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Türkei: Kinderarbeit geduldet

Türkei: Kinderarbeit geduldet | Bild: BR

Die Sonne sticht vom Himmel. In der Provinz Sanliurfa im Südosten der Türkei sind es auch jetzt im Herbst an vielen Tagen 32 Grad im Schatten. Die zehnjährige Sevilai pflückt dennoch unermüdlich Baumwolle. Während andernorts Gleichaltrige spielen oder lernen, müssen Sevilai und ihre Geschwister mit den Eltern und anderen Verwandten auf dem Feld stehen. Die Fragen nach der fehlenden Zeit zum Spielen machen Sevilai traurig.

Mehmet ist zwölf Jahre alt. Traktor fährt er seit er zehn ist. Dieser Teil der Arbeit mache ihm Spaß, sagt er. Das Baumwollpflücken sei hingegen schwer. Bis zu zwei Monate steht er jedes Jahr auf dem Feld. Solange dauert die Ernte. Die Schule fällt währenddessen für ihn und die anderen Kinder aus. Dennoch hat Mehmet Träume von einer besseren Zukunft. Er will Polizist werden.

Familie in Akkordarbeit auf dem Feld

Auch Sevilays Mutter arbeitet auf dem Feld neben den Kindern. Sie sei eigentlich dagegen, dass ihre Töchter Baumwolle pflücken, erzählt sie uns.

Die auf den Feldern arbeitenden Familien kommen aus Dörfern, die bis zu 50 Kilometer entfernt liegen. Während der Erntezeit wohnen sie in Zelten neben den Feldern.

Kinderarbeit ist in der Türkei verboten. Dennoch müssen im Herbst Zehntausende mitanpacken, damit die Familien im Winter genug Geld haben, um durchzukommen. Eine Sozialhilfe, wie in Deutschland, gibt es nicht. Das Land gehört dem Großgrundbesitzer Ramzan Ökten. Er weiß natürlich, dass Kinder eigentlich nicht arbeiten dürfen.

Die Familien werden pro Kilo Baumwolle bezahlt. Für ein Kilo bekommen sie etwa acht Cent. Sevilay pflückt vielleicht 20 Kilo am Tag. Das wären dann 1 Euro 60.

Nursel ist Sevilays 12-jährige Schwester. Nach dem Baumwollpflücken hilft sie beim Wäschewaschen. Auch sie arbeitet den ganzen Tag. Die beruflichen Perspektiven ihrer Kinder seien schlecht, sagt Nursels Mutter.

Ein langer Tag auf den Baumwollfeldern geht zu Ende. Die Geschwister Sevilai und Nursel sitzen für kurze Zeit am Feuer. Möglicherweise macht sich Nursel ein paar Gedanken über ihr Schicksal bevor sie von einer besseren Zukunft nur träumen kann.

Autor: Oliver Mayer-Rüth, ARD Istanbul

Stand: 25.10.2020 20:19 Uhr

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