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Ukraine: Die Korruptionsbekämpferin

Ukraine: Die Korruptionsbekämpferin | Bild: WDR

Sie hat einst hier auf dem Majdan gegen Korruption demonstriert. Julia Maruschewska, 34 Jahre alt. Heute ist sie eine junge Reformerin. Angetreten, die verkrusteten Strukturen im ukrainischen Verteidigungsministerium aufzubrechen. "Der Kriegszustand ist die beste Zeit für Reformen. Das liegt daran, dass wir nichts zu verlieren haben. Es geht nicht darum, nach dem Krieg zu reformieren. Nein, wir müssen uns reformieren, um diesen Krieg zu gewinnen", sagt die Ukrainerin.

Sie könnten im Krieg einen Unterschied machen: selbst produzierte Drohnen. Davon ist die junge Reformerin überzeugt. Gebaut werden sie dezentral in Werkstätten, die über das ganze Land verteilt sind, damit sie nicht zur Zielscheibe russischer Angriffe werden. Der ukrainische Präsident hat im ukrainischen Militär eigens Drohnen-Streitkräfte gegründet. Kurze Wege – schnelle Entscheidungen. Darauf komme es jetzt an, so Maruschewska: "Sobald die Hersteller etwas produzieren, geht es an die Front und sie erhalten sofort Feedback, ob das Produkt, das sie herstellen, effizient ist, ob es wirklich so funktioniert, wie sie es geplant haben. Jetzt ist die Ukraine also ein perfekter Ort, um Dinge für die Verteidigungsindustrie herzustellen, weil man es im Grunde sofort testen und sofort Feedback erhalten kann."

Und auch wenn die Ukraine zukünftig mehr Waffen eigenständig herstellen will, werden in den kommenden Jahren Milliarden internationaler Gelder durch das Verteidigungsministerium fließen. Maruschewska soll daher für Transparenz und mehr Effizienz sorgen, damit zukünftig keine Gelder mehr versickern: "Es hat sich herausgestellt, dass der Verteidigungssektor noch weniger reformiert war als die Bereiche, in denen ich vorher gearbeitet habe."

Die 34-Jährige soll Reformen in einem Ministerium umsetzen, das immer wieder Schlagzeilen mit Fällen von Korruption macht. Aktuell wird gegen fünf höhere Beamte ermittelt. Sie sollen beim Kauf von Artilleriemunition Millionen Summen veruntreut haben. Bei der Aufklärung hat das Verteidigungsministerium mit dem ukrainische Geheimdienst zusammengearbeitet. 

Maruschewska sieht das als Erfolg. Mit ihrem jungen Team und öffentlichen Ausschreibungen will sie zukünftig Geld bei der Beschaffung von Militärgerät einsparen. Doch kommt sie gegen die alten Seilschaften an? "Ich habe die Unterstützung von der höchsten politischen Ebene, vom Präsidenten, vom Minister, vom Parlament, von der Regierung. Auf allen Ebenen gibt es Unterstützung für Veränderungen", erklärt die Reformerin.

Eine Reformerin der ersten Stunde

Ukraine: Die 34-jährige Reformerin kämpft gegen Korruption im Verteidigungsministerium.
Ukraine: Die 34-jährige Reformerin kämpft gegen Korruption im Verteidigungsministerium. | Bild: WDR

Und diese Veränderungen haben damals begonnen. Auf dem Majdan. Ohne die Proteste gegen das korrupte Regime von Präsident Janukowitsch wären die Reformen heute nicht möglich. Die damals 24-jährige Maruschewska wird zu einem der Gesichter auf dem Maidan. Bei eisigen Termperaturen nimmt sie diese Video auf: "Ich bin Ukrainerin, geboren Kyiv. Ich möchte, dass Sie wissen, warum Tausende Menschen aus dem ganzen Land hier in Kyiv auf die Straße gegangen sind. Wir wollen frei sein von einer Diktatur, von Politikern, die nur für sich selbst arbeiten."

Ihr Video erreicht über neun Millionen Menschen. Die Botschaft: Der Kampf der Ukrainerinnen und Ukrainer ist selbstbestimmt. Anders als von Russland behauptet, das den Menschen in der Ukraine schon damals den eigenen Willen abspricht. Dabei war es die ukrainische Zivilgesellschaft, die Reformen fordert, erinnert sich Maruschewska. Ihre eigene Mutter, hier links im Bild, begleitet sie, kümmert sich um die Verwundeten auf dem Majdan. "Meine Mutter ist Ärztin und hat damals tagsüber in ihrer Praxis gearbeitet und kam dann abends auf den Majdan. Blieb manchmal auch nachts. Sie ist unglaublich stark und zeigt, dass hier nicht nur junge Leute waren. Es war der Wille einer ganzen Gesellschaft", erzählt Julia Maruschewska.

Eine starke Zivilgesellschaft wird damals zum Motor eines schwachen Staates. Dieser Gesellschaftsvertrag, der damals entsteht, gilt bis heute. "Die Erfahrungen auf dem Maidan, die Schlachten, der Kampfgeist, die Einheit – sie sind das Fundament unserer Stärke im Krieg gegen Russland. Auf dem Maidan ist das Vertrauen entstanden und auch das Bewusstsein, dass wir uns am Ende selbst verteidigen", sagt die Reformerin. Dieser Kampfeswille treibt viele Menschen im Land bis heute an. Doch wird das reichen? "Die Russen werden nicht aufhören. Sie entwickeln ihre Militärproduktion. Und ziehen immer mehr Leute ein, stärken ihre Verteidigungsindustrie, so als wollten sie nicht nur gegen die Ukraine kämpfen. So wie sie wachsen, scheinen sie große Pläne zu haben."

Und deshalb will Julia Maruschewska ihre Pläne so schnell wie möglich vorantreiben.

Autorin: Birgit Virnich / ARD Kiew

Stand: 18.02.2024 20:45 Uhr

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