehmend ab. Die Sanktionen der USA hätten für China aber auch einen positiven Nebeneffekt, meint der vietnamesische Chip-Experte aus Shanghai. "China setzt jetzt alle seine Kraft in die Entwicklung von heimischen Chip-Design und heimischer Speicherherstellung", erklärt Hoang Nguyen von Daxue Consulting. "Dieses Wissen führt zu einem Dominoeffekt mit Auswirkungen auf den 5G- bzw. 6G-Ausbau und Elektroautos." Bereits jetzt ist China in diesen Bereichen weltweit ganz vorne. Bei den allerkleinsten, modernsten Chips aber, die beispielsweise in neuen Handys und auch in High-Tech-Waffen gebraucht werden, ist China wegen der Sanktionen ausgebremst.

USA: Vorbereitungen für den Wirtschaftskrieg mit China

"Die Vereinigten Staaten haben verstanden: Sie müssen handeln und sie tun das jetzt auch", sagt Gudrun Engel, ARD-Korrespondentin in Washington. "Die Welt ist quasi von Chips abhängig. Im Kampf der Systeme mit China geht es den Vereinigten Staaten vor allem um ihre Souveränität – wirtschaftlich und in nationalen Sicherheitsfragen." Um diese Technologie-Offensive meistern zu können, entstehen allein in Arizona 7.000 neue Jobs. Um die besetzen zu können, bieten drei regionale Fachhochschulen Crash-Kurse an. Titel: "Halbleiter-Techniker – Grundlagenwissen in 10 Tagen".

Menschen in Schutzanzügen
Die USA setzen auf Weiterbildung in Sachen Halbleiter-Technik | Bild: SWR

Möglichst praxisnah sollen die Kurse sein – das bedeutet auch: Sich an das stundenlange Arbeiten in mehrlagiger Schutzkleidung zu gewöhnen: Da ein fast unsichtbares Staubkorn eine gesamte Produktion ruinieren kann, sind die Fabs sauberer und steriler als Krankenhäuser. "Eure Aufgabe als Techniker ist es dann, diese multi-millionen Dollar teuren Anlagen und Maschinen, die man für die Halbleiter-Herstellung braucht zu warten und zu reparieren", sagt Kursleiter Russell Dondero. "Dafür seid ihr verantwortlich!" Hightech trifft auf Handwerk. Wer den Kurs zehn Tage durchhält und die Abschluss-Prüfung besteht, bekommt ein Vorstellungsgespräch bei Intel garantiert. Eine Art Grundausbildung für die Tech-Soldaten der Zukunft im Wirtschaftskrieg um die Vormachtstellung in der globalen Chip-Produktion.

Autorinnen: Gudrun Engel, ARD-Studio Washington und Tamara Anthony, ARD-Studio Peking

Stand: 02.10.2022 21:51 Uhr

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